Paysafe: „Ein IPO an der New Yorker Börse ist der erfreuliche Lohn für die geleistete Arbeit“
Vor etwas mehr als 20 Jahren ist in Österreich ein damals kleines Startup gegründet worden, das heute den Namen und das Herz einem in New York börsennotierten Unternehmen gegeben hat: paysafecard. Udo Müller gründete damals im Dotcon-Boom gemeinsam mit Armin Sageder, Michael Müller und Michael Altrichter (heute bekannter Business Angel und Startup-Beauftragter der Bundesregierung) eine Firma, die das Bezahlen im Internet revolutionieren wollte.
Heute, im Jahr 2021, kann Müller auf eine bewegte Unternehmensgeschichte zurückblicken. Während die Aktie der Firma Paysafe Group unter dem Ticker-Symbol „PSFE“ an der New York Stock Exchange (NYSE) gehandelt wird, arbeiten in Wien etwa 250 Mitarbeiter am eCash-Geschäftszweig, einem der Kernprodukte der internationalen Firmengruppe.
Im großen Interview mit Trending Topics spricht, CEO von paysafecard, über den Weg an die Börse, über das gestiegene Transaktionsvolumen und darüber, warum Bitcoin eine Bereicherung für den Fintech-Markt ist.
Trending Topics: Paysafe Limited ist vor Kurzem an die Börse gegangen. Wie ist die Tochter paysafecard, die ja von Wien aus operiert, in die Gruppe integriert?
Udo Müller: paysafecard wurde 2000 in Österreich mit der Idee gegründet, Bargeld online zu bringen. 2013 wurde paysafecard von Skrill übernommen und dann 2015 als Teil von Skrill von Optimal Payments akquiriert, welches in Folge als Paysafe neu gebrandet wurde. paysafecard, der eCash-Spezialist der Paysafe Limited, ist eine 100%-Tochter der Konzernmutter und neben Digital Wallets, mit Skrill und Neteller, und Payment Processing, eine von drei Business Units, welche im Jahr 2020 ca. 23% des Umsatzes repräsentierte.
Sie haben paysafecard 2000 gemeinsam mit Armin Sageder, Michael Müller und Michael Altrichter gegründet. Hätten Sie damals jemals gedacht, dass paysafecard einmal Teil eines großen IPOs sein wird?
Ich war von Anfang an mit dabei im Unternehmen. Es war unser Traum, das Bezahlen im Internet zu revolutionieren. Wir haben damals unternehmerisch gedacht und immer fest an unser Leistungsversprechen sowie an das Gesamtangebot von paysafecard geglaubt. Dabei stand nachhaltiges Wachstum und kundenorientierte Produktentwicklung für uns immer im Mittelpunkt. Ein IPO mit Paysafe an der New Yorker Börse ist sozusagen der sehr erfreuliche Lohn für die geleistete Arbeit.
Mit welchem Produkt ist paysafecard damals gestartet, und wie hat es sich in den letzten 20 Jahren verändert?
Wir sind von Anfang an mit einer digitalen Bezahllösung unter dem gleichen Namen paysafecard angetreten. Die bestechend einfache Produktidee: Man erwirbt eine paysafecard bei einer Verkaufsstelle und bezahlt durch Eingabe eines aufgedruckten 16-stelligen Codes im Webshop. Die physische Karte hat sich dann schnell in einen Bon-Ausdruck, einem sogenannten E-Voucher, weiterentwickelt. Unser Ziel war es immer, aufbauend auf dem Hauptprodukt paysafecard laufend zusätzliche Features zu entwickeln, um noch mehr Kundennutzen für Endkunden und Merchants bieten zu können. Aufgrund dieser Innovationen und Anpassungen an die Anforderungen des Marktes ist es uns inzwischen möglich mit den wirklichen Größen im digitalen Sektor zu kooperieren und neue Kundensegmente für Amazon, Google Play, Sony PlayStation, Microsoft Store und Spotify durch unsere Zahlungslösungen zu erschließen.
Beispiele für unsere Innovationen sind die paysafecard Mastercard, mit der man überall dort bezahlen kann wo Mastercard akzeptiert wird, und unser Online-Zahlungskonto my paysafecard, womit erworbene Voucher in einem persönlichen Konto verwaltet werden können. Die größte Produktinnovation kam 2018 mit dem neuen Produkt Paysafecash. Paysafecash ist ebenfalls eine bargeld-basierte Zahlungsform, bei der man eine Transaktion online abwickelt und dann den offenen Betrag mit Hilfe eines Barcodes den man auf das Handy bekommt, in einer Partnerfiliale bezahlt. Damit kann man zB sein Amazon Guthaben aufladen oder Bargeld auf ein digitales Bankkonto einzahlen. Die Anwendungsbereiche für Paysafecash sind vielfältig und wir sind sehr zuversichtlich, was die Zukunft dieses Produkts und den Nutzen für den Konsumenten betrifft.
Welche Rolle spielt Wien als Standort für zukünftige Pläne? Wird hier ausgebaut werden? Immerhin werden von hier aus mittlerweile etwa 50 Märkte, von Moldawien bis Mexiko, betreut.
