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Pocketcoach: Wiener Chatbot-Macher wollen bei Angst und Stress helfen

Das Team von Pocketcoach. © Pocketcoach
Das Team von Pocketcoach. © Pocketcoach
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Fällt es dir schwer, mit anderen Menschen über deine Ängste zu reden? Vielleicht geht es leichter, wenn du mit einem Chatbot darüber „sprichst“. Das ist zumindest der Ansatz, den das Wiener Startup Pocketcoach gewählt hat. Der Bot, mit dem man via Messenger und bald auch in Apps für iPhone und Android schreiben kann, soll Menschen dabei helfen, ihre durch Stress verursachten Ängste in den Griff zu bekommen.

Pocketcoach maßt sich dabei nicht an, bei seinen Nutzern psychische Krankheiten zu diagnostizieren, und auch kein digitaler Kanal, über den man einen Therapeuten konsultiert. Vielmehr erinnert der „One-Minute Anxiety Helper„, den man gratis im web ausprobieren kann, eher an Meditations-Apps, die mit Tipps wie „Ask yourself: What am I thinking and feeling right now?“ oder „Bring your focus to your breath and zoom in where you can feel it most clearly“ schnell im Alltag zur Seite stehen wollen.

Gegründet wurde Pocketcoach von Manuel Kraus und Philipp Omenitsch erst dieses Jahr in Wien Kraus war zuvor im B2B-Bereich bei der deutschen Mediations-App 7Mind im Einsatz, Philipp Omenitsch war beim russischen Startup Visionlabs tätig und hat Vision Computing an der TU Wien studiert. Im september steht nun der große Launch der App an,  die vor allem in den USA ihre Nutzer finden soll.

Trending Topics: Auf welcher Forschung bzw. welchen Therapien basiert Pocketcoach?

Manuel Kraus: Wir haben verschiedene Kurse, die auf unterschiedlichen Therapieansätzen aufbauen. Am wichtigsten ist die kognitive Verhaltenstherapie (CBT, kurz für „Cognitive Behavioral Therapy“), die quasi der Gold-Standard für den Umgang mit Angstzuständen und Panikattacken ist. Bei ihr geht es im Kern darum, zu erkennen, wie Gedanken und Gefühle einander beeinflussen und dann entsprechende Übungen zu zeigen.

Aber weil Menschen ja verschieden sind, haben wir auch verschiedene therapeutische Ansätze gewählt. Wir verwenden deswegen auch Akzeptanz- und Commitment-Therapie sowie Achtsamkeits-basierte Ansätze, die sich Meditation zu Nutze machen.

Was passiert, wenn der Bot keine Antwort parat hat? Kann der Bot „verstehen“, was der Nutzer meint, oder schickt er nur passende Antworten?

Pocketcoach versucht im Moment noch nicht, Sprache zu verstehen. Wir haben einen grundlegend anderen Ansatz gewählt als andere Chatbots. Anstatt zu versuchen, Sprache – also Textnachrichten der Nutzer – zu verstehen, funktioniert die Interaktion mit Pocketcoach hauptsächlich über Buttons.

Es geht uns nämlich nicht darum, zu diagnostizieren, weil das erstens ein stark reglementierter Bereich ist, und zweitens viele unserer Nutzer gar keine diagnostizierbaren Störungen haben, sondern nur milde und vorübergehende Probleme mit Ängsten oder Stress. Unser Fokus liegt darauf, Nutzer den Input zu liefern, den sie brauchen, um besser mit Angstzuständen und Stress umzugehen.

Die Pocketcoach-App am iPhone. © Pocketcoach
Die Pocketcoach-App am iPhone. © Pocketcoach

Kann man auch mit echten Therapeuten chatten?

Wir haben das getestet, Nutzer mit echten Therapeuten chatten zu lassen. Das hat auch sehr gut funktioniert, aber wir haben uns trotzdem dazu entschieden, uns vorerst voll uns ganz auf die automatisierte Hilfe zu fokussieren. Wenn wir diesen Teil der App perfektioniert haben, sind wir bereit für nächste Schritte.

Wie funktioniert das Geschäftsmodel von Pocketcoach?

Beim Launch ist die gesamte App noch kostenlos zu benutzen. Das wird für alle Nutzer bis zur Einführung der Bezahl-Funktion auch für immer so bleiben. In Zukunft werden wir auf ein Freemium-Model setzen, bei dem unsere Nutzer einen Teil der App gratis nutzen können, aber für den Zugang zur gesamten App, inklusive allen Kursen und Übungen, dann ein monatliches oder jährliches Abo abschließen müssen.

Gibt es schon erste Erfolge, die der Bot vorweisen kann?

Ja! Wir haben ja 10.000 Nutzer in unserem Messenger-Bot, und die kommen ja nicht von irgendwo. Viele unserer Nutzer empfehlen uns weiter, weil Pocketcoach ein sehr einfacher Einstieg ist. Es braucht nicht viel Überwindung, einmal einen Bot oder eine App auszuprobieren, wenn es einem nicht gut geht.

Was wir intern immer feiern, sind E-Mails und Nachrichten von Nutzern, denen Pocketcoach wirklich geholfen hat. Für viele sind es die einfachen psychologische Übungen, die ihnen helfen, schwierige Situationen im Alltag besser zu meistern.

Was noch ansteht, ist die quantitative wissenschaftliche Evaluierung des Ganzen. Bisher haben wir uns darauf fokussiert, im intensiven Kontakt mit unseren Nutzern vor allem qualitatives Feedback zu sammeln.

Kann der Nutzer Pocketcoach anonym verwenden? Welche Daten werden gesammelt?

Nutzer müssen sich mit einer Email-Adresse einloggen. Also völlig anonym kann man Pocketcoach nicht verwenden. Wir arbeiten allerdings gerade daran, Nutzern auch die Möglichkeit zu geben, das zu überspringen. Es ist noch nicht ganz klar, ob wir das im Endeffekt auch umsetzen werden oder nicht.

Wir sammeln allerdings nur minimal Daten. Bis auf die Email-Adresse sammeln wir nur anonymisierte Daten zum Nutzungsverhalten, um die App verbessern zu können, also etwa Crash Reports.

Angstgefühle und Stress sind unterschiedliche Dinge – welche Nutzer sollen nun genau angesprochen werden?

Es kommt darauf an, woher der Stress kommt. Wenn man gestresst ist, weil mal viel zu viel zu tun hat, ist Pocketcoach nicht die richtige App. Wir helfen Leuten nicht dabei, ihr Leben zu organisieren. Wenn jemand aber gestresst ist, weil er sich übermässig oft Sorgen über Kleinigkeiten macht oder weil sie beim Umgang mit anderen Menschen oft ängstlich und unsicher ist, dann kommt der Stress nicht von außen, sondern von innen. Und da kann Pocketcoach dann helfen.

Im englischsprachigen Raum ist das für mich leichter zu erklären. Da gibt’s nämlich den Begriff „anxiety“, der einfache jede vage Form von Angst bezeichnet. Im Deutschen gibt es diese Unterscheidung im Allgemeinen nicht.

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