Österreich-Chef im Gespräch

Payment-Dienst Klarna: “Es dauert noch Generationen, bis das Bargeld aus den Köpfen verschwunden ist“

Etwa 50.000 Online-Shops haben Klarna aus Schweden integriert. © Klarna
Etwa 50.000 Online-Shops haben Klarna aus Schweden integriert. © Klarna
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Wenn man in der IT-Branche von einem „Einhorn“ spricht, dann ist ein Unternehmen gemeint, das es auf eine Bewertung durch Investoren von mehr als einer Milliarde US-Dollar geschafft. Meistens fallen dann Namen wie WhatsApp, Snapchat oder Uber, doch auch Europa hat seine Einhörner hervorgebracht. Neben Spotify, DeliveryHero oder Shazam gehört am Alten Kontinent der schwedische Online-Payment-Dienst Klarna zum Club der Einhörner. Bewertet mit 2,25 Mrd. US-Dollar, hat es Klarna in den vergangenen zehn Jahren vom kleinen Start-up zu einem Unternehmen mit 1300 Mitarbeitern gebracht, dessen Software in 50.000 Online-Shops (z.B. Palmers, Jones) integriert ist.

Die Spezialität von Klarna ist der Rechnungskauf. Online-Händler können den Bezahl-Dienst integrieren, und Klarna wickelt den Kauf auf Rechnung für sie ab. „Das ist deswegen für Händler ein interessantes Produkt, weil wir im Hintergrund das ganze Management und Risiko übernehmen und der Händler eine Zahlungsgarantie bekommt“, sagt Christian Renk, Country Manager von Klarna in Österreich. Der Kunde hat 14 Tage Zeit, um zu bezahlen, Klarna macht für den Händler die Vorfinanzierung und bekommt dafür transaktionsabhängige Gebühren plus fixe Transaktionsgebühren. Für den Händler ist das zwar teurer als Zahlungen per Kreditkarte oder Sofortüberweisung, doch weil der Rechnungskauf bei Konsumenten sehr beliebt ist, sollen Online-Shops ihre Conversion-Raten um zehn bis 30 Prozent steigern können.

Bargeld bleibt wichtig

Im Zuge der Verlagerung des Konsumverhaltens ins Internet, wo digital bezahlt wird, ist auch eine große Debatte um die Zukunft des Bargeldes ausgebrochen. Denn: Braucht man in einer Welt, in der man mit Smartphone und Smartwatch überall kontaktlos via NFC bezahlen kann, überhaupt noch Münzen und Scheine? „Wir haben nach wie vor über achtzig Prozent Bargeld-Anteil. Auch wenn wir es natürlich gerne hätten, dass überall nur mehr digital bezahlt wird, das Bargeld wird noch lange nicht verschwinden“, sagt Renk. „Es ist nicht realistisch, dass es in zehn, fünfzehn Jahren kein Bargeld mehr gibt. Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt. Es wird oft das Thema Schwarzgeld ins Feld geführt, aber ich glaube, dass die Menschen einfach gerne anonym zahlen und nicht überall ihre Spuren hinterlassen wollen. Es wird noch Generationen dauern, bis das Bargeld aus den Köpfen verschwunden ist.“

Christian Renk, Country Manager von Klarna in Österreich. © Jakob Steinschaden
Christian Renk, Country Manager von Klarna in Österreich. © Jakob Steinschaden

Punkto Mobile Payment ist man bei Klarna überhaupt zurückhaltend. „Die Apple Watch ist vom Bezahlerlebnis sicher einzigartig, aber die Frage ist nur, was sich in der breiten Masse durchsetzen wird“, sagt Renk. NFC als grundlegende Technologie hätte sich durchgesetzt, aber noch sei der Markt sehr stark fragmentiert. PayPal, Apple, Samsung, Google oder Banken wie die Erste Bank (in Kooperation mit Bluecode) bauen alle an ihren eigenen Insellösungen. „Umso fragmentierter der Markt ist, umso weniger wird sich eine Lösung durchsetzen. Was sich im POS-Bereich derzeit so entwickelt, halte ich für kritisch. Da wird sich nur der durchsetzen, der die kundenfreundlichste Lösung hat, der international tätig ist, und der eine Lösung hat, an der nur wenige Player beteiligt sind“, sagt Renk. „Das Ganze muss sich ja auch rechnen. Wenn fünf, sechs Stakeholder in dem Prozess sind, wollen sie natürlich auch alle Geld verdienen. Nationale Lösungen wird es immer geben, aber durchsetzen wird sich nur etwas, was mindestens europaweit verfügbar ist.“

Mehr Möglichkeiten als PayPal

Diese Meinung spiegelt sich auch in der Strategie von Klarna wieder. Der Bezahl-Dienst ist derzeit rein online verfügbar, eine mobile Payment-Lösung für den Point of Sale gibt es nicht. „Klarna ist heute noch wirklich rein online, am Point of Sale gibt es noch keine Möglichkeit zum Bezahlen“, sagt Renk. „Da muss man nicht von Beginn an vorne mit dabei sein.“ Stattdessen hat die schwedische Firma in die USA expandiert und im März mit Klarna Checkout einen Service in Österreich gestartet, der es Online-Händlern erlaubt, neben dem Rechnungskauf auch Ratenkauf, Kreditkarte, Sofortüberweisung und Lastschrift anzubieten. Im Einsatz ist Klarna Checkout etwa bei fintessguru.at oder apotheke.at. „PayPal ist natürlich ein Mitbewerber, aber funktioniert auch anders. Dort hinterlegt man seine Kreditkartendaten oder Bankdaten, während man bei Klarna ein breiteres Portfolio an Bezahlmöglichkeiten hat“, sagt Renk. „Es gibt nicht die eierlegende Wollmichsau, die sowohl für den Händler als auch für den Kunden die beste Lösung ist. Deswegen ist es wichtig, ein breites Bezahl-Portfolio anzubieten.“

Händler treten die Zahlungsforderung an Klarna ab, wenn es zu Zahlungsausfall kommt, übernimmt Klarna das Risiko. Klarna macht deswegen vorgelagerte Bonitätsprüfungen und hat Datenbanken, mit denen festgestellt wird, ob der Kunde für den Rechnungskauf zugelassen wird. Wenn man nach der ersten Registrierung wieder per Klarna bezahlt, dann reicht es, E-Mail-Adresse und Postleitzahl im Online-Shop anzugeben. Sollte ein Unbefugter diese Daten angeben, dann würde Klarna den Schaden übernehmen. Mit der Überprüfung, von welchem Gerät und welcher IP-Adresse eine Bestellung vorgenommen wird, wird aber versucht, ungewöhnliche Eingaben zu erkennen. Das große Ziel ist jedenfalls, dem Konsumenten ein Nutzungserlebnis zu bieten, bei dem man auf Smartphones oder Tablets mit einem Klick und ohne weitere Datenangaben eine Zahlung abschließen kann.

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