Open-Source-Software für Start-ups: „Die Nutzung ist zwar unentgeltlich, nicht jedoch kostenlos“
Mit guter Software lässt sich gutes Geld verdienen. Für Start-ups, die zumeist keine Mittel für die umfangreiche Entwicklung proprietärer (Standard)Software haben, ist – im Internet frei verfügbare – Open-Source-Software eine gute Grundlage zur Umsetzung der eigenen Geschäftsidee. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Die Nutzung ist zwar unentgeltlich, nicht jedoch kostenlos. Abhängig von den Nutzungsbedingungen der Software sind die Nutzer oftmals verpflichtet, Neuentwicklungen, die auf Open-Source-Software basieren, der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Aus diesem Grund sollten Start-ups frühzeitig eine Strategie für den Umgang mit derartiger Software entwickeln.
Das Produkt: Was ist Open-Source-Software?
Open-Source-Software bezeichnet, verkürzt gesagt, für die Allgemeinheit zugängliche und kostenlos nutzbare Software; insbesondere der Quellcode der Software (und das ist die Besonderheit) ist frei zugänglich. Wer den Quellcode hat, kann die Software „umschreiben“ und somit zur Grundlage von Neu- bzw. Weiterentwicklungen machen. Genau dies ist die ursprüngliche Idee von Open-Source-Modellen: Durch Zurverfügungstellen des Quellcodes soll den Nutzern die Möglichkeit gegeben werden, die Software selbstständig zu verbessern, wobei wiederum die Allgemeinheit von der auf diese Weise weiterentwickelten Software profitieren können soll. Für Software-basierte Start-ups kann Open-Source-Software eine gute Basis für die Verwirklichung ihrer Geschäftsideen sein.
Die Herausforderung: Copyleft und Offenlegungsverpflichtung
Die Verwendung von Open-Source-Software erfolgt zumeist auf Basis standardisierter Lizenzverträge, die mit dem jeweiligen Entwickler der Software abgeschlossen werden. Der größte Teil von Open-Source-Software wird auf Basis einer von fünf bis zehn Standardlizenzen (etwa die General Public License, Mozilla Public License, European Public License oder die GNU Lesser General Public License) angeboten. Diese Lizenzverträge beinhalten die „Spielregeln“ für die (freie) Nutzung der Software. Zwar sind Lizenzverträge in der Regel unentgeltlich und gestatten die kommerzielle Weitergabe der (allenfalls veränderten) Software an Dritte. Sie enthalten allerdings meist auch sogenannte Copyleft-Klauseln. Derartige Klauseln verpflichten den Lizenznehmer,
- die Software (bzw deren Bearbeitung) nur unter der ursprünglichen open source-Lizenz weiterzugeben sowie
- bei der Weitergabe auch den Quellcode (somit das „Herz“ der Software) zugänglich zu machen.
Vereinfacht gesagt: Open Source bleibt Open Source. Die Weiterentwicklung der Software (somit oft das zentrale Produkt eines IT Start-ups) muss wiederum als Open-Source-Software der Öffentlichkeit frei (und oft kostenlos) zur Verfügung gestellt werden. Dabei muss auch der Quellcode veröffentlicht werden, was der Konkurrenz Einblicke in das „Innenleben“ sowie die Veränderung der Software ermöglicht – eine imminente Gefahr für die Unique Selling Proposition (USP) eines jungen Unternehmens. Aus diesem Grund sollten Start-ups frühzeitig eine Strategie für den Umgang mit derartiger Software entwickeln.
Eine mögliche Lösung: Software as a Service-Modelle
Die oben beschriebene „copyleft“-Verpflichtung trifft den (Weiter-)Entwickler jedoch zumeist nur dann, wenn er – etwa im Zuge der Kommerzialisierung seines Produkts – die bearbeitete Software „weitergibt“, etwa zahlenden Lizenznehmern zum „Download“ zur Verfügung stellt. Genau hier setzen Software-as-a-Service-Modelle (SaaS-Modelle) an: Dabei wird versucht, die „Weitergabe“ der Software (somit eine nachfolgende Offenlegungspflicht unter den anwendbaren Lizenzverträgen) zu verhindern. Die Software wird bei SaaS-Modellen gerade nicht zum Download bereitgestellt, sondern läuft auf einem Server des Unternehmens, auf den der Kunde via Webbrowser zugreift. Eine Kopie der Software wird dem Kunden dabei nie ausgefolgt. Als Konsequenz greift die Offenlegungsverpflichtung unter manchen Open-Source-Standardlizenzverträgen nicht.
Die wesentlichen Unterschiede zum herkömmlichen Verkauf von Kopien einer Software liegen bei SaaS-Modellen darin, dass eine dauerhafte Geschäftsbeziehung zwischen dem Softwareentwickler und den Kunden entsteht. Der Softwareentwickler muss die Website, auf der die Software läuft, warten und regelmäßig updaten. Weiters sind die Vorlaufkosten für den Softwareentwickler höher, weil er die gesamte IT-Infrastruktur anschaffen und erhalten muss.
Fazit
Open-Source-Software ist eine gute Möglichkeit für Start-ups, verhältnismäßig rasch und effizient eine große Idee zu verwirklichen. Im Vorfeld der Nutzung sollten sich Jungunternehmen jedoch eine Strategie für die Kommerzialisierung der Neu- bzw. Weiterentwicklung und dem Schutz der USP des Unternehmens zurechtlegen, um in einer späteren Unternehmensphase (etwa bei Einstieg des ersten Investors, der die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells im Detail analysieren wird) keine böse Überraschung zu erleben.
Dieser Text stammt von Roman Rericha, Partner bei Brandl & Talos und Leiter des Start-up-Förderprogramms „BTP Nährboden“, und Simon Drobnik, juristischer Mitarbeiter bei Brandl & Talos.