Der große Trending Topics Guide zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Jahres 2018
Geniale Geschäftsideen, schlaue Wachstumsstrategien und gute Rahmenbedingungen – das sind die Zutaten eines wie geschmiert laufenden Startup-Ökosystems. All das wäre aber undenkbar ohne Querdenker, Geldgeber, Strategen und Macher, die mit Leidenschaft bei der Sache sind.
Auch heuer sind uns eine ganze Reihe an Persönlichkeiten besonders aufgefallen, die die Startup-Szene in neuen Rollen bzw. mit besonders viel Engagement vorangetrieben haben.
Sofie Quidenus-Wahlforss
Sofie Quidenus-Wahlforss hat heuer mit einem der Comebacks des Jahres überrascht. Die 36-Jährige hat mit der Qidenus Technologies GmbH eine Firma aufgebaut, die sich auf das halbautomatische Scannen von Büchern mit Hilfe von Robotern spezialisiert hat. Ihr Unternehmen befindet sich zwar zur Zeit in einem Sanierungsverfahren. Aber Quidenus-Wahlforss hat gemeinsam mit anderen Gründern bereits ein neues Startup hochgezogen: das InsureTech omni:us. In Berlin. Und damit heuer ein fettes Investment über 22,5 Millionen US-Dollar (19,75 Mio. Euro) eingefahren (Trending Topics berichtete).
Margarete Schramböck
Ob die seit einem Jahr neue Regierung Startup-freundliche Politik macht oder nicht – darüber scheiden sich in der Szene die Geister. Der ersten Wirtschaftsministerin des Landes kann man aber nicht absprechen, den Sorgen der österreichischen Gründerszene ein offenes Ohr zu schenken. Margarete Schramböck veranstaltet regelmäßig ein Startup-Frühstück, bei dem im kleinen Rahmen Themen wie Rot-Weiß-Rot-Karte, Steuererleichterungen, Gesellschaftsformen oder „Regulatory Sandboxes“ diskutiert werden. Die Wirtschaftsministerin ist eine Zuhörerin mit einem Sinn für Details. Selbst dem Wunsch aus der Startup-Szene, eine Direktflug ins Silicon Valley zu haben, ist sie nachgegangen und hat das Thema zumindest mehrfach bei der Austrian Airlines deponiert, wie sie beim letzten Startup-Frühstück schmunzelnd anmerkte.
Maximilian Tayenthal & Valentin Stalf
Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf sind Österreichs liebste Exil-Gründer. Ihr Startup N26 muss oft für das Narrativ der aufgrund schlechter Rahmenbedingungen ausgewanderten Unicorn-Chancen Österreichs herhalten. Mit viel Stolz wird N26 aber mitunter sogar als “österreichisches Startup” bezeichnet, das halt in Berlin gegründet wurde. Tatsächlich war die Entwicklung der deutschen Jung-Bank im vergangenen Jahr beeindruckend. Im März holte sich das 2013 gegründete Jungunternehmen 160 Millionen Dollar Risikokapital aus China (Trending Topics berichtete). In nur einem halben Jahr hat sich die Nutzerzahl auf zwei Millionen gesteigert (Trending Topics berichtete). N26 ist in 22 Märkten aktiv und hat mehr als 550 Mitarbeiter.
Lukas Püspök
Lukas Püspök, der mit der Püspök Group eines der größten Windenergieunternehmen des Landes leitet, ist heuer zum “Business Angel des Jahres” gewählt worden. Der 39-jährige Wiener hat sich mit Push Ventures einen guten Ruf in der österreichischen Investorenszene und ein spannendes Portfolio aufgebaut. Bei mySugr war Push Ventures ebenso an Bord wie bei Hitbox – beide Startups sind mittlerweile verkauft worden. Im Portfolio befinden sich derzeit etwa Mimo, myClubs, Anyline, LineMetrics oder Tripmakery. Gemeinsam mit Laurenz Simbruner (der übrigens mit einer Vorhangstange bei „2 Minuten 2 Millionen“ auftrat) will Püspök Push Ventures in den kommenden Jahren vergrößern.
