Interview

Pioneers: „Die große Veränderung wird nächstes Jahr passieren“

Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Sebastian Kreuzberger
Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Sebastian Kreuzberger
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Wikipedia-Mitgründer Larry Sanger, NASA-CIO Omar Hatmaleh, Runtastic-Mitgründer Florian Gschwandtner – und natürlich jede Menge Startups: Am 9. und 10. Mai wird die Startup-Konferenz Pioneers zum achten Mal stattfinden und wie jedes Jahr hunderte Jungfirmen und deren Gründer in die Hofburg locken. 550 ausgewählte Startups werden wieder mit Gratis-Tickets versorgt, insgesamt 2.500 Besucher werden an den beiden Tagen erwartet. Thematisch will der Event unter dem Motto „Walk the Talks“ und vom Beginn bis zum Ende des Lebens führen.

Doch Pioneers will nicht einfach nur als Event-Veranstalter wahrgenommen werden. Spätestens nach der Übernahme durch startup300 im Vorjahr (Trending Topics berichtete) wird das Ökosystem weiter ausgebaut. Im Interview spricht Pioneers-CEO Oliver Csendes über die Zukunftspläne seiner Firma, über den neuen Österreich-Schwerpunkt am Festival und über weitere Verticals, die Pioneers besetzen könnte.

Trending Topics: Als Besucher des Pioneers – was kann man sich dieses Jahr von der Veranstaltung erwarten?

Oliver Csendes: Man kann sich die 550 spannendsten und Erfolg versprechendsten Startups erwarten, die in einem langen Prozess von uns ausgewählt wurden. Man muss ja wissen: Startups können keine Tickets bei uns erwerben, sondern bewerben sich bei uns, werden von uns und unseren Partnern ausgewählt, und die besten 500 frühphasigen und die besten 50 in der Wachstumsphase befindlichen Startups bekommen dann jeweils 2 Tickets und dürfen zu Pioneers kommen.

Gleichzeitig darf man sehr viele Innovatoren und Entscheidungsträger der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft erwarten, die eine aktive Rolle bei der digitalen Transformation spielen wollen. Die haben verstanden, dass sich unser Umfeld so rasant verändert, dass große Organisationen nicht immer mithalten können, deswegen auf Kollaborationen angewiesen sind und Open-Innovation-Initiativen umsetzen wollen. Diese werden bei Pioneers sein, um zukünftige Kollaborationen zu starten.

Was können sich teilnehmende Startups erhoffen? Die Vernetzung mit Investoren, oder steht die Vernetzung mit Corporates im Vordergrund?

Es ist beides. Corporates können ja auch Investoren sein, können Türöffner sein, können Infrastruktur zur Verfügung stellen. Investoren sind auch nicht nur wegen ihres Geldes interessante Partner, sondern öffnen ihre Netzwerke, machen Business Development, unterstützen Gründer dabei, die Schwierigkeiten eines skalierenden Unternehmens besser zu meistern.

Im Vordergrund steht für die Startups sicherlich, auf der großen Bühne des Pioneers pitchen zu dürfen, um dort eine gewisse Aufmerksamkeit der Medien und der Investoren auf sich zu ziehen. Gleichzeitig kommen viele, um sich mit Unternehmen auszutauschen, mit denen sie gerne zusammenarbeiten würden. Das ermöglichen wir ihnen durch unser “Match & Meet”-Tool, mit dem man sich auf das Event vorbereiten kann – auch den Investoren, damit sie nicht von jedem belagert werden, sondern damit sie geplante Gespräche führen können.

Uns ist wichtig, dass das Event nachwirkt. Das Ergebnis sollte heißen: Jetzt weiß ich, an wen ich mich wenden kann, jetzt weiß ich, mit wem ich mein nächstes Projekt angehen möchte, jetzt weiß ich, mit wem ich Innovation vorantreiben kann.

Pioneers hat dieses Jahr einen Österreich-Schwerpunkt. Warum hat man sich dazu entschlossen?

Kleine Korrektur: Das Event hat keinen Österreich-Schwerpunkt an sich, aber es gibt am zweiten Tag einen Österreich-Schwerpunkt. Die Internationalität leidet nicht darunter, wir erwarten nach wie vor über 70 Prozent der Startups und Teilnehmer aus dem Ausland. Wir haben uns dazu entschlossen, einen Österreich-Schwerpunkt zu machen, weil wir die Rückmeldungen in den letzten Jahren bekommen haben, dass das Pioneers ein bisschen droht, sich vom Kern des österreichischen Ökosystems zu entfernen. Da wollten wir sichergehen, dass wir als die Plattform von allen gesehen werden und allen, die da sind Sichtbarkeit bieten.

Wir haben in Österreich außerdem sehr schöne Erfolgsstorys, und diese Erfahrungen wollen wir untereinander teilen. Wichtig ist: Pioneers ist und bleibt international, aber wir sehen eine immer bessere Qualität der österreichischen Startups.

2018 ist Pioneers von startup300 übernommen worden. Was hat sich dadurch bei Pioneers geändert, und welchen Einfluss hat startup300 auf das jetzige und zukünftige Geschäft von Pioneers?

Wir konnten an Geschwindigkeit zulegen, auch durch das unternehmerische Denken und Handeln der startup300-Gründer. Gleichzeitig haben wir noch konsequenter unseren Weg fortsetzen. Viele haben damit gerechnet, dass wir in dieser Gruppe aufgehen werden, aber ganz im Gegenteil: Pioneers ist stark und Pioneers gestaltet diese Gruppe sehr stark mit.

Was sich noch verändert hat: Wir haben uns dem Ökosystem mehr geöffnet, deswegen auch der Österreich-Schwerpunkt. Es gibt mehr Kooperationen mit anderen Ökosystem-Playern, und diese Inklusion ist eine Veränderung, die positiv wahrgenommen wird.

Wir können als Teil eines großen Ökosystem unseren Partnern umfangreichere Dienstleistungen anbieten. Bis jetzt haben wir Events, Beratung und Investments gemacht, jetzt kommen durch die Partnerschaft mit Talent Garden und durch die factory300 in Linz auch Räume dazu. Und wir haben ein noch breiteres Netzwerk aus Investoren und Business Angels, die für die Startups da sind.

Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Sebastian Kreuzberger
Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Sebastian Kreuzberger

Als Veranstalter selbst muss man auch innovativ sind. Es gibt auch kritische Stimmen, die meinen, dass das Pioneers Festival jedes Jahr sehr ähnlich ist. Wie unterscheidet man sich dieses Jahr von den vorangegangenen Events?

Die Stimmen sind sehr wichtig und werden auch ernst genommen. Wir haben einen sehr hohen Anspruch an uns, wenn es darum geht, neue Formate zu entwickeln. Die Gründer von Pioneers haben 2012 ein neues Format für Tech-Konferenzen in Europa geschaffen. Dieses Format haben wir in den letzten Jahren perfektioniert und stehen tatsächlich vor einer größeren Veränderung. Mehr dazu werde ich erst am Pioneers sagen dürfen.

Heuer wird es aber schon Veränderungen geben. Wir haben neue Formate, etwa einen Stammtisch, bei dem zu gewissen Themen Gesprächsrunden zustande kommen können. Wir haben unsere One-on-One-Meeting-Area deutlich vergrößert und die Anzahl der Stages reduziert. Wir sehen, dass der Trend weggeht davon, dass einige Leute auf der Bühne anderen etwas erzählen, sondern dass der Austausch viel wichtiger ist. Unsere One-on-One-Meeting-Area und die Startup-Pitching-Area waren am stärksten frequentiert, und um dem Rechnung zu tragen, haben wir diese Bereiche vergrößert. Aber die große Veränderung wird nächstes Jahr passieren.

Das ist natürlich interessant. In welche Richtung geht diese große Veränderung?

Wir möchten noch stärker als Plattform für das gesamte Ökosystem wahrgenommen werden. Als Plattform, die die Sichtbarkeit des österreichischen Innovations- und Startup-Ökosystems noch stärker tragen kann. Und dazu überlegen wir uns eine enge Zusammenarbeit mit einigen anderen Playern.

Als Konferenz-Veranstalter steht man in Europa mit vielen anderen Player in Konkurrenz. Wie manövriert man ein Unternehmen in einem Umfeld, in dem es immer mehr Events gibt. Wie kann man die Leute noch begeistern, zu kommen?

Eine sehr gute Frage. Wir steigern von Jahr zu Jahr die Relevanz und nicht die Quantität. Wir werden von der Anzahl der Gäste nicht größer, wir gehen nicht in Hallen mit zehntausenden Leuten, wo sich keiner mehr findet. Wir haben unser kuratiertes Format beibehalten. Wir wollen die Relevanz steigern und nicht die Größe.

Gleichzeitig bieten wir viel mehr als Events. Events sind wichtig, um zu inspirieren um den Wissensaustausch zu unterstützen und Beziehungen zu knüpfen, aber Innovation ist keine punktuelle Sache. Bei Innovation geht es nicht um die Idee, sondern um die Umsetzung. Bei Events entstehen Ideen und Beziehungen, das führt aber noch nicht zur Umsetzung von Geschäftsmodellen. Unser Ökosystem-Modell unterstützt unsere Partner dabei. Zusätzlich zu den Events bieten wir ja ganzjährig Touchpoints und den Austausch mit dem Ökosystem, indem wir uns im Talent Garden verortet haben, indem wir etablierte Unternehmen unterstützen, rascher Innovationsprozesse zu meistern, indem wir Startups ermöglichen, auf unterschiedliche Phasen zugeschnittene Finanzierungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Wir bieten eigentlich ein Ganz-Jahres-Paket.

Die Events sind punktuell sehr laut, aber nur das, was man nach außen sieht. Zwischen den Events erfolgt sehr viel Arbeit mit den Partnern, viel Austausch mit den Startups, viele Prototyping-Prozesse, die erst dazu führen, dass das nächste Event wieder genug Inhalt hat.

Zu der Arbeit zwischen den Events: Pioneers Discover macht Unternehmensberatung, Pioneers Ventures ist der Investment-Arm der startup300. Wie manövriert man als Konferenz-Veranstalter mit diesen vielen Geschäftsbereichen?

Indem man kein Konferenzveranstalter ist, sondern ein Ökosystem-Player. Wir haben in den letzten vier Jahren uns mit der Frage beschäftigt: Wer sind wir, wo wollen wir hin, was sind die Werte unserer Organisation? wir sind auf über 40 Mitarbeiter gewachsen, die völlig unterschiedliche Geschäftsmodelle verfolgen und mit unterschiedlichen Stakeholdern zu tun haben. Da war es wichtig für uns zu verstehen. Wie wird man von einem Event-Veranstalter zu einem Ökosystem-Betreiber?

Unsere Zielsetzung war immer, die Erfolgsquote von Startups zu steigern. Was brauchen Startups? Ein gutes Team, Unterstützung durch ein Netzwerk, Risikokapital, Vertrauen und Räume zum Experimentieren. Interessanterweise brauchen die öffentliche Hand und etablierte Unternehmen ähnliche Dinge. Da entstehen schöne Synergien. Wir bringen die unterschiedlichen Player zusammen, weil wir glauben, dass Innovation nicht mehr in geschlossenen Forschungseinrichtungen entsteht, sondern in einem kollaborativen Modell. Und diesen Raum schaffen wir.

Neben dem Pioneers-Hauptevent gibt es nich weitere Events, etwa mit den Schwerpunkten Mobility oder GovTech. Wie wählt ihr diese Schwerpunkte aus?

Wir haben als dritten Schwerpunkt noch Health. Wie wählen wir aus? Wir wählen Themen aus, die das Potenzial haben, das Leben von über einer Milliarde Menschen zu beeinflussen. Mobilität, Gesundheit, Regierungen, das sind alles Themen, die große gesellschaftliche Relevanz haben. Das zweite Kriterium: Wir brauchen starke Partner, weil ohne sie können wir solche Veranstaltungen nicht machen. Da erfolgen viele Sondierungsgespräche mit Partnern, ob sie die Themen als relevant erachten. Das dritte Kriterium ist eine gewisse Qualität und Quantität von Startups.

Nicht alle Themen eignen sich. Deswegen haben wir etwa unseren Fintech-Event nicht wiederholt. Mit Fintech stehen wir nicht alleine da. Fintech Pioneers passt einfach nicht, weil alle machen Fintech. Wenn es um BioTech, GovTech geht, diese Themen haben wir sehr früh besetzt, wo wir Österreich international positioniert haben. Wenn wir sehen, dass wir diesen Impact erreichen können, dann machen wir ein Chapter-Event.

Health, Mobility, GovTech – welche weiteren Themen tragen weitere Events? Welche Themen kann man noch besetzen, die für eine Milliarde Menschen wichtig sind?

Meinst du Ideen für unsere Konkurrenten? (lacht) Nein, Spaß. Industrie 4.0, Produktivitätssteigerung und Supply Chain sind Themen, wo Europa führend ist und diese Führung behaupten muss. Da machen wir etwa Hackathons mit Unternehmen. Es könnte durchaus passieren, dass wir uns Landwirtschaft, Ernährung und Wasser noch stärker ansehen. Das ist ein spannendes Thema, da gibt es spannende Technologien, Startups, und eventuell kann man das mit dem Handel verlängern, damit man auf genug Unterstützer und Partner kommt.

startup300 ist auch Investor von Trending Topics.

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