Österreich: Zustimmungswerte für erneuerbare Energieprojekte, Klimaschutz und E-Autos sinken
Inflation und Teuerung sind vielen Menschen im Land zumindest derzeit wichtiger als der Klimaschutz. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie von der WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie. Demnach sei die Unterstützung für erneuerbare Energieprojekte „abgeflacht“ – und auch der „ohnehin stotternde“ E-Auto-Markt verzeichne hierzulande ein rückläufiges Interesse.
„Zunehmend kritische Haltung“ zum Klimaschutz
Von „Ermüdungserscheinungen“ beim Thema Klimaschutz ist in der Studie die Rede. Zwar werde der Klimawandel immer noch als „zentrales Problem in den kommenden zwei Jahrzehnten“ gesehen, es zeichne sich aber eine „zunehmend kritische Haltung ab“. Das sei vor allem dann der Fall, wenn das Energieprojekt sich in der Nähe des eigenen Wohnortes befindet. Ein Phänomen, das schon länger für Schlagzeilen sorgt – siehe etwa hier. „Wir sehen, dass die Zustimmungswerte für Windkraftprojekte im eigenen Umfeld auf unter zwei Drittel gesunken sind. Und auch die eigentlich sehr beliebte Photovoltaik erreicht mit 83 % den niedrigste Akzeptanzwert seit Beginn der Studienreihe – das ist ein besorgniserregendes Ergebnis“, erklärt Nina Hampl, Studienautorin an der WU Wien.
Die Sache mit dem Gas
Auch in anderen Bereichen sinkt der Studie zufolge die Akzeptanz der Bevölkerung für energie- und klimapolitische Maßnahmen: Während im Vorjahr noch 66 % der Österreicher:innen befürworteten, dass der Gesamtstromverbrauch bis 2030 aus 100 % erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll, sind es aktuell nur mehr 55 %. Lediglich ein Drittel der Befragten spreche sich für ein generelles Verbot von Gasheizungen ab 2040 beziehungsweise Ölheizungen ab 2035 aus.
Interessant in diesem Zusammenhang: Im November 2023, dem letzten verfügbaren Eintrag des offiziellen Infoportals, bezog Österreich satte 76 Prozent des Gases aus Russland, ein Monat davor sogar 90 Prozent. Seit Juni 2022 liegt der Anteil Russlands an den Gaseinfuhren der EU unter 20 %. Im November belief er sich auf 12,9 %.
Energiesparen „im Trend“
„Die Österreicherinnen und Österreicher sind immer weniger dazu bereit, für die Energiewende persönliche Veränderungen hinzunehmen. Zwei Drittel sind dementsprechend der Meinung, dass mehr auf Anreize statt auf Verbote gesetzt werden sollte“, ergänzt Nina Hampl.
Energiesparen liege dennoch „im Trend“. So setzte der Studie zufolge fast die Hälfte der Befragten (47 %) setzt auf eine „Verhaltensänderung“ – der Großteil davon will diese auch in den kommenden 12 Monaten beibehalten. Grund dafür seien aber auch hier weniger Umweltaspekte, sondern vor allem der Kostenfaktor.
E-Autos nur mit Förderungen
Nicht viel besser sieht es in Sachen Verkehr aus, in Österreich traditionell ein großer CO2-Emittent. In einem Satz: Das Kaufinteresse an E-Autos sinkt. Probleme sehen potenzielle Kund:innen demnach in der zu geringen Reichweite und den hohen Anschaffungskosten. „Die Etablierung des E-Autos geht nur schleppend voran, obwohl es mittlerweile schon ein breites Angebot gibt. Gerade für die jungen Generationen wirkt der Kostenfaktor noch zu abschreckend“, so Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich. Förderungen würden allerdings noch greifen: „Die Umfrage zeigt klar, dass sich öffentliche Förderungen positiv auf die Kaufentscheidung auswirken. Das ist ein zentraler Hebel, um den Ausbau nachhaltiger Mobilität in Österreich voranzutreiben – und sollte unbedingt beibehalten werden“, so Marterbauer.
Viel Öl, aber auch viel PV
Wie beim Gas verhält es sich auch beim Heizöl: Der Anteil von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Heizöl hat sich im Vergleich zum Vorjahr im privaten Wohnbau nach Angabe der Befragten „kaum“ verändert. Dafür setzt sich der Trend zur Installation einer Photovoltaikanlage fort: Über die Hälfte der Anlagen wurde innerhalb der vergangenen zwei Jahre installiert. „Die Wärmewende wird eine der zentralen Herausforderungen in naher Zukunft, doch laut Umfrage verlangsamen auch hier die aktuellen Teuerungen den wichtigen Fortschritt. Es wird sich zeigen, wie sich die bereits präsentierten Förderungen hier in den nächsten Monaten auswirken“, erklärt Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie. „Erfreulich ist jedenfalls, dass die Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, sich an Bürgerprojekten zur Nutzung erneuerbarer Energien zu beteiligen, weiter leicht zunimmt.“
Und: Auch das Interessen an Energiegemeinschaften sei weiter hoch. Auch hier würden finanzielle Anreize im Vordergrund stehen – was sich auch allgemein gezeigt habe. Strebl: „Wir sehen, dass die Themen Klimaschutz, Leistbarkeit und Versorgungssicherheit eng zusammenrücken. Der Kostenfaktor ist gerade im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld für die Bevölkerung entscheidend.“