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Photovoltaik im Spagat zwischen Fachkräftemangel und ausländischen Herstellern

Die Nachfrage nach Photovoltaikmodulen ist groß. © Thierry Grun / Alamy
Die Nachfrage nach Photovoltaikmodulen ist groß. © Thierry Grun / Alamy
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Bei vielen Österreicher:innen, die gerade ihre Nachzahlungen oder Vorauszahlungen ihrer Energieanbieter zugeschickt bekommen, ist der Ärger groß. Denn laut E-Control erhöhten die Energieanbieter im Frühjahr allein den Strompreis um bis zu 55 Prozent. Währenddessen zeigt der Ukraine-Krieg auf, wie abhängig Europa von fossilen Energieträgern aus Russland ist (wir berichteten). Viele Österreicher:innen wollen dabei auf Erneuerbare Energien setzen, wie die aktuelle Erhebung des jährlichen Stimmungsbarometers der Universität Klagenfurt, WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie zeigt. Besonders beliebt: Photovoltaik. 74 Prozent der Befragten stimmen dem weiteren Ausbau von dach- oder fassadenintegrierten Photovoltaikanlagen zu. Ein Fünftel gab an, dass auf dem eigenen Haus die Installation einer oder einer weiteren Photovoltaikanlage geplant ist.

Über 90 Prozent der PV-Module kommen aus Asien

Dass die Nachfrage enorm ist, weiß auch Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Photovoltaik Austria. Die Anfragen seien im Vergleich zum letzten Jahr um das Fünffache gestiegen. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass es in den letzten Jahren aufgrund der Corona-Pandemie immer wieder zu Verzögerungen in der Lieferkette gekommen ist. Die meisten Photovoltaik-Module werden aktuell nämlich in Asien produziert.

Laut der International Energy Agency wurden 2019 über 90 Prozent der Module in Ländern wie China, Malaysien, Vietnam, Taiwan und Südkorea produziert. Immer wieder kommt es dabei zu menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. So sollen in China laut der britischen Sheffield Hallam University etwa Uigur:innen zur Zwangsarbeit in der PV-Herstellung eingesetzt worden sein.

PV-Produktion in China (hellblau), Malaysien (dunkelblau), Vietnam (hellgrün), Taiwan (dunkelgrün) und Südkorea gelb. © IEA
PV-Produktion (in Gigawatt) in China (hellblau), Malaysien (dunkelblau), Vietnam (hellgrün), Taiwan (dunkelgrün) und Südkorea gelb. © IEA

Abhängig durch Photovoltaik-Produzenten?

Schlittert Europa hier von einer Abhängigkeit von Russland hin zu einer Abhängigkeit von Asien? Immitzer sieht das nicht. Viele Photovoltaik-Produzenten hätten ihre europäische Produktion aufgrund der Lieferengpässe wieder ausgebaut, an PV-Modulen (aus Asien) mangle es in Österreich außerdem nicht.

Das bestätigt auch Cornelia Daniel vom Full-Service-Anbieter dachgold. Mit ihrem Errichtungspartner 10hoch4 berät sie Haushalte und Unternehmen zum Thema Photovoltaikanlage. „Durch den strategisch guten Einkauf von 10hoch4 sind wir meistens gut versorgt. Wichtig ist vor allem schnell die Bestellungen zu machen, dann können wir auch alles rechtzeitig einkaufen“, meint Daniel. Preislich wirke sich die hohe Nachfrage zwar auch aus, im Vergleich zu fossilen Energiekosten sei es aber immer noch günstig. „Während der Strompreis von auf 20-40 Cent (pro kWh) gestiegen ist, sind die Produktionskosten von Solarenergie trotz der Preissteigerungen von 4 Cent auf 5 Cent (pro kWh) gestiegen.“

Auch der europäische Branchenverband Solarpower Europe ist zuversichtlich, was die Produktion in Europa angeht. Bis 2025 sollen insgesamt 20 Gigawatt Jahreskapazität an Photovoltaik-Produktionen in Europa neu entstehen. Das entspricht der rund zehnfachen PV-Leistung, die im Jahr 2020 in Österreich erreicht wurden – bereits verbaute Module mit eingerechnet. Die in Europa installierte Gesamtleistung, die 2020 bei etwa 140 Gigawatt lag, soll nun laut den ambitionierten Zielen von Solarpower Europe bis 2030 auf 1.000 Gigawatt erhöht werden. Das ist deutlich mehr, als mit europäischer PV-Modul-Produktion erreicht werden kann, Importe aus Asien werden hier weiterhin eine große Rolle spielen.

Personalmangel bei den PV-Anlagenbauern

Vorerst mangelt es jedoch noch am Personal. „Wir suchen Mitarbeiter“ liest man als erstes, wenn man auf die Homepage des PV-Anlagenbauer 10hoch4 vorbeischaut. Laut eigenen Angaben gehört die Firma mit 100 Mitarbeitenden zu den erfolgreichsten Anlageerrichtern in Österreich, und sie wollen weiter expandieren. Dazu suchen sie Elektriker:innen, Monteur:innen, Planer:innen oder Baustellen-Leiter:innen und zahlen deutlich über Kollektivvertrag. „Es ist die ideale Branche, um Personalabbau in anderen Branchen aufzufangen. Wir haben ehemalige Köche, Mechaniker und vor allem viele Mütter und Väter mit Betreuungspflichten im Team“, verrät Daniel.

Es seien „hausgemachte Probleme durch die Politik“, die laut Immitzer von Photovoltaik Austria den Ausbau an Photovoltaikanlagen einschränken. Eine Ausbildungsoffensive habe man verschlafen, in der Branche herrsche massiver Fachkräftemangel. Die Auftragsbücher der Betriebe seien für 2022 fast voll, Wartezeiten von über einem Jahr keine Seltenheit. Dabei müsse man „keine jahrelange Ausbildung haben, um im Photovoltaikbereich zu arbeiten“, so Daniel. „Sobald das EAG (Erneuerbaren Ausbau Gesetz) eingefahren ist, hoffen wir, dass die Jahresmengen besser prognostizierbar sind und dadurch auch die Unternehmen ihre Kapazitäten an die Nachfrage anpassen können.“

Ziele und verbaute PV-Anlagen in Österreich. © PV Austria
Ziele und verbaute PV-Anlagen in Österreich. © PV Austria

Politische Stolpersteine für Photovoltaik-Anlagen

Sollte der Mangel an Facharbeiter:innen überwunden und genügend Module vorhanden sein, gibt es jedoch noch die Hürde der Zonen-Planung. Das zeigt sich am Beispiel Niederösterreich. Das Bundesland hat das größte Solar-Potenzial aller österreichischen Bundesländer aut der Österreichischer Energieagentur mit bis zu 12 TWh.

Derzeit braucht es aber in Niederösterreich für Photovoltaikanlagen ab 1.200 Quadratmetern an Fläche eine Genehmigung (wir berichteten). Diese Grenze soll aber per Gesetzes-Novelle nach oben gesetzt werden, sodass es weniger Genehmigungen braucht. Die neue Grenze ist noch unklar, die Novelle solle aber noch „vor dem Sommer“ präsentiert werden. Darin gehe es auch vor allem um „Deregulierung und Entbürokratisierung“, damit Photovoltaik-Anlagen schneller umgesetzt werden können, so die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Bis 2030 wolle man die Leistung aus Photovoltaik nämlich verzehnfachen, wie die Landeshauptfrau Mikl-Leitner in einer Aussendung versicherte.

Die Frage ist natürlich auch, wer diese Photovoltaik-Anlagen umsetzen soll, denn so bald dürfte sich der Fachkräftemangel in der Photovoltaik-Branche nicht lösen. Für Cornelia Daniel von dachgold ist Solarenergie dennoch eine der großen Säulen der Energiewende. Dennoch sei Diversitfizierung ausschlaggebend: „Die Sonne scheint 30 Prozent des Jahres, nur im Team mit Wind, Wasser und Biomasse können die Ziele erreicht werden. Es gibt hier kein Entweder-Oder bei den Erneuerbaren, sondern nur ein Und.“

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