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Medien-Startups reichen EU-Beschwerde gegen Digitalisierungsförderung ein

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Trending Topics reicht gemeinsam mit anderen jungen Online-Medien bei der EU-Kommission Beschwerde über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen durch den Fonds zur Förderung der digitalen Transformation ein, weil wir meinen, dass er Wettbewerbsverzerrung und Eingriff in die Pressefreiheit zur Folge haben kann. Im Anschluss der offene Brief an Bundesministerin Susanne Raab.

 

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Susanne Raab,

Heute haben Sie eine großartige Chance verpasst, den Journalismus in Österreich zu stärken.

Mit dem 22. August 2022 endet die Einreichfrist für Anträge beim Fonds zur Förderung der digitalen Transformation. Mit 54 Millionen Euro heuer und 20 Millionen Euro in den Folgejahren unterstützt die Republik Österreich Projekte für die Digitalisierung des heimischen Journalismus. Digitalisierung, das klingt nach Zukunft – in Wahrheit betreiben Sie damit aber Medienpolitik von vorgestern.

Sie hätten mit diesem Topf dem österreichischen Journalismus einen neuen Pioniergeist einhauchen können, indem Sie spannende neue Projekte anschieben, Innovation, Qualität und Risikofreude belohnen und Diversität fördern.

Leider haben Sie sich für das Gegenteil entschieden: Sie sichern den Platzhirschen mit Steuergeldern ihre Marktmacht. Gefördert werden nämlich nicht alle Medien des Landes, sondern nur Print, Radio und Fernsehen. Ausgeschlossen von der Einreichung sind etwa reine Onlinemedien oder auch neugegründete Medien, die jünger als ein Jahr alt sind. Anders gesagt: Wer Journalismus schon immer digital denkt, wird bestraft. Wer die Digitalisierung verschlafen hat, wird belohnt.

Eine Bremse für echte Innovationen und eine Gefahr für die Pressefreiheit

Wir sind besorgt, dass der RTR-Fonds den Erfolg und die Neugründung vieler junger und unabhängiger Medien verhindert. Diese Medien und damit zahlreiche Arbeitsplätze sind in Gefahr durch eine Medienförderung, die den wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerb eklatant verzerrt – und dadurch die Pressefreiheit verletzt.

Die Fördergelder werden zum Großteil den großen Medienhäusern zugutekommen, die das Vertrauen der Bevölkerung in der Vergangenheit verspielt haben. Nur noch 4 von 10 Österreicher:innen vertrauen den Nachrichten – eine Folge von Ibiza und Inseratenkorruption.

Zum Vergleich: Die 54 Millionen Euro Förderung im Jahr 2022 entsprechen in etwa dem gesamten Jahresumsatz der „Der Standard Gruppe“. Dieser Förder-Tsunami macht einen erfolgreichen Markteintritt für neue Medien nahezu unmöglich.

Ziel der Förderung ist laut Bundesregierung, “die zentrale Rolle der Medien in einer modernen demokratischen Gesellschaft [zu] fördern” – warum verwehren Sie dann neuen Akteur:innen die Chance, das Vertrauen in die Medien wiederherzustellen? Warum zementieren Sie die wirtschaftliche Abhängigkeit der alteingesessenen Medien vom Staat? Warum erwecken Sie durch die Bevorzugung der großen Player den Eindruck, dass der Digitalisierungsfonds ein Körberlgeld für Medien mit besonders guten Beziehungen zur Bundesregierung ist?

Deutsche Regierung hat ähnliche Förderung zurückgezogen

Die Bundesregierung und Sie, Frau Bundesministerin, wissen um die Bedenken gegen die einseitige Digitalisierungs-Förderung. In zahlreichen Stellungnahmen zur Änderung des KommAustria-Gesetzes haben Branchen-Verbände und einzelne Medien ihre Einwände gegen den Ausschluss von Digital-Only-Medien geäußert. Der Presseclub Concordia schrieb in seiner ausführlichen Kritik, dass eine Ausweitung auf Medien, die ausschließlich digital erscheinen, “unverzichtbar” sei.

Sie haben all diese Argumente ignoriert, ohne jegliche sachliche Begründung etliche Medien von der Förderung ausgeschlossen und damit den Wettbewerb verzerrt. Die Freiheit der Presse zu achten, heißt auch: Man darf nicht ausgewählte Marktteilnehmer*innen mit Geld zuschütten.

In Deutschland hat das Bundeswirtschaftsministerium im Jahr 2021 ein ähnliches Förderprogramm zu Gunsten von gedruckten Zeitungen aus verfassungsrechtlichen Bedenken im letzten Moment zurückgezogen. Dem vorausgegangen war die Ankündigung des Onlinemediums “Krautreporter”, gegen das Förderprogramm zu klagen.

“Diese Ungleichbehandlung verletzt unserer Ansicht nach die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit. Wenn der Staat einige Medien fördert und andere nicht, dann greift er in den freien, geistigen und wirtschaftlichen Wettbewerb von Presseunternehmen ein”, heißt es im Statement des Krautreporter-Vorstands.

Aus großer Sorge um die Pressefreiheit in Österreich haben wir deswegen bei der EU-Kommission Beschwerde über mutmaßlich rechtswidrige Beihilfen eingebracht – und ermutigen alle betroffenen Medien und Bürger:innen ebenfalls, sich zu beschweren.

Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin Raab, haben heute noch eine weitere Chance, den Journalismus in Österreich zu stärken: Setzen Sie die Digitaltransformationsförderung mit sofortiger Wirkung aus! Überdenken Sie die Förderung noch einmal grundsätzlich. Lassen Sie den Wettbewerb um die besten Ideen zu. Unterstützen Sie einen modernen Journalismus in Österreich.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Dominik Ritter-Wurnig für Projekt I (in Gründung)

andererseits – für Inklusion in Journalismus e.V.

Jakob Steinschaden & Bastian Kellhofer, Trending Topics GmbH

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