Pixofarm: Startup nach Strategieschwenk des Großinvestors in der Pleite
Sie wollten eigentlich Obstproduzent:innen mittels App und KI bei der Ertragsüberwachung und -prognose helfen, doch jetzt werden sie in den Konkurs geschickt: Das Wiener Startup Pixofarm musste diese Woche ins Insolvenzverfahren, weil es seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Bei Pixofarm handelt es sich um ein Unternehmen aus dem Company Builder von WhatAVenture, und hat mit der indischen UPL-Gruppe einen global tätigen Konzern an Bord geholt, der Chemikalien und Pestizide für die Landwirtschaft herstellt.
Gemeinsam wollte man digitale Lösungen für Obstproduzenten bieten, und UPL (vormals United Phosphorus Limited) hat 2021 einen Millionenbetrag in das Wiener Startup investiert. Über die UPL EUROPE LTD ist der Landwirtschaftskonzern zu 36 Prozent als strategischer Investor bei der Wiener Firma investiert, der Company Builder WhatAVenture liegt bei 49 Prozent. Durch einen strategischen Richtungswechsel bei UPL muss Pixofarm nun aber plötzlich in die Insolvenz.
Pixofarm: Wiener Ernteanalyse-Startup erhält siebenstelliges Investment von UPL
Strategiewechsel bei Investor UPL als Auslöser
„Corporate Ventures – wie im Falle von Pixofarm – werden für oder mit einem Corporate als strategischem Partner aufgebaut. Das Corporate bzw. der strategische Partner hat meistens einen signifikanten Anteil an Unternehmensanteilen und häufig auch eine operative oder strategisch aktive Rolle. Ein relevantes Risiko beim Corporate Venturing sind strategische Neuausrichtungen, Restrukturierungen oder Management-Wechsel. Diese können dazu führen, dass laufende Projekte beendet werden“, heißt es in einem Statement seitens Stefan Perkmann Berger, dem Gründer von WhatAVenture.
Und weiter: „Unser strategischer Partner von Pixofarm ist einer der größten Agrar-Chemie-Konzerne weltweit. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage treffen einige Unternehmen Entscheidungen, wieder verstärkt auf das Kerngeschäft zu fokussieren und Investments zurückzufahren. Das hat auch dazu geführt, dass viele zukunftsorientierte (Digitale-) Transformationsprojekte eingestellt werden. Dieser strategische Richtungswechsel hat nun dazu geführt, dass die Weiterführung von Pixofarm in dem aktuellen Setup nicht mehr zielführend und realistisch ist.“ Farid Edrisian, der Geschäftsführer Pixofarm, möchte sich erst nach dem Abschluss des Prozesses öffentlich äußern.
UPL durch chinesische Billigproduzenten unter Druck – Sparprogramm über 100 Mio. Dollar
Bei UPL hat sich zuletzt deutlich abgezeichnet, dass das Unternehmen auf veränderte ökonomische und geopolitische Rahmenbedingungen reagieren muss. „Die weltweite agrochemische Industrie hat in den letzten zwei Quartalen eine schwierige Phase durchlaufen, da die Händler dem Abbau von Lagerbeständen Priorität einräumten und sich auf taktische Käufe konzentrierten, da die Lagerbestände der Vertriebskanäle hoch waren“, heißt es im aktuellsten Finanzreport von UPL an Investor:innen. „Darüber hinaus ist der Markt angesichts der hohen Ausgangsbasis des Vorjahres und des aggressiven Preiswettbewerbs, den wir von den chinesischen Post-Patent-Exporteuren erlebt haben, unter Preisdruck. Vor diesem Hintergrund wurden auch unser Umsatz und unsere Rentabilität durch diesen Gegenwind beeinträchtigt, ebenso wie der Rest der Branche.“
Die Konsequenz daraus ist klar: UPL kündigte Ende Juli eine Kostensenkungsinitiative in Höhe von 100 Millionen Dollar in den nächsten 24 Monaten an – und das wirkt sich jetzt bis nach Wien zu Pixofarm durch. Wie schnell so ein Richtungsschwenk erfolgen kann, ist aber bemerkenswert. Erst am 12. Juli verkündeten Pixofarm und UPL noch die gemeinsame Entwicklung von Digitallösungen, Ende Juli kam dann schon die Ankündigung von UPL, ein massives Sparprogramm zu fahren.
Nun bleibt spannend, ob es das Startup in der Insolvenz zu einer Neuaufstellung schafft. Neben Pixofarm werden aktuell im Tagesrhythmus Startups in der brisanten Marktlage dahingerafft.