ÖVP will Europa zum „Weltmarktführer bei Verbrennungsmotoren“ machen
Es ist wieder Wahlkampf – und die ÖVP hat für die EU-Wahl vom 6. bis 9. Juni 2024 ihr Wahlprogramm unter Führung des Spitzenkandidaten Reinhold Lopatka vorgestellt. Ein immer wiederkehrender Punkt auf den 57 Seiten des Programms in verschiedenen Kapiteln: Die ÖVP möchte sich auf EU-Ebene gegen das eigentlich längst beschlossene Aus für Verbrennermotor einsetzen, und nicht nur das: Man wolle aktiven Einsatz dafür leisten, „dass Europas Autoindustrie zum Weltmarktführer bei Verbrennungsmotoren wird“.
Wir erinnern uns: Ab 2035 sollen Autos mit Verbrennungsmotoren in der EU verboten sein, aber für die kontroversen E-Fuels wurde ohnehin eine Hintertür aufgelassen. So sollen Autos, sofern sie mit den synthetischen Kraftstoffen betankt werden, auch weiterhin verkauft werden dürfen. Offen ist dabei, wie kontrolliert wird, ob nur E-Fuels getankt werden oder nicht doch noch Benzin oder Diesel, die ja auch noch nach 2035 verfügbar sein werden.
Die ÖVP will sich, wie es schon bisher ihre Position war, auf EU-Ebene für die so genannte Technologieoffenheit einsetzen. Diese meint, dass mehrere Antriebsarten nebeneinander – also E-Motor, Wasserstoffantrieb und eben auch herkömmliche Verbrennermotoren – weiter angeboten und entwickelt werden sollen. Dabei spricht man auch vom „grünen Verbrenner“. Allerdings haben Studien bereits mehrmals gezeigt, dass ein Elektrofahrzeug rund 50 Prozent weniger CO2-Emissionen als ein Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen verursacht. Auch ist die Herstellung von E-Fuels (sie werden aus Wasserstoff und CO2 unter viel Einsatz von Strom produziert) noch teuer und kaum verbreitet.
Green Deal soll neu verhandelt werden
Aus Sicht der ÖVP ist das Aus für Verbrennermotoren für den Standort nachteilig, immerhin hängt etwa die deutsche Autoindustrie sowie die österreichische Zulieferindustrie stark an der Technologie (auch wenn der E-Motor auf dem Vormarsch ist). Deswegen fordern Lopatka und Co die „Neuverhandlung sämtlicher Regulierungen, die zu stark in die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit eingreifen. „Dazu zählen beispielsweise das Lieferkettengesetz oder auch Bereiche des European Green Deal, wie das Aus der Verbrenner bei Neuzulassungen ab 2035“, heißt es im Wahlprogramm.
Woher das CO2 für die synthetischen Kraftstoffe kommen könnte, dazu gibt es auch Vorstellungen. Nämlich aus dem Einsatz von Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) Technologien, „um durch die Abschneidung und Speicherung von Kohlendioxid die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu verringern und damit einen wichtigen Beitrag zu mehr Umwelt- und Klimaschutz zu leisten“, heißt es. CCS und CCU sind aber auch umstritten, weil sie große Industrieanlagen voraussetzen und ebenfalls teuer sind.
Carbon Capture: Abgeschiedenes CO2 bis 2044 hauptsächlich in Ölindustrie im Einsatz