PR-Bilder: Frauen in Führungspositionen sind keine PR-Maßnahme
„Female Empowerment“, „Gender Equality“, „Gleichberechtigung“ – das sind nicht nur Trendwörter, feministische Parolen oder PR-Kampagnen. Nein, das sind unverhandelbare Forderungen, sollten die Grundbedingungen einer jeden demokratischen Institution sein und sind sogar Teil der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Unionen (SDGs).
Die Realität ist allerdings noch weit von der Umsetzung entfernt, auch wenn es selbstredend auf geografischer Ebene große Unterschiede gibt. Bleiben wir also in Österreich. Bei dem letzten Gender-Equality-Index 2021 vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen konnte das Land einen Wert von 68 erreichen. Bedeutet, Österreich liegt bei der Gleichstellung von Mann und Frau bei einem Wert von 68 Prozent. 100 Prozent würde die Gleichstellung der Geschlechter in allen erfassten Bereichen entsprechen. Soweit ist das Land somit aber noch nicht.
Das zeigt sich auch in punkto fairer Bezahlung. Bis gestern, den 15. Februar, haben die Frauen in Österreich rein rechnerisch für nichts gearbeitet. Der Gender Pay Gap, also die Einkommensdifferenz in Österreich zwischen Mann und Frau, liegt im Durchschnitt bei 12,7 Prozent. Verglichen wurden die Einkommen von Mitarbeitenden in Vollzeitanstellung. Auf das Jahr hochgerechnet bedeutet das also 46 Tage ohne Bezahlung.
Das ist die eine Seite unserer Kommentar-Kolumne „Zweiseitig“. Jakob ist anderer Meinung – seinen Kommentar liest du hier:
PR-Bilder: Ja, es müssen noch mehr Frauen auf die Business-Bühne
Was jetzt? Applaus?
Somit ist die Gleichstellung hierzulande noch lange nicht auf einem Level, wo sie eigentlich sein sollte. Von daher sollte der Anlass für den heutigen Kommentar eigentlich ein Grund zur Freude sein. Der Anbieter für Lagerräume Storebox, ein Wiener Scale-up, hat über die Hälfte der Managerpositionen nun mit Frauen besetzt. Oder, in absoluten Zahlen ausgedrückt, sechs von elf Führungskräfte sind nun Frauen. Damit die Rechnung aufgeht, wurde sogar eine neue C-Level-Position geschaffen, ein Chief Operating Officer. Zudem wurde in der schriftlichen Aussendung zugegeben, man habe zuvor „etliche Fehler im Recruiting“ gemacht und sei mit Hilfe der diversen Teams „nachweislich erfolgreicher“ unterwegs.
Nach dieser Mitteilung bleiben bei mir nur zwei Gedanken hängen: Warum erst jetzt? Und gleichzeitig: Was jetzt? Applaus? Nur um das direkt klarzustellen: Ich freue mich für die Frauen, welche sich für die Positionen qualifizieren konnten und es ist durchaus bemerkenswert, frühere Fehler auch zugeben zu können. Anlass für das Kommentar ist aber die eigentliche Aussendung. Braucht es eine extra schriftliche Mitteilung und der damit verbundenen Intention der erhofften Veröffentlichung in den Medien, um sich damit zu rühmen, jetzt eh auch mehr Frauen in führenden Positionen zu haben? Oder anders herum gefragt: Würde es eine solche Mitteilung geben, die darauf verweist, dass mehr als 50 Prozent der Managerpositionen nun männlich besetzt sind?
Gleichberechtigt ist das nicht
Eher nein. Und genau da liegt für mich die Flinte im Korn begraben. Solange es nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass es genauso wäre, wäre es anders herum, ist das für mich nicht ein Zeichen von Gleichberechtigung, sondern nur wieder einmal mehr ein Zeichen dafür, wie ungleich die Verhältnisse noch sind. Die Hoffnung bleibt, dass sich durch solche Mitteilungen andere Unternehmen inspiriert fühlen, ähnlich zu handeln. Und sei es nur, um ebenfalls damit Aufmerksamkeit zu erhaschen. „Gender Equality“ herrscht damit aber noch lange nicht.
Das wäre erst der Fall, wenn niemand einen solchen Umstand zum Anlass sieht, eine Pressemeldung zu schreiben. Einfach, weil es selbstverständlich ist. Selbstverständlich, die Positionen mit den bestqualifiziertesten Menschen zu besetzen. Komplett irrelevant, ob und welchem Geschlecht sich diejenigen zugehörig fühlen.