Überwachungs-Software

Palantir: Wie mit Big Data auch in Österreich das Coronavirus überwacht werden kann

Alex Karp, CEO von Palantir. © Palantir
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Palantir, das sind die Sehenden Steine aus „der Herr der Ringe“, mit denen Zauberer in die Ferne blicken können und über die Oberböse Sauron mit dem Zweit-Bösen Saruman kommuniziert. Palantir Technologies, das ist auch eine Bit-Data-Firma aus dem Silicon Valley, das jetzt im Zuge der Corona-Krise immer mehr Staaten seine Software verkauft. Im Logo des Unternehmens erkennt man den „Herr der Ringe“-Bezug noch deutlich.

2004 von CEO Alex Karp und Investor Peter Thiel gegründet, hat Palantir dieses Jahr sowohl die US-Behörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums sowie die britischen NHS (National Health Service) mit einer Software für das Tracken von COVID-19 versorgt. Und: Palantir ist mit den Gesundheitsbehörden von Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Österreich im Gespräch, um auch ihnen mit Big-Data-Software zu helfen. Das österreichische Gesundheitsministerium hat gegenüber Der Standard bestätigt, das es ein Angebot seitens Palantir prüfe. Damit wird auch immer klarer, was Regierungsvertreter meinen, wenn sie von Big Data in der Corona-Krise reden.

Guter Draht nach Österreich

Palantir hat einige Anknüpfungspunkte nach Österreich. CEO David Karp war bereits 2017 bei der Digitalisierungskonferenz „Darwin’s Circle“ zu Gast in Wien und diskutierte dort mit den damaligen Bundeskanzler Christian Kern über Ethik in der IT. Die ehemalige Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, Laura Rudas, arbeitet seit 2015 bei dem Unternehmen, und auch ein Gründer eines Wiener Startups ist mittlerweile bei Palantir tätig. Anfang des Jahres traf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Karp im Silicon Valley.

Mit der NHS in Großbritannien ist Palantir bereits ins Geschäft gekommen. Dort wird die Software „Foundry“ – eines von zwei Produkten von Palantir – eingesetzt, um unterschiedliche Daten zu integrieren, zu bereinigen und zu harmonisieren und um eine „Single Source of Truth“ (einzige Quelle der Wahrheit) zu entwickeln, die die Entscheidungsfindung unterstützt. Neben Palantir sind in dem Big-Data-Projekt auch Google, Amazon und Microsoft beteiligt, die ihre Cloud-Dienste beisteuern, sowie der Londoner AI-Spezialist Faculty.

Krankenhäuser und Patienten im System

Worum geht es nun bei dem Großprojekt? Die NHS will unterschiedlichste Daten in der Big-Data-Plattform von Palantir zusammen fließen lassen, um in Krankenhäusern:

  • Aktuelle Auslastung der Krankenhäuser, aufgeschlüsselt nach Allgemeinbetten und Spezialbetten und/oder Betten für die Intensivpflege
  • Aktuelle Kapazität der Notaufnahmen und aktuelle Wartezeiten
  • Statistiken über die Aufenthaltsdauer von Covid-19-Patienten

zu erfassen. Außerhalb der Krankenhäuser will die NHS außerdem mit Hilfe der Software bzw. auf Basis der Daten:

  • verstehen, wie sich das Virus auf lokaler Ebene ausbreitet
  • Risiken für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen erkennen
  • die Gesundheits- und Versorgungsressourcen in neu entstehenden Krisenherden proaktiv zu erhöhen
  • sicherzustellen, dass kritische Ausrüstung an die Einrichtungen mit dem größten Bedarf geliefert wird
  • Patienten zu den Einrichtungen leiten, die sie auf der Grundlage der Nachfrage, der Ressourcen und der personellen Kapazitäten am besten versorgen können

Aus diesen Zielen kann man bereits ableiten, dass dazu eine ganze Menge an Daten verarbeitet werden muss, und zwar am besten in Echtzeit. Die Daten, die in das System gefüttert werden, sollen „größtenteils aus bereits vorhandenen Datenquellen“ kommen – also Daten die bereits von NHS England, NHS Improvement, Public Health England und NHS Digital gesammelt wurden. Dazu kommen aber auch Patientendaten bzw. Daten von Betroffenen.

„Alle Daten im Datenspeicher sind anonym und unterliegen strengen Kontrollen, die den Anforderungen der Datenschutzgesetzgebung entsprechen und sicherstellen, dass Personen nicht wieder identifiziert werden können. Das umfasst die Entfernung von Identifizierungsmerkmalen wie Name und Adresse und deren Ersetzung durch ein Pseudonym“, heißt es seitens NHS. Nach der Bewältigung der Pandemie sollen die Daten gelöscht werden.

Löschen nach Ende der Pandemie

„Wenn die Pandemie abklingt und der Ausbruch eingedämmt ist, werden wir den Covid-19-Datenspeicher schließen. Die mit den oben genannten Organisationen getroffenen Vereinbarungen zur Datenverarbeitung umfassen die Schritte, die unternommen werden müssen, um die Verarbeitung einzustellen und die Daten entweder zu vernichten oder an den NHS England und NHS Improvement zurückzugeben, sobald die Notfallsituation im Bereich der öffentlichen Gesundheit beendet ist“, heißt es seitens der Gesundheitsbehörde.

Welche Daten könnten in Österreich nun theoretisch in ein solches Big-Data-System gefüttert werden? Neben Informationen aus den Krankenhäusern etwa auch Ortungsdaten von Handys (mehr dazu hier) oder anonymisierte Daten aus der App des Roten Kreuzes. Ob das tatsächlich auch gemacht werden wird ist offen – technisch möglich wäre es.

Viel Kritik an „Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie“

Palantir Technologies ist jedenfalls ein Unternehmen, das kontrovers diskutiert wird. Es wurde anfangs von Geldern von In-Q-Tel, der Risikokapitalarm der CIA, mitfinanziert, zu den Kunden gehören unter anderen auch viele US-Behörden wie CIA, FBI, NSA, US Navy, Pentagon oder das Department of Homeland Security (DHS). Die Big-Data-Software soll dem Vernehmen nach jedenfalls gut funktionieren. Nach 9/11 soll sie dabei geholfen haben, um den Aufenthaltsort von Osama bin Laden zu ermitteln.

In Deutschland wird Palantir-Software „Gotham“ (neben „Foundry“ das zweite große Produkt) ebenfalls eingesetzt, und zwar von der Polizei in Hessen und NRW. Dort werden etwa Datenanalysen bei schwere Straftaten durchgeführt (z.B. Terrorismus, organisierte Kriminalität), um unterschiedliche Daten – etwa auch aus Social Media – zusammen zu führen. Für die Anschaffung von Palantir hat der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) 2019 den Big-Brother-Award in Deutschland erhalten. Die US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU hat Palantir bereits als „Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie“ bezeichnet.

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