Wien ist der Hauptsitz für unseren eCash-Geschäftszweig mit ca. 250 Mitarbeitern. Wir betreuen unsere Märkte von Wien aus und steuern auch unsere Produktinnovationen von hier, wobei der Zugang zum digitalen Markplatz und der Nutzen für den Kunden immer im Fokus stehen.
2018 erreichte paysafecard ein Transaktionsvolumen von über 3 Milliarden Euro. Wie viel war es 2020?
2020 erreichte paysafecard ein Transaktionsvolumen von 4 Milliarden Euro. Wir haben in etwa 13 Millionen aktive Kunden und unser Produkt ist in 650.000 Vertriebsstellen in 50 Ländern erhältlich.
Es gibt mittlerweile so viele verschiedene Online-Zahlungsmöglichkeiten – was ist da die Stärke von paysafecard gegenüber anderen Wegen? Welche Nutzer spricht es an?
Die Stärke von paysafecard liegt in der Sicherheit, in der einfachen Anwendung und in der jahrzehntelangen Präsenz am Markt. Viele Menschen wollen aus nachvollziehbaren Sicherheitsbedenken keine Finanzdaten wie Konto- oder Kreditkartennummer im Internet weitergeben, und erstaunlich viele können es nicht, weil sie über keines dieser Instrumente verfügen. All diese Menschen sind vom digitalen Marktplatz ebenso ausgeschlossen wie von Online-Unterhaltungsangeboten. Für sie ist paysafecard eine bequeme und sichere Form, Einkäufe jeder Art im Internet zu bezahlen. In den Bereichen Games, Social Media und Communities oder Musik, Film und Entertainment hat sich die paysafecard besonders durchgesetzt. Unsere Paysafecash-Lösung wiederum ist besonders stark als Bargeldlösung für Leute mit digitalen Bankkonten, die hiermit eine Möglichkeit haben Bargeld auf ihre digitalen Konten einzuzahlen.
Einer der Vorzüge von paysafecard ist, dass Nutzer weder Kreditkarte noch Konto brauchen, um im Netz zu zahlen. Ist die Möglichkeit, anonym zahlen zu können, der Hauptnutzen?
Ein wesentlicher Nutzen besteht sicher darin, dass man mit paysafecard und Paysafecash keine Finanzdaten aus der Hand gibt und mit der Prepaid Methode auch eine zusätzliche Kostenkontrolle erhält, sodass man den Überblick über die Ausgaben nicht so leicht verliert. Wir haben Umfragen, die belegen, dass viele Menschen bei der Eingabe von Kreditkartennummern oder Kontodaten im Internet großes Unwohlsein empfinden, und dass mindestens ebenso viele deshalb überhaupt den digitalen Marktplatz meiden. Das bringt ihnen oft Nachteile, und es bedeutet für die digitalen Händler den Wegfall einer wesentlichen Zielgruppe. Wir sehen unsere eCash-Zahlungslösungen paysafecard und Paysafecash somit als Nutzen für beide Seiten, nicht zuletzt auch, weil der Konsument das Zahlungsmittel ohne Kosten nutzen kann. Es ist somit tatsächlich „Bargeld im Internet“.
Bitcoin und Blockchain ist aus Fintech heute nicht mehr wegzudenken. Was denken Sie – wird das den digitalen Zahlungsverkehr revolutionieren, oder wird das im Investment- und Spekulationsbereich bleiben? Stellt Bitcoin einen immer stärker werdenden Mitbewerber dar?
Wir sehen in Bitcoin einfach eine zusätzliche, innovative Lösung, die den Fintech-Bereich stärkt und vergrößert. Der Einfluss auf den digitalen Zahlungsverkehr hat zugenommen, aber wie eine Paysafe-Studie auf die Auswirkungen der COVID-Pandemie zeigte, halten ca. die Hälfte der Österreicher Bargeld nach wie vor für das sicherste Zahlungsmittel, was sich auch global bestätigt. Gleichzeitig hat sich mit der Pandemie aber die Wichtigkeit des online Shoppens verstärkt.
Unsere Studie zeigte auch, dass 32% der Österreicher wegen der Corona-Krise deutlich mehr im Internet einkauften und knapp 10% überhaupt das erste Mal online Shopping betrieben haben. Unsere eCash Lösungen sind dafür ideal geeignet, da sie es ermöglichen, Bargeld online zu bringen und optimale Sicherheit bieten.
Wenn Sie sich den europäischen Markt für Fintech heute ansehen – welche neuen Bereiche finden Sie am spannendsten?
Der Einfluss von künstlicher Intelligenz auf den Fintech-Sektor wird aus meiner Sicht heute noch unterschätzt. Ich denke, dass es hier noch zu großen Innovationen kommen wird, die unser Verständnis von Bezahlen und finanziellen Transaktionen – bis hin zum Alltag in Bank und Banking – noch entscheidend revolutionieren werden.
Wenn Sie noch einmal gründen würden – welches Problem wäre es, für das Sie eine Lösung bauen würden?
Ehrlich gesagt würde ich mich wieder für den Fintech-Sektor entscheiden, denn nachhaltige Bezahlungslösungen für Kunden zu entwickeln, welche konkrete Lösungen für ihre Bedürfnisse und Wünsche bieten, finde ich einfach spannend. Ansonsten würden mich auch Umweltthemen interessieren wie z.B. eine nachhaltige Energiepolitik und innovative Lösungen für die Stromversorgung.