Österreichische Startups in den USA: „Es gibt mehr als nur Sound of Music“
„Es gibt mehr als nur Sound of Music.“ Mit diesen Worten eröffnete Reanne Leuning, Director Creative Industries Advantage Austria, den Open Austria-Abend in San Francisco. Unter dem Motto „Creativity Loves Tech“ präsentierten sich in der Hightech-Hochburg nahe dem Silicon Valley am Mittwoch Abend vor rund 200 Gästen österreichische Jungunternehmer. Startups wie Butleroy, Bitmovin, Musimap oder Seeqnc sind derzeit auf USA-Tour mit dem Ziel, auf der großen SXSW-Konferenz neue Nutzer und Partner zu gewinnen.
Ein Bein in Österreich, eines in den USA
Eines der erfolgreichsten österreichischen Startups, Bitmovin, hat den Schritt ins Silicon Valley bereits mit seiner Teilnahme am renommierten Y Combinator-Programm geschafft. CEO Stefan Lederer ist derzeit international unterwegs, um der 10,3-Millionen-Dollar-Investmentrunde von 2016 (Series A) die Series B draufzulegen. Dezidiertes Ziel der auf Videostreaming spezialisierten Kärntner Firma: Ein Börsengang oder ein Exit an ein anderes Unternehmen.
„Das ist eine harte Branche“, sagt Kieran Farr, bei Bitmovin für Marketing in den USA zuständig, über den Markt für Online-Video-Lösungen. “Das liegt irgendwo zwischen Social Media und Raketentechnologie.“ Wichtig für Bitmovin sei es gewesen, die Entwicklung der eigenen Produkte (ein Encoder, ein Player und Analyse-Tools) in Österreich zu belassen. Vertrieb und Marketing wird dagegen in den USA gemacht – das hat der Firma Kunden wie Red Bull, New York Times, Bloomberg, Disney, Facebook oder Twitter eingebracht. Dass man seit einigen Monaten profitabel wirtschaftet, reicht CEO Lederer nicht. Dieses Jahr soll das Personal verdoppelt werden.
Auch das Linzer Startup Usersnap der beiden Gründer Josef Trauner und Florian Dorfbauer hat bereits den wichtigen Schritt nach San Francisco getan. Nach der Teilnahme am Salesforce-Inkubator für Künstliche Intelligenz in San Francisco hat man sich dafür entschieden, die Firma weiter von den USA aus aufzubauen.
Auf dem Sprung nach Übersee
San Francisco als Vorstation zum SXSW-Festival in Austin hat einige weitere österreichische Gründer angelockt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie abreiten allesamt im Musikbereich. „Mit unserer Technologie kann man etwa die passende Musik für Filme oder Werbespots finden“, sagt etwa Thomas Lidy, Head of Machine Learning bei Musimap. Seine Firma hätte mit Hilfe von ML-Technologie mittlerweile 13 Millionen Songs nach 400 Genres und 300 Stimmungen kategorisiert. Mehr als 1,5 Millionen Songs sind dabei zusätzlich nach Emotionen getaggt worden, die sie bei Hörern hervorrufen. Das hat auch den netten Nebeneffekt, dass man Playlists von Persönlichkeiten wie Barack Obama analysieren kann, um Rückschlüsse auf dessen Stimmung zu schließen.
Ebenfalls im Bereich Machine Learning ist das Linzer Startup Butleroy (bis vor kurzem noch myAlfred) unterwegs. Sein digitaler Assistent soll Nutzern dabei helfen Termine mit Freunden, aber auch mit Unternehmen wie Mechanikern oder Lebensmittellieferanten zu koordinieren. In den USA will man nun Kooperationspartner finden, um das Tool, das auf den Kalendern der User aufbaut, mit neuen Funktionen anzureichern.
Der Ton macht die Musik
Dass derzeit so viele Musik-Startups in die USA pilgern, hat seinen guten Grund. Das SXSW-Festival ist eine der größten Plattformen weltweit nicht nur für Startups, sondern auch für Musik. Auf riesengroßen Event mit mehr als 400.000 Teilnehmern sind sehr viele Vertreter der Musikindustrie nicht nur auf der Suche nach neuen heißen Bands, sondern auch nach neuen Ideen, wie Musik im digitalen Zeitalter vermarktet, analysiert oder weiterverarbeitet werden kann. So haben sich etwa auch Fretello aus Linz, die kürzlich ein Investment aus dem Business-Angel-Netzwerk startup300 abstaubten (Trending Topics berichtete) oder Record Bird aus Wien auf den Weg zur SXSW gemacht.
„Wir haben die eine goldene Formel gesucht, aber die gibt es nicht, weil jeder Mensch anders auf Musik reagiert“, sagt der Neurowissenschaftler und Musiker Michael Gharzouzi von der Medizinischen Universität Wien. Sein Ziel ist die Einrichtung eines Institute for Music Medicine und die weitere Entwicklung eines „Musical Medical Microscope“. Gharzouzi zufolge kann Musik gezielt dazu genutzt werden, um kranke Menschen (z.B. bei Depressionen, Schizophrenie, Autismus) zu behandeln. Per EKG-Tests wird derzeit erforscht, wie sich unterschiedliche Musikstücke auf Patienten auswirken. „Das Gute an Musik ist, dass sie anders als Medikamente keine Nebeneffekte hat“, sagt Gharzouzi.
Ebenfalls auf Musik spezialisiert hat sich das österreichische Startup Seeqnc (sprich „sequence“) rund um Mitgründer Bernhard Famler. Per Audio-Watermarking soll einmal jeder Produzent, jeder Künstler oder jedes Label einmal in Echtzeit analysieren können, wo auf der Welt gerade die eigenen Songs gespielt werden. Das wiederum soll sich zu Marketingzwecken ausnutzen lassen.
Offenlegung: Die Reisekosten von Trending Topics nach San Francisco wurden von Advantage Austria übernommen. Vielen Dank dafür!