Brexit

„Brexit ist ein massiver Weckruf für die europäische Technologie-Investitionsszene“

© Photo by Jannes Van den wouwer on Unsplash
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Die EU hat ihre Startup-Hauptstadt verloren. London ist in Europa, gemessen an der Zahl der Neugründungen und Investments, nach wie vor der wichtigste Hub für Startups, und dort vor allem für Fintech. Doch wie geht es nun weiter, nachdem Großbritannien nun wirklich die Europäische Union verlassen hat? Werden Berlin oder Paris vom Verlust von London profitieren? Wird sich GB zu einer Art Singapur des Alten Kontinents entwickeln und mit Deregulierung weiter Talente und Gründer anlocken? Oder könnte der Austritt der Briten gar dafür sorgen, dass die Startup-Branchen der verbleibenden EU-Länder näher zusammen rücken?

Genau letzteres wünschen sich die Sprecher von 13 nationalen Startup-Vereinen, darunter Austrian Startups aus Österreich, France Digitale oder der Bundesverband Deutsche Startups. Sie haben eine gemeinsame Erklärung unterschrieben, in der ein „United Tech Of Europe“ gefordert wird – also das Bestreben, nach dem Exit der Briten nicht noch mehr Power zu verlieren und stärker zusammen zu arbeiten.

GB-Investments haben nicht gelitten – im Gegenteil

„Brexit ist ein massiver Weckruf für die europäische Technologie-Investitionsszene, die immer noch zersplittert ist und unter mangelnder Integration leidet“, heißt es in dem offenen Brief (voller Text hier). 2019 haben Investoren Dealroom zufolge etwa 11 Milliarden Dollar in britische Startups investiert – in Deutschland waren es etwa 5,8 Milliarden, in Frankreich 4,7 Milliarden. Obwohl seit 2016, als das historische Votum die Welt schockte, darüber spekuliert wird, wie ein EU-Austritt auch britische Startups treffen würde – passiert ist das seither nicht. Stattdessen sind die Investitionen in britische Startups seit 2016 jedes Jahr gestiegen und erreichten 2019 neuerlich Rekordwerte.

Die EU, so warnen die Startup-Vereine, sei immer noch weit davon entfernt, ein „Digital Single Market“ zu sein. Nach wie vor würden Investoren vorwiegend im eigenen Land investieren und nicht in anderen EU-Ländern. Dazu kommt, dass große Runden oft von Investoren aus den USA und Asien gestemmt werden, während es weiter einen „mangelnden Ehrgeiz der großen europäischen Konzerne“ gebe. Durch den Rausfall der wichtigen London Stock Exchange (LSE) würde es zudem noch wichtiger, eine Art europäische NASDAQ zu kreieren, um einen attraktiven Börsenplatz für IPO-Exits zu schaffen.

„Singapur Europas“ als Konkurrent?

Und es wird neben Geld noch um zwei weitere Dinge gehen, die essenziell für Startups sind: Daten und Mitarbeiter. Schon gibt es Vorstellungen, dass Großbritannien zu einer Art „Singapur Europas“ werden könnte, das mit lockeren Regulierungen Gründer anlockt, die in Kontinentaleuropa zu viele Hürden sehen. „Wenn die grenzüberschreitende Übertragung von Daten nach dem Weggang Großbritanniens problematischer wird, wird dies die Chancengleichheit, die wir zur Skalierung unserer Unternehmen, insbesondere von KI-Startups und -Plattformen, benötigen, ernsthaft beeinträchtigen“, warnen die Startup-Vereine.

Und ob Startups und potenzielle Mitarbeiter sich von London und Co abwenden werden, ist ebenfalls nicht gesagt. Internationale Talente sind eine der treibenden Kräfte hinter der Erfolgsgeschichte Großbritanniens, und alleine die Sprache ist Mitgrund für die Magnetwirkung. Derweil ringen viele EU-Staaten – inklusive Österreich – weiterhin mit ihren Tech-Visa und müssen sie attraktiver und einfacher machen. „Die Umleitung der lebenswichtigen Quelle hoch qualifizierter Arbeitskräfte in mehrere verschiedene europäische Drehkreuze wird wichtige Reformen erfordern. Die komplexen Einstellungsverfahren und die begrenzten Arbeitserlaubnisse, die von Land zu Land unterschiedlich sind, sollten mit der Schaffung eines europäischen Startvisums vereinfacht werden“, meinen die Startup-Vereine. Ein einheitliches europäisches Startup-Visum klingt erst mal vielversprechend. Doch hat die neue EU-Kommission so etwas überhaupt auf dem Plan?

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