Andreas Tschas
Mit “Just Fucking Do It” hat Andreas Tschas jahrelang die österreichische Startup-Szene mitgeprägt. Gemeint ist nicht seine Lebenseinstellung, sondern das Unternehmen hinter dem “Pioneers Festival”, das sich schnell zu einer der wichtigsten Großveranstaltungen der heimischen Szene entwickelt hatte. “JFDI” ist für Tschas Geschichte, er hat sich schon vergangenes Jahr als Pioneers-CEO zurückgezogen und ist zu TTTech gewechselt. Und heuer wurde Pioneers Teil der schnell wachsenden Familie der Linzer Startup300. Um Tschas war es ein wenig still geworden, bevor im September die überraschenden News publik wurden: Der ehemalige Pioneers-Gründer wird Beamter. Die Digitalisierungsagentur des Bundes (DIA), die er leiten wird, ist bei der FFG angesiedelt und soll sich unter anderem um eine raschere Verbreitung neuer Technologien bei kleineren und mittleren Unternehmen kümmern (Trending Topics berichtete).
Eric Steinberger
Die Startup-Szene liebt junge Genies. Während die Top 100 der 2018 meistgelesenen Artikel auf Trending Topics von Krypto-Themen und Amabrush bestimmt wird, hat es auch ein 19-Jähriger in der Statistik weit nach oben geschafft: Eric Steinberger. Das Ausnahmetalent hat heuer in Wien maturiert, seine wissenschaftliche Karriere begann aber lange vor dem Schulabschluss. Bereits mit 15 hat er begonnen, mit Hilfe von Online-Kursen des MIT (Massachusetts Institute of Technology) Mathematik und Physik zu studieren. Seit November 2017 ist er Research Intern an der TU Wien und erforscht dort, wie Kryptowährungen wie IOTA in der M2M-Ökonomie funktionieren können.
Mehr zu Eric Steinbergers ungewöhnlicher Geschichte
Shermin Voshmgir & Alfred Taudes
Wien mag auf regulatorischer Seite nicht ganz so Krypto-freundlich sein wie die Schweizer Stadt Zug, das den Beinamen “Crypto Valley” trägt. Was die Blockchain-Forschung angeht, spielt die österreichische Hauptstadt allerdings in Europa ganz vorne mit. Zu verdanken ist das Shermin Voshmgir und Alfred Taudes. Die WU-Lektorin hat bereits in Berlin den Blockchain Hub gegründet und aufgebaut, eine Institution, die weltweit und interdisziplinär die Entwicklung der Blockchain-Technologie vorantreibt. Für das Forschungsinstitut für Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien ist sie in ihre Geburtsstadt zurückgekehrt. Sie hat die Leitung gemeinsam mit dem WU-Forscher Alfred Taudes übernommen. Seit November ist klar, dass Krypto an der WU noch viel größer wird. Mit dem Austrian Blockchain Center (ABC) entsteht unter der Führung von Taudes sogar eines der größten Blockchain-Forschungszentren der Welt (Trending Topics berichtete).
Alfred Taudes im Video-Interview
Katharina Schneider
Katharina Schneider kannte bis Ende Jänner kaum jemand in der Startup-Szene. Die erste Folge der fünften Staffel “2 Minuten 2 Millionen” war ihr erster großer Auftritt in der Öffentlichkeit. Dort hat sie Marie-Helene Ametsreiter von Speedinvest als TV-Investorin beerbt und schräge bis nützliche Produkte für das Teleshopping-Unternehmen Mediashop gescoutet. Sie investierte in stützende Beine für Blumentöpfe, Strahlungs-hemmende Matratzen-Auflagen, Vorhangstangen (siehe oben) oder Karton-Spielzeug und natürlich in ihr Image als bodenständige, sympathische Startup-Förderin.
Katharina Schneider im Interview
Florian Gschwandtner
Florian Gschwandtner muss man in der Startup-Szene und vermutlich darüber hinaus niemandem mehr vorstellen. “Mister Runtastic” hat heuer gleich mehrfach für Aufmerksamkeit gesorgt. Einmal mit seinem Buch “So läuft Startup”, dann mit seinem auf den Erscheinungstermin abgestimmten Abschied von Runtastic. Welchen Aufgaben er sich nun widmen wird, das weiß er selbst noch nicht, betont er. Jedenfalls muss die Startup-Szene in nächster Zeit nicht auf den sportlichen Gründer verzichten – er gesellt sich nämlich zu den TV-Investoren von “2 Minuten 2 Millionen”, wo er mit der kommenden sechsten Staffel den Platz von Michael Altrichter einnimmt.
Florian Gschwandtner im Video-Interview
Trevor Traina
Mit Trevor Traina hat heuer ein Serial-Entrepreneur und Trump-Unterstützer aus Kalifornien die US-Botschaft in Wien bezogen. Seine erste Firma, das Preisvergleichs-Portal CompareNet, hat er zwei Jahre nach der Gründung 1999 an Microsoft verkauft. 2012 gründete Traina seine jüngste Firma, IfOnly.com – ein Portal, über das Erlebnisse gebucht werden können, deren Erlös teilweise in gute Zwecke fließt. IfOnly hat erst heuer in einer Series-D-Runde unter dem Lead von Mastercard 20 Millionen Dollar Kapital aufgenommen. Traina hat für seinen Posten als US-Botschafter in Österreich den Chefsessel bei IfOnly geräumt und an seinen CMO abgegeben. Der Unternehmer kennt die Botschaft in Wien noch aus seiner Kindheit, als er seinen Großvater, den damaligen US-Botschafter Wiley Buchanan, hier besuchte.
Bernhard Lehner & Michael Eisler
Es war wohl eine der bemerkenswertesten Shopping-Touren im österreichischen Startup-Ökosystem. Bernhard Lehner und Michael Eisler haben ihr Investoren-Netzwerk Startup300 heuer um JFDI, die Firma hinter dem Wiener Pioneers Festival (siehe oben), und um den Crowdinvesting-Pionier Conda erweitert und dafür Millionen investiert. Bereits im Frühjahr wurde außerdem eine 25-Prozent-Beteiligung an dem Accelerator Startup Live bekannt, die durch die Übernahmen auf 75 Prozent gewachsen ist, dicht gefolgt von einer kleineren Beteiligung an dem Wiener Coworking-Space Talent Garden. Damit aber nicht genug: Das Lehner und Eisler haben auch ihre starke Präsenz in der Linzer Tabakfabrik massiv ausgebaut und kommendes Jahr folgt der nächste große Wachstumsschritt mit einem Börselisting.
Bernhard Lehner und Michael Eisler im Interview
Christine Antlanger-Winter
Monatelang war der Posten vakant, doch seit November hat das Wiener Büro des Internet-Giganten Google eine neue Leiterin: Christine Antlanger-Winter folgt auf Markus Kienberger, der Google Österreich bereits im März verlassen hatte. Mit der 38-Jährigen übernimmt eine Frau die Führung, die langjährige Erfahrung in der Digital-Medien- und Werbe-Branche in Googles Advertising-Wettkampf mit Facebook einbringt. Antlanger-Winter war Chefin der Medienagentur Mindshare, Präsidentin des Interactive Advertising Bureau (IAB) Österreich, Vorstandsmitglied des österreichischen Werberats und Generalsekretärin der International Advertising Association (IAA).
Elon Musk
Tesla-Gründer Elon Musk hat heuer bei der Zuneigung der Aktionäre eine Achterbahnfahrt hingelegt – in Österreich ist er aber nach wie vor für einige Entrepreneure Vorbild (siehe unsere nicht repräsentative Umfrage auf der größten Startup-Party des Jahres). Musk hat vor der Kamera gekifft, sich an sein Auto gelehnt für bankrott erklärt, und seine eigene Fabrik als „Produktions-Hölle“ bezeichnet. Wir haben ihn trotzdem lieb.
Herbert Gartner
Herbert Gartner ist mit seiner Beteiligungsgesellschaft eQventure gemessen an Deals und Volumen heuer der umtriebigste Startup-Investor Österreichs gewesen. Beinahe täglich trudelten gegen Jahresende die Investmentmeldungen herein: eine Million Euro für Abacus, 17,7 Millionen Euro für USound, drei Millionen Euro für eyeson, eine Million Euro für App Radar, 3,7 Millionen Euro für Stirtec und eine Million Euro für ilvi. Und einen Exit durfte Gartner heuer auch feiern: Nextsense ging um eine hohe zweistellige Millionensumme an den schwedischen Konzern Hexagon.
Gartner war Mitgründer der 2011 verkauften Firma SensorDynamics – bei dem Exit hat er gutes Geld gemacht, dass er jetzt als Business Angel in die Startup- und Tech-Szene Österreichs zurückfließen lässt. „Wir sind kein Fonds, sondern ein Investment Club für erfolgreiche Unternehmer und Angel Investoren, die Deal-by-Deal ihre Entscheidungen treffen und ihre Investments über eQventure treuhändig bündeln“, sagte er in einem seiner seltenen Interviews zu Trending Topics über eQventure.