Das sind die österreichischen Top-VCs und -Investor:innen 2021
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen florierte 2021 die heimische Startup-Szene. Die großen Investor:innen sind so aktiv wie in den vergangenen Jahren. Der Investment-Mix ist auch dieses Jahr sehr breit und zugleich spannend. Wir haben gefragt, wie viel Geld österreichische Investor:innen dieses Jahr im In- und Ausland investiert haben.
Text: Stephan Scoppetta
Diese Story stammt aus unserem neuen Magazin „Trending Topics 2022“. Es steht ab dem 29.12. zum kostenlosen Download bereit.
Anm.: Wir haben den Artikel am 31.12. um Uniqa Ventures ergänzt.
Speedinvest: 150 Millionen Euro
Bei Speedinvest wurde 2021 sehr breit investiert. Lapse, das in London ansässige Startup, brachte seine soziale Einwegkamera-App auf den Markt und landete direkt auf Platz 1 der Apple App Store Charts. Das Startup Unstoppable Finance baut eine intuitive DeFi-Brieftasche, die dezentrale Finanzen für normale Anleger auf der ganzen Welt zugänglich macht. Michael Schuster, General Partner Speedinvest: „Mit QphoX haben wir unser erstes Quantum-Investment gemacht. Das Startup aus den Niederlanden soll den Durchbruch des Quanteninternets bringen.“ Zudem beteiligte sich Speedinvest auch bei Airbank, einem deutschen Fintech, das von einem ehemaligen Speedinvest-Investor gegründet wurde. Das Unternehmen entwickelt eine Finanzmanagementlösung für europäische KMUs, die alle Bankkonten an einem Ort zusammenführt und als „Breakout Fintech des Jahres 2021“ bezeichnet wird. „Resourcify ist eines unserer vielen Investments, das aktiv gegen den Klimawandel kämpft. Das Unternehmen mit Sitz in Hamburg entwickelt eine Abfallmanagement-Software, die es Unternehmen ermöglicht, ihr Recycling zu verwalten, zu verfolgen und zu verbessern sowie bis zu 30 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Abfallmanagementsystemen einzusparen“, so Schuster.
Speedinvest: Marie-Helene Ametsreiter erklärt die neuen ClimateTech-Investments
aws Gründerfonds: 112 Millionen Euro
Christoph Haimberger, Geschäftsführer des aws Gründerfonds: „Unser Fonds hat im heurigen Jahr gemeinsam mit internationalen Co-Investor:innen bisher rund 112 Millionen Euro investiert – darunter auch in Startups, die erst am Anfang ihrer Erfolgsgeschichte stehen. Zusätzlich haben wir als verlässlicher Wachstumspartner acht Folgeinvestments bei Portfoliofirmen durchgeführt. Das stimmt uns sehr positiv, weil wir mit einer hohen Marktdynamik in das neue Jahr gehen.“ Beim aws Gründerfonds wurde mit den beiden Portfoliofirmen Adverity und Planradar die Grundlage für zwei der größten Finanzierungsrunden der letzten Jahre geschaffen, die in Österreich stattgefunden haben. Beides sind digitale Challenger: Adverity betreibt eine intelligente Marketing-Analyseplattform für Kund:innen wie Red Bull sowie globale Mediaagenturen. PlanRadar ist mit seiner PropTech-Lösung gerade im globalen Rollout. Darüber hinaus konnten globale Top-Investoren wie SoftBank, Insight Ventures, SAP.io oder Sapphire gewonnen werden. Das hat das Co-Investoren-Interesse für das gesamtes Portfolio des aws Gründerfonds gestärkt und diesen auch international bekannter gemacht. Haimberger: „Diese Bekanntheit ermöglicht uns weitere Folgefinanzierungen auf internationalem Niveau. So arbeiten wir derzeit am nächsten Erfolgsfall mit internationaler Beteiligung, eine Finanzierungsrunde, die noch 2021 abgeschlossen wird.“
Uniqa Ventures: 27,7 Millionen Euro
Uniqa Ventures hat heuer insgesamt 27,7 Millionen Euro investiert, davon ging mehr als die Hälfte an heimische Startups – 14,3 Millionen Euro. Die Investments teilen sich auf 17 Runden auf, zu feiern gab es außerdem die Exits von Playbrush, Twisto und Kompany. Dazu nahm Uniqa Ventures ganze acht neue Startups ins Portfolio auf. „2021 war das mit Abstand erfolgreichste Jahr im fünfjährigen Bestehen von Uniqa Ventures: Das erste Unicorn im Portfolio (Bitpanda) und das nächste wird bald kommen, außerdem die Verdoppelung unseres Investitionsrahmens von 75 Millionen Euro auf nunmehr 150 Millionen Euro“, erzählt Nemeth. Damit nehme man Rang zwei unter den Top-10-Venture-Capital-Fonds in Österreich ein. „Im Jahresendspurt hatten wir dann noch die Top-Exits bei Playbrush, Twisto und Kompany, was uns mit einer Rendite von über 25 % (IRR) ins obersten Quartil der internationalen VC Fonds brachte. Was will man mehr?“ 2022 soll es so erfolgreich weitergehen, wünscht sich Andreas Nemeth: „Wir freuen uns auf 2022. In 2021 ist viel in Bewegung gekommen. Das österreichische Startup-Ökosystem wurde von internationalen Investoren entdeckt und markiert ein weiteres Rekordjahr in puncto Finanzierungsvolumen. Das soll und darf aber keine Eintagsfliege sein, sondern nun gilt es, das neue Level zu halten und darauf weiter auszubauen.“
eQventure: 36 Millionen Euro
Die Grazer Investmentfirma eQventure rund um Business Angel Herbert Gartner hat 2021 beachtliche 36 Millionen Euro (inkl. Leverage) investiert. 16 Millionen Euro waren davon in Beteiligungen (Equity). Die Top-Invest-ments waren Kape, Greenwood-Power, USound, AppRadar, Finmatics und Stirtec. Zudem floss noch ein siebenstelliger Betrag in ein Biotech-Unternehmen, das noch nicht genannt werden kann. Herbert Gartner, Geschäftsführer des Grazer „Investoren-Clubs“ eQventure: „Neben 20 Venture Capital-Transaktionen haben wir 2021 auch ein siebenstelligges Sponsoring für unsere drei Pro-bono-Projekte innerhalb unseres Clubs und Netzwerks organisiert. Neben dem Projekt Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, bei dem uns 2021 der große Durchbruch gelungen ist, der Spin-off-Austria-Initiative mit seiner zweiten Konferenz, haben wir auch das Projekt von Johannes Wesemann bezüglich der Anzeige gegen Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro wegen Umweltsünden beim Internationalen Strafgerichtshof unterstützt.“
3VC: 10 Millionen Euro
Peter Lasinger, Co-Founder von 3VC: „2021 hat 3VC rund zehn Millionen Euro in Startups investiert, wobei unsere Portfoliounternehmen 2021 insgesamt bereits über eine Milