Oliver Csendes

Pioneers-Chef: „Solange andere Events uns kopieren, sind wir auf einem guten Weg“

Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Pioneers
Pioneers-CEO Oliver Csendes. © Pioneers
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Ab Donnerstag dreht sich in der Wiener Hofburg wieder alles um Startups. Zum siebten Mal wird die Konferenz Pioneers wieder Gründer, Investoren und Vertreter großer Unternehmen zu sich locken, um zwei Tage lang über die digitale Zukunft zu diskutieren und nach möglichen Deals und Partnerschaften Ausschau zu halten. In einer Pitch-Challenge werden außerdem 50 Startups, darunter 12 österreichische, antreten, um den Titel des Startup des Jahres einzuheimsen.

Nach dem Rückzug der Gründer Andreas Tschas und Jürgen Furian hat der heutige CEO Oliver Csendes das Ruder in der Firma JFDI GmbH (kurz für „Just Fucking Do It“), die hinter der Marke Pioneers steht, übernommen. Im Interview mit Trending Topics spricht er über die Neuausrichtung des einstigen Festivals, über die Neuausrichtung des Events und über die zusätzlichen Geschäftsmodelle rund Beratung, Daten und Investments.

Trending Topics: Du bist seit etwas mehr als einem Jahr Pioneers-CEO. Was hat sich in diesem Jahr getan?

Oliver Csendes: Wir haben unsere Strategie geschärft und die Werte unserer Bewegung wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt. Wir haben mehr Seniorität und Stabilität in das Team gebracht, um die richtigen Kompetenzen für die Skalierung des Unternehmens zu haben. Wir haben unsere Marke an die Struktur unseres Geschäftsmodells angepasst und die CI weiterentwickelt. Wir haben in diesem Jahr unsere Industrie- bzw. Technologiefokussierte Eventreihe am Markt etabliert. Wir haben Impact- und Diversity-Initiativen gestartet. Wir haben den Wachstumskurs von Pioneers Discover fortgeführt und anerkannte Expertise im Bereich Open Innovation und Startup-Corporate-Collaboration aufgebaut. Wir haben unser digitales Produkt zur Marktreife gebracht, indem wir die bisherige Richtung hinterfragt haben, die Annahmen validiert und in mehreren Iterationen neue Funktionalitäten entwickelt haben.

Immer wieder ist die Rede von einer Neuausrichtung von Pioneers. Wie sieht diese genau aus?

Pioneers wurde mit einer altruistischen Intention gegründet und hat dann einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass in Österreich ein international beachtetes Ökosystem entstanden ist. Keiner hätte sich am Anfang gedacht, dass wir Beratung, Investment und Daten in Zukunft anbieten werden. Es gab auch kein Geschäftsmodell dafür. Die Weiterentwicklung des Unternehmensgegenstandes hat nach einem abgestimmten Plan verlangt, um die richtigen Kompetenzen und Ressourcen bereitstellen zu können.

Es war mir auch wichtig, aus der Vergangenheit von Pioneers zu lernen. Um diese Learnings in unsere Produkte, Services bzw. in die Markenkommunikation einfließen zu lassen, war eine gewisse Reflexion erforderlich. Als ich die Führung des Unternehmens übernahm, habe ich viele aktuelle oder ehemalige Partner sowie Marktbegleiter kontaktiert, um ein Verständnis dafür zu bekommen, wie wir am Markt gesehen werden. Nicht dafür, was wir über uns denken oder wie wir gesehen werden wollen, sondern, wie wir von anderen gesehen werden. Nicht alles, was ich dabei gehört habe, hat mir gefallen und nicht alles war im Einklang damit, wie Pioneers ausgerichtet und wahrgenommen werden sollte.

Eine Neuausrichtung setzt für mich immer auch eine Beschäftigung mit dem Erbe des Unternehmens voraus, das man übernimmt. Und ein Erbe war definitiv da. Wir haben unser „Festival“ umgetauft und den Fokus stärker auf B2B und Content gelegt. Wir haben Discover vom Startup-Scout in eine Innovationsberatung mit über 90 erfolgreich abgeschlossenen Projekten mit Kunden, wie Airbus, Andritz, Daimler, Booking.com, RBI und vielen anderen weiterentwickelt.

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Was hast du konkret umgestellt?

Für mich war klar, dass das neue Geschäftsmodell, die neuen Anforderungen unserer Kunden, die neuen wettbewerblichen Rahmenbedingungen und unsere neuen Ziele eine eindeutige Professionalisierung und eine gewisse Vorausplanung erfordern. Rasante Expansion und Diversifikation verlangen nach gewissen Strukturen. Gleichzeitig haben wir neue Pioneere ins Team geholt, unsere Dienstleistungen für unsere Partner signifikant weiterentwickelt und unsere Partnership-Philosophie in Richtung langfristige Zusammenarbeit geändert.

Neuausrichtung bedeutet aber auch, dass wir viel offener für Kollaborationen sind, als wir dies vielleicht in der Vergangenheit signalisiert haben. Gemeinsame Projekte mit R20 – Austrian World Summit, WAD, Mobile Internet Innovation Days oder Börsianer sind erst ein Anfang. Nächstes Jahr möchte ich weitere Event-Partnerschaften verkünden. Gleichzeitig wird Pioneers auch eine Verankerung, also einen physischen Space bekommen.

Am österreichischen als auch am europäischen Markt gibt es immer mehr Konferenzen und Event-Reihen, die sich den Themen Startups und Tech widmen. Wie hebt man sich da von der Konkurrenz ab?

Durch Relevanz. Bezüglich Teilnehmer und Inhalte. Pioneers holt jedes Jahr über 1.100 internationale Gründer nach Wien. Nicht zufällig, sondern in einem aufwändigen Bewerbungsprozess ausgewählt. Das Pioneers 500-Programm für frühphasige Startups und das Pioneers 50 für Series-A-Startups gilt als Gütesiegel in der Startup-Welt. Diese Auswahl erfolgt mittlerweile aufgrund des Zustromes durch die Kombination einer AI-basierten und einer manuellen Bewertung durch Experten und ist unter anderem der Grund, warum internationale Investoren, Führungskräfte, und Entscheidungsträger trotz der signifikant über den Preisen anderen Events liegenden Ticketpreisen zu uns kommen.

Gleichzeitig sind die Inhalte, die unsere Speaker adressieren höchst relevant für zukunftsorientierte Entscheidungsträger. Wir legen den Fokus nicht auf überstrapazierte Buzzwords und Hypes, sondern auf relevante Zukunftstechnologien, die in den nächsten Jahrzehnten unser Leben, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft verändern werden. So lange andere Events von Jahr zu Jahr unsere Formate, Inhalte und Kommunikation kopieren, sind wir auf einem guten Weg, was Differenzierung betrifft. Pioneers‘ 17 wurde gar mit dem beaWorld „Best Conference Award“ ausgezeichnet. Wir ruhen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren und werden heuer wieder neue Elemente, neue Stage Designs und einige andere Überraschungen einführen.

Wie finanziert sich Pioneers, in welchem Verhältnis etwa stehen Eintrittsgelder und Sponsoren-Gelder?

Wir haben unterschiedliche Erlösstränge bei Pioneers. Bei Events sind das die von dir genannten zwei, die sich zu Gunsten von Sponsorships 3:1 verhalten. Pioneers Discover verrechnet Tagsätze, Pioneers Ventures erwirtschaftet Management Fees.

Wie nimmst du die Entwicklung der österreichischen Startup-Szene wahr? Was funktioniert gut, was nicht?

Ich finde die Passion, die bei den wichtigsten Playern vorhanden ist, essentiell. Austrian Startups, StarupLive, aaia, Inits machen alle einen fantastischen Job und unterstützen das Ökosystem. Große Unternehmen beschäftigen sich auch immer professioneller mit dem Thema der Wertschöpfung mit Startups. Neue Spaces eröffnen neue Möglichkeiten für Austausch und Co-Creation. Ich freue mich außerordentlich, dass in Zukunft auch spezialisierte Spaces eröffnen werden, die den besonderen Wünschen von z.B. Hardware oder Life-Sciences-Startups gerecht werden. Besser funktionieren könnte meiner Meinung nach der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Ökosystem, wobei sich das in den letzten Monaten spürbar gebessert hat.

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Punkto Social Impact und Diversity, was tut Pioneers für diese Themen?

Wir haben genügend Gründer mit dabei, die ihre Erfahrungen in diesem Gebiet teilen können. Darunter sind Patrick Nathen, der mit Lilium den ersten elektrischen Jet, der zu vertikalem Starten und Landen fähig ist und der möglicherweise auch das erste On-Demand-Lufttaxi sein wird, geschaffen hat. Zum Thema Live Demos heißen wir die Gründer von SALt willkommen, die ihre nachhaltigen Lampen, die nur mit Salzwasser betrieben stundenlang funktionieren, vor Ort vorstellen werden. Natürlich aber auch das Team von ThinAir, ein Startup, das mit ihrer Technologie die Gewinnung von trinkbarem Wasser aus der Atmosphäre ermöglicht.

Zuletzt starten wir bei Pioneers’18 und GovTech.Pioneers am 23. Mai eine Diversity in Tech Initiative. Hier geht es darum, auf einige der langanhaltenden Ungleichgewichte in der Tech-Welt aufmerksam zu machen und ein Gegengewicht zu liefern. Wir bieten im Rahmen der Initiative z.B. ein Workshop zum Thema Vorurteile mit Project Implicit, einer NPO der Harvard University, sowie ein Programm, in dem wir ausgewählte Personen, die die Herausforderungen der Diversität überwunden haben, zu Pioneers‘18 einladen. Außerdem gibt es für alle zukünftigen Pioneers (zwischen 5 und 12 Jahre) einen Workshop, bei dem sie echte, funktionierende Roboter aus Bausteinen erstellen und dabei lernen, wie sie programmiert werden.

Was werden dieses Jahr die Highlights sein, die man in der Hofburg unbedingt sehen muss?

Eventsseitig haben wir unseren Fokus heuer, noch mehr als in der Vergangenheit, auf globale Technologien mit enormen Auswirkungen auf die Menschheit gelegt. Health.Pioneers, Mobility.Pioneers und GovTech.Pioneers zeigen die Technologien, die zur Lösung weltumspannender Probleme beitragen werden. Das Thema von Pioneers‘18 ist „Blurred Frontiers“ womit wir sowohl auf das Verschwinden der Grenzen zwischen Mensch und Technologie als auch auf das Verschwimmen der Grenzen zwischen Industrien anspielen.

Wir haben die Event Agenda auch gezielt so gestaltet, damit sie im Einklang mit diesem Thema ist. Z.B. wird Werner Vogels, Vizepräsident und CTO bei Amazon, am ersten Tag des Events über Innovationen der Zukunft sprechen, mit speziellem Fokus auf die Rolle der Stimme, wenn es um Interaktionen zwischen Mensch und Technologie geht. Dazu kommt auch Elizabeth Stark, Mitbegründerin und CEO von Lightning Labs, ein Startup, dessen Mission es ist, Kryptowährung-Überweisungen einfacher und schneller zu gestalten und welches vor einigen Wochen bekannt gab, eine Investition von $2.5 Millionen erhalten zu haben. Zuletzt haben wir uns letzte Woche gefreut, zu bestätigen, dass Josef Penninger, Genetiker, Forscher und Gründungsdirektor des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie für Wissenschaften, dabei sein wird, um über das immense Potential der Biowissenschaften zu sprechen.

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