Paradigmenwechsel: „Zuwanderung in den Arbeitsmarkt statt ins Sozialsystem“

Dafür, dass 2024 ein Rezessionsjahr war, zeigt sich die Austrian Business Agency (ABA) überaus zufrieden mit ihrer Vorjahres-Performance: Es gab insgesamt 309 Betriebsansiedlungen & -erweiterungen von Unternehmer:innen aus dem Ausland, wodurch 2.216 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.
ABA-CEO René Tritscher und der neue Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Wolfgang Hattmannsdorfer, präsentierten die Ergebnisse der ABA-Jahresbilanz 2024. Genannt wurden auch zwei zentrale Schwerpunkte für 2025.
Investitionssumme von 1,1 Milliarden Euro
Die rund 310 unternehmerischen Projekte, die nun in Österreich beheimatet sind, generierten laut dem CEO der Austrian Business Agency René Tritscher ein Investitionsvolumen von 1,1 Milliarden Euro. „Das ist ein Betrag, der für den Standort wesentlich ist und ihm zugutekommt. 22 Prozent dieser Unternehmer:innen haben durch hohe Investitionssummen (Anm.: ab 10 Millionen Euro) eine besonders hohe Wertschöpfung generiert, viele Arbeitsplätze geschaffen und betreiben auch Forschung und Entwicklung in Österreich.“
Besonders erfreulich sei, dass die Anzahl der Beratungen von internationalen Unternehmen, Fachkräften und Filmproduktionen 2024 verdreifacht wurde. 21.537 Beratungen seien von 45 Mitarbeiter:innen durchgeführt worden, 15.985 davon im Bereich „Leben und Arbeit“. Tritscher zur Gesamt-Performance: „Wir haben ein Ergebnis erzielt, das eines der besten in der Geschichte der ABA ist. Ich glaube, das liegt auch daran, dass wir zu Beginn unserer Anwerbungsaktivitäten massiv gesteigert und uns wirklich auf wertschöpfungsorientierte Ansiedelungen konzentriert haben.“
Top 5 Sektoren für ausländische Investitionen
Die Mehrheit der Unternehmen (66), die sich im vergangenen Jahr in Österreich niedergelassen oder ihre Betriebe erweitert haben, stammt aus dem IT-, Telekommunikations- und Software-Sektor. Es folgen 44 Unternehmen, die wirtschaftsnahe Dienstleistungen anbieten. An dritter Stelle steht der Einzelhandel mit 25 Neuansiedlungen bzw. Erweiterungen. Weitere führende Sektoren sind Lifesciences und Biotechnologie mit 21 Unternehmen sowie Energie- und Umwelttechnik mit 17.
Ein herausragendes Beispiel aus den USA sei „Lam Research“, ein Unternehmen, das Reinigungsanlagen für die Halbleiterindustrie herstellt und an die größten Chiphersteller der Welt liefert.
Betriebsansiedlungen aus Europa, Asien und Nordamerika
Laut Tritscher kamen mit 153 die meisten Betriebsansiedelungen und Erweiterungen im vergangenen Jahr aus Westeuropa. Ein Drittel der Unternehmen stammt aus Deutschland. Dies sei nicht überraschend, da Österreich eng mit Deutschland verflochten ist. Innerhalb Europas bleibe der deutsche Nachbar trotz seiner aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen der wichtigste Herkunftsmarkt für Betriebsansiedlungen.
Dennoch habe die ABA auch gezielt Unternehmen aus Asien (30), Lateinamerika (5) und Nordamerika (15) erfolgreich angesprochen. Dies habe zu einer „erfreulichen Diversifizierung“ geführt. Asien habe sich dabei als zweitwichtigste Quelle internationaler Unternehmen etabliert. Ausländische Startups würden sich vor allem aus der Schweiz, Italien sowie dem Mittel- und Osteuropa in Österreich niederlassen. Dem ABA-CEO nach zeige diese Entwicklung, dass sich Österreich als attraktiver Standort für Unternehmensgründungen und -erweiterungen etabliert hat.
„Andere Länder hatten Einbrüche von bis zu 20 Prozent“
Zwar fielen die Investitionssummen sowohl 2022 als auch 2023 insgesamt höher aus – 2023 waren es 1,372 Milliarden Euro, die von internationalen Unternehmen in den Standort investiert wurden, aber daran könne man sich laut APA-Chef aktuell nicht messen.
“Wenn man sich die Foreign-Direct-Investment-Ströme anschaut, haben andere Länder Einbrüche von bis zu 20 Prozent gehabt“, so Tritscher. Österreichs Wettbewerbsfähigkeit hänge stark von internationalen Beziehungen ab, besonders von Deutschland, das aktuell schwächelt. Trotz eines schwierigen Umfelds mit rückläufigen Exporten im Euro-Raum schnitt Österreich 2024 mit 309 Betriebsansiedlungen und mehr als 2.000 neue Arbeitsplätze sehr gut ab.
Zwei Schwerpunkte für 2025
Laut Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer liegt der Fokus in diesem Jahr auf Innovation und Produktion, insbesondere in Schlüsseltechnologien wie Life Sciences (Pharma und Biotech), Mikroelektronik (einschließlich Chips und Halbleiter) sowie Umwelttechnologie und Mobilität. Österreich solle als globaler Vorreiter in diesen Bereichen wahrgenommen werden.
„Mein Ziel ist es als Wirtschaftsminister, dass wir Österreich wieder zurückbekommen auf den Wachstumspfad, auf die Überholspur“, so Minister Wolfgang Hattmannsdorfer.
Er lobte die Arbeit der ABA und nannte ihre Performance essenziell für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Er betonte, wie wichtig die Wettbewerbsfähigkeit für Österreich ist. Sie hänge „ganz eng und kausal zusammen mit der internationalen Ausrichtung unserer Republik“. Das Land müsse nicht nur im Export erfolgreich sein, sondern auch in den Bereichen Foreign Investments und Investitionen von ausländischen Unternehmen.
“Paradigmenwechsel hin zum qualifizierten Zuzug“
Der Wirtschaftsminister hob die Gewinnung qualifizierter Fachkräfte als zweiten zentralen Schwerpunkt der ABA hervor. Eine zentrale Maßnahme stehe dabei im Mittelpunkt: das verfügbare Arbeitskräftepotenzial in der Republik zu heben und auf qualifizierten Zuzug zu setzen.
„Österreich kann seinen Wohlstand nur halten, wenn es gelingt, gut ausgebildete Leute zu gewinnen, die bereit sind, zu arbeiten und ihr eigenes Geld zu verdienen – und die vor allem bereit sind, sich zu integrieren. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, weg von der Zuwanderung im Sozialsystem hin zur Zuwanderung in den Arbeitsmarkt von Menschen, die arbeiten wollen“, so der neue Minister in seiner ersten offiziellen Pressekonferenz.
Gezielte Marktfokussierung und Ausbau digitaler Tools
Die ABA spiele laut Hattmannsdorf eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Plans, die Fachkräfteakquise effizient und zielführend zu gestalten. Sie werde ihre erfolgreiche Beratungs- und Akquisearbeit fortsetzen, dabei jedoch auch die Zielmärkte und deren Wirkung kritisch analysieren. Mit dem Ziel, das sich die ABA gesetzt hat, stimmt das Vorhaben überein: Sie möchte das Kompetenzzentrum für ausländische Fachkräfte sein.
Darüber hinaus plant die Standortagentur, 2025 ihre digitalen Tools weiter auszubauen, um mehr Mehrwert für Unternehmen und Fachkräfte zu schaffen. Ende 2024 waren 3.000 internationale Fachkräfte im ‚Talent Hub‘ registriert, einer digitalen Plattform der ABA, die Stellenangebote heimischer Unternehmen mit internationalen Fachkräften verknüpft. Aktuell sind es laut Tritscher mehr als 4.000.