EY-Studie

Österreichs Mittelstand in der Krise: Einbruch der Geschäftslage und getrübte Zukunftsaussichten

Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich © EY/Christina Haeusler
Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich © EY/Christina Haeusler
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Österreichs Mittelstand steht vor enormen Herausforderungen aufgrund einer anhaltend schwachen Konjunktur. Der Anteil der Betriebe, die ihre Geschäftslage positiv einschätzen, ist seit Jahresbeginn deutlich um zehn Prozentpunkte gesunken – von 82 auf nur noch 72 Prozent. Das ergibt eine neue EY-Analyse. Für die Studie hat EY im August und September 2024 über 500 Verantwortliche von mittelständischen Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen in Österreich befragt.

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Mittelstand bewertet eigene Lage eher schlecht

Besonders alarmierend sei der massive Rückgang bei jenen, die ihre Situation als rundum zufriedenstellend bewerten. Hier gab es einen Einbruch von 13 Prozentpunkten auf nur noch 41 Prozent. Gleichzeitig bewertet über ein Viertel (28 %) der Befragten die eigene Geschäftslage aktuell als negativ. Diesen Wert gab es zuletzt zu Beginn des Jahres 2021, als die Pandemie die Wirtschaft schwer belastete.

Trotz minimaler Lichtblicke erwarten weiterhin viele Unternehmen eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage (19 %). Die Konjunkturerwartungen bleiben ebenfalls düster. Nur magere 19 Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den kommenden sechs Monaten mit einer Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage in Österreich. Dagegen erwarten 39 Prozent eine Verschlechterung, was mehr als doppelt so viele sind wie die wenigen Optimist:innen. Zwar ist der Anteil der Konjunkturpessimist:innen zum zweiten Mal in Folge leicht gesunken (Jänner 2024: 55 %), dennoch bleibt er auf einem besorgniserregend hohen Niveau.

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Unternehmen bleiben „robust und anpassungsfähig“

„Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass Unternehmen in Österreich akut unter den herausfordernden wirtschaftlichen Bedingungen leiden. Dennoch sind viele Unternehmen nach wie vor robust und anpassungsfähig,“ erklärt Erich Lehner, Partner und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich. „Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, den Fokus auf Innovation und Effizienz sowie kurzfristig auf Working Capital Management und die Sicherstellung ausreichender Liquidität zu legen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Unternehmen haben in der Vergangenheit schon oft ihre Resilienz unter Beweis gestellt und werden auch diese Phase meistern.“

Im Gesundheitssektor sind aktuell 61 Prozent der befragten Unternehmen uneingeschränkt zufrieden mit ihrer Geschäftslage. Auch im Tourismus bewertet über die Hälfte der Betriebe (54 %) ihre Lage als positiv, gefolgt von den Bereichen Soziales, Wissenschaft und Bildung mit 51 Prozent. Am wenigsten zufrieden sind Unternehmen im Bereich Handel und Konsumgüter, wo lediglich 24 Prozent ihre Geschäftslage als gut einschätzen. Auffällig ist auch, dass kleinere Betriebe mit Jahresumsätzen von weniger als 10 Millionen Euro ihre Geschäftslage derzeit häufiger positiv bewerten als größere.

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Unternehme scheuen große Investments

Trotz leichter Erholungstendenzen in den Konjunkturerwartungen zeigt sich, dass viele Unternehmen weiterhin vorsichtig agieren und größere Investitionen scheuen. Lediglich 13 Prozent der befragten Unternehmen planen, ihre Gesamtinvestitionen im kommenden Halbjahr zu erhöhen. Gleichzeitig geben 16 Prozent an, weniger investieren zu wollen als zuletzt. Damit ist für die erste Jahreshälfte 2025 nur mit geringen Investitionsimpulsen zu rechnen.

Zum zweiten Mal seit Jahresbeginn 2023 zeigt die Investitionsdynamik damit einen negativen Trend. Das deutet laut EY darauf hin, dass die Investitionen in österreichischen Unternehmen in den kommenden sechs Monaten eher rückläufig verlaufen werden. Eine derart niedrige Investitionsbereitschaft war zuletzt in der Zeit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zu beobachten.

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Fachkräftemangel setzt Firmen zu

Auch bei den Beschäftigungsplänen zeigt sich ein differenziertes Bild. 23 Prozent der Betriebe in Österreich planen, in den kommenden Monaten zusätzliches Personal einzustellen. Das bedeutet einen leichten Anstieg gegenüber den beiden vorherigen Befragungen. Hier hatten jeweils 21 Prozent eine Aufstockung des Personals vorgesehen. Der Anteil der Unternehmen, die Stellen abbauen wollen, bleibt jedoch mit 18 Prozent auf dem hohen Niveau vom Jahresbeginn 2024. Auch der Blick ins neue Jahr ist verhalten: Die Beschäftigungsdynamik dürfte im ersten Halbjahr 2025 deutlich niedriger ausfallen als in den meisten Jahren seit 2010. Unterm Strich planen lediglich fünf Prozent der Betriebe, zusätzliche Stellen zu schaffen.

Wie in den Vorjahren bleibt der Fachkräftemangel das größte Problem der heimischen Unternehmen. Zwei von drei geben an, dass der Mangel an qualifiziertem Personal aktuell die größte Gefahr für die Entwicklung des eigenen Betriebs darstellt (67 %). Danach folgen eher akute Herausforderungen wie die drohende Rezession (65 %), die hohe Inflation (62 %), die hohen Energiepreise (61 %) sowie die hohen bzw. volatilen Rohstoffpreise (56 %).

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Intensiver Kampf um Fachkräfte

Der Kampf um qualifizierte Fachkräfte bleibt intensiv: 71 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass es ihnen derzeit „sehr“ oder „eher“ schwer fällt, neues und ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Allerdings ist das ein Rückgang gegenüber Jahresbeginn, als dieser Anteil noch bei 82 Prozent lag. Der Anteil der Betriebe, die die Rekrutierung geeigneten Fachpersonals als „sehr schwer“ empfinden, hat sich aber nahezu halbiert – von 47 auf aktuell 25 Prozent. Dennoch bleibt die Situation angespannt, denn nur 29 Prozent der Betriebe bezeichnen die Fachkräfterekrutierung insgesamt als (eher) leicht.

Als Hauptursache für den Fachkräftemangel sehen die befragten Unternehmen insbesondere die mangelnde Bereitschaft unter Bewerber:innen und Arbeitskräften, in Vollzeit zu arbeiten (61 %). Der demografische Wandel und die Alterung der Bevölkerung stellen aus Sicht der Betriebe mit 39 Prozent den zweitwichtigsten Faktor dar. Ebenso gelten die fehlende Ausbildung und Qualifikation der Bewerber:innen als wesentlicher Grund (36 %).

„Es gibt kaum einen Sektor des österreichischen Arbeitsmarkts, der momentan nicht in Personalnot ist. Die Problematik hat sich in den letzten Jahren immer mehr verschärft, über ein Drittel der befragten Unternehmen erleiden durch fehlende Fachkräfte auch Umsatzeinbußen. Das bremst die Wirtschaftsdynamik ordentlich ab“, so Erich Lehner.

Die nationale Standortpolitik stößt weiterhin auf wenig Zustimmung bei österreichischen Unternehmen.. Nur 13 Prozent bewerten sie positiv, während 39 Prozent eine kritische Einschätzung abgeben. Besonders ausgeprägt ist die Unzufriedenheit im Sektor Transport, Verkehr und Energie, wo sich 55 Prozent der Befragten unzufrieden zeigen. Auch in der Industrie und im Tourismus ist die Skepsis gegenüber der aktuellen Standortpolitik ausgeprägt – 45 Prozent der Industriebetriebe und 41 Prozent der Tourismusunternehmen äußern sich kritisch.

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