Kommentar

OpenAI wird zur gefährlichen Killzone für Startups

Großer Roboter greift kleine Roboter an. © Canva Magic Studio
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Könnt ihr euch noch an die Blütephase von Taschenlampen-Apps, Wetter-Apps, Notizen-Apps, Passwort-Apps oder Kontakt-Sharing-Apps erinnern? Heute sind diese Apps wie selbstverständlich Teil der Betriebssysteme und Smartphones der großen Tech-Player. Aber bevor diese Funktionen integraler Bestandteil von Apple- oder Google-Produkten waren, wurden sie mal von kleinen Firmen entwickelt, die sich erhofften, auf den Schultern der Riesen zu gedeihen. Bis sie dann einfach kopiert wurden und ihre Konzepte als Teilfunktionen der Software-Plattformen von Big Tech wurden.

Nun versucht sich aktuell ein neuer Player zur Plattform aufzuschwingen. OpenAI, das auf wöchentlich 100 Millionen User bei ChatGPT blicken kann. Will ebenfalls Plattform werden. Auf Basis seiner AI-Modelle GPT-4 und Co sollen Developer künftig ihre eigenen Apps – sie werden GPTs genannt – bauen, und dann in einem (eh klar) GPT Store anderen zur Verfügung stellen. OpenAI verspricht ihnen, Zugang zu Millionen Usern zu bekommen, und lockt außerdem mit Revenue Share. Man werde sich die generierten Einnahmen, die daraus entstehen, mit den Entwickler:innen teilen, versprach OpenAI-CEO Sam Altman am gestrigen Abend bei der Präsentation der Zukunftspläne.

Das klingt ziemlich verlockend für all jene, denen ChatGPT die Phantasie beflügelt hat. Man könne nun etwa Datenanalyse-Apps, Programmierassistenten, KI-gesteuerte Urlaubsplaner oder gar sprachgesteuerte DJs entwickeln, und das sogar ohne Programmierkenntnisse. OpenAI stellt alles zur Verfügung, was man dafür braucht, nicht einmal Coding ist gefragt. Lediglich Ideen und Daten muss man mitbringen, um das führende AI-Startup zu füttern – und schups, ist die eigene GPT-App auch schon fertig.

GPT Store: Kein freier Marktplatz, sondern bloß ein Autohaus mit einer Marke

Spätestens jetzt sollten die Alarmglocken schrillen. Der geplante GPT Store, der im Laufe des Monats kommen soll, verdient seinen Namen nicht. Er wird kein freier Marktplatz mit einem Wettbewerb der besten Ideen – schon alleine deswegen nicht, weil OpenAI bestimmen wird, welche GPTs hineindürfen und welche nicht. Aber nicht nur das, solche Hürden gibt es ja auch bei Apples App Store.

Der GPT Store ist kein freier Markt mit unterschiedlichen Produkten, sondern am ehesten noch mit einem Autohaus zu vergleichen. Die haben üblicherweise Fahrzeuge von einer Marke, die sich dann durch Alter, Farbe, Modell und Ausstattung unterscheiden. Das gleiche ist im GPT Store der Fall: Dort wird es „Apps“ geben, die unterschiedlich heißen, aber am Ende ist überall der gleiche Motor und die gleiche Innenausstattung drinnen: GPT-3.5 oder GPT-4 von OpenAI, und hinten drin die Azure-Cloud von OpenAI-Großinvestor Microsoft. Es wird dort keine LLMs anderer Anbieter geben, weder von Meta, noch von europäischen Startups wie Mistral AI oder Aleph Alpha.

Wer beim GPT Store mitmacht, gibt seine Idee an der virtuellen Haustüre von OpenAI ab. Denn Sam Altmans Startup, das aktuell eine Bewertung von 80 bis 90 Milliarden Dollar sucht, bietet auch gleich die Entwicklungs-Tools mit an. Wer sie nutzt, hat keine Chance, sein GPT anderswo laufen zu lassen, es gibt nicht einmal eigenen Code (auch das bedeutet „No-Code“), alles läuft auf der Plattform der Amerikaner. Kein Llama, kein PaLM, kein Mistral, kein Luminous – es gibt bloß GPT.

Dass OpenAI gewillt ist, Partner und Startups einfach zu killen, zeigt sich schon jetzt. Im Plugin Store, wie der Vorläufer des GPT Store hieß, gibt es etwa noch eine Reihe von Anbietern, die den Upload bzw. die Analyse von PDFs ermöglichen – eine Funktion, die ChatGPT früher nicht kannte. Doch zuletzt wurde bekannt, dass ChatGPT in einer neuen Beta-Version nun auch selbst PDFs verstehen kann. Aus den „Plugins“ von Entwickler:innen wurde einfach ein neues Feature.

So stellt sich OpenAI seinen GPT Store vor. © OpenAI
So stellt sich OpenAI seinen GPT Store vor. © OpenAI

Gründer: „Wir wollten ursprünglich auf ChatGPT aufbauen. Aber wir brauchen unsere eigene Technologie“

Bei Startups, die sich auf OpenAI und insbesondere den GPT Store einlassen, ist Vorsicht geboten. Markus Waghubinger, CEO und Gründer des Linzer Startups HalloSophia, bringt es auf den Punkt. „Auch wir dachten ursprünglich, dass wir SophiaAI auf ChatGPT aufbauen und plötzlich magisch werden würden. Bis wir gemerkt haben, dass sich hier ein Ökosystem bildet, in das wir uns integrieren können, aber wir brauchen trotzdem unsere eigene Technologie, sonst zerstört jede neue Funktion von ChatGPT potenziell unseren ganzen Markt“, schreibt er auf Linkedin. Das neue PDF-Upload-Feature von ChatGPT hätte fünf Startups, die er kenne, bereits disruptiert.

Alle, die schon länger in der Tech-Branche sind, wissen, wie gefährlich Plattformen sind. Es ist immer das gleiche Spiel: Apple, Google, Facebook, Amazon oder jetzt OpenAI locken mit unzähligen Nutzer:innen, mit potenziellem Umsatz, Reichweite, Software-Tools und Co. – nur um dann schön am Umsatz mitzunaschen und am Ende die besten Ideen in Features ihrer eigenen Produkte zu verwandeln. Frag‘ mal die CEOs von Spotify, Yelp oder Epic Games („Fortnite“), was sie von den Plattformen wie Apples App Store oder Google Maps halten. Es sind bittere Erfahrungen und jahrelange Rechtsstreitigkeiten, die ihre Geschichten prägen – und wir reden hier von Unternehmen, die selbst Milliarden schwer sind.

Startups, die nur auf OpenAI und ChatGPT aufbauen, setzen sich selbst einem hohen Risiko aus – sie machen sich komplett abhängig von OpenAI und haben nicht einmal die Hoheit, den Code selbst zu gestalten. Und im schlimmsten Fall wird OpenAI zur Todeszone für die besten Startups – nämlich dann, wenn der ChatGPT-Macher ihre Ideen nachmacht oder die Teams dahinter vom Markt kauft. Im Silicon Valley ist das gängige Praxis – die Killzone, die Apple, Google und Co. rund um ihre Imperien gebaut haben, sind so berühmt wie berüchtigt.

OpenAI ist das Gegenteil von OpenSource. Vielleicht sollte sich OpenAI endlich in ClosedAI umbenennen.

OpenAI bringt GPT Store für 100 Mio. ChatGPT-User an den Start

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