Proxima Fusion: Deutsches Spin-off baut an neuartigem Fusionsreaktor
In den USA will das Startup Helion bis 2028 ein laufendes Fusionskraftwerk bauen, jetzt zieht ein europäisches Startup nach: Proxima Fusion, ein Münchner Spin-off des Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, will in den 2030er Jahren das erste Fusionskraftwerk nach der neuartigen Stellerator-Bauart fertig stellen und es so schaffen, ein Kraftwerk zu errichten, dass mehr Energie produziert als es verbraucht. Bis dato ist noch das Problem bei der Kernfusion, dass viel mehr Energie hinein fließt, als am Ende produziert wird (Trending Topics berichtete).
Proxima Fusion ist neben Marvel Fusion das nächste deutsche Startup, dass auf die Zukunftshoffnung Fusionsenergie setzt. Vereinfacht gesagt, geht es dabei darum, zwei leichte Atomkerne zu einem schwereren Kern zu verschmelzen – und dabei wird Energie freigesetzt. Bei Proxima Fusion, gegründet von ehemaligen Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen des Max-Planck-IPP, des MIT und von Google X, will man wie erwähnt auf einen Hochleistungsstellarator setzen.
Bereits besser bekannt ist das Prinzip des Tokamaks; sein Prinzip wird im ITER, einem seit 2013 im südfranzösischen Cadarache im Bau befindlichen Fusionsreaktor eingesetzt. Tokamaks und Stellaratoren sind zwei Ansätze, bei denen ein magnetischer „Käfig“ in donutförmigen Geräten erzeugt wird. Stellaratoren verwenden einen komplexen Satz von Elektromagneten außerhalb des Plasmas, während Tokamaks externe Elektromagnete mit einem großen Strom innerhalb des Plasmas kombinieren, was die Gesamtkonstruktion vereinfacht, aber erhebliche Herausforderungen für die Steuerung mit sich bringt“, heißt es seitens der Münchner Jungfirma.
Der Stellarator hätte den Vorteil, dass man damit „die übermäßige Wärmebelastung von Materialoberflächen“ bewältigen könne, während Tokamaks mehr als 100 Millionen Grad erreichen können – das 10-fache der Temperatur im Zentrum der Sonne. Bisher aber haben Stellaratoren wegen der komplexeren Konstruktion Nachteile mit sich gebracht – zumindest bis jetzt. Denn Proxima Fusion will auf dem Wendelstein 7-X (W7-X) des IPP aufbauen, der als der fortschrittlichste Fusionsreaktor seiner Art weltweit gilt. Er wurde 2015 als Experimentieranlage im deutschen Greifswald gestartet, um die Kraftwerkstauglichkeit von Fusionsanlagen des Typs „Stellarator“ zu demonstrieren. Und da gab es zuletzt große Fortschritte.
„Stellaratoren können nun die Hauptprobleme von Tokamaks beheben und wirklich skalieren, indem sie die Stabilität des Plasmas radikal verbessern und eine hohe Leistung im stationären Zustand erreichen“, so Francesco Sciortino, Mitbegründer und
CEO von Proxima Fusion, in einer Aussendung. Um die ersten Schritte des Großprojekts zu schaffen, hat das Münchner Startup eine erste Finanzierungsrunde absolviert.
Dabei geht es um 7 Millionen Euro, die von Plural UVC Partners, dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) und der Wilbe Gruppe kommen. In den nächsten zwölf Monaten geht es vor allem darum, den ersten Entwurf eines Fusionskraftwerks fertig zu stellen. In Folge wird das Startup aber noch große Mengen an Geld aufnehmen müssen, um den Fusionsreaktor bis zu den 2030er Jahren zu errichten. Zum Vergleich: ITER in Frankreich kostet 20 oder mehr Milliarden euro, die Kosten teilen sich mehrere Staaten. Wegen technischer Probleme dürfte sich das Ziel, ITER bis 2035 auf volle Leistung zu bringen, nicht ausgehen.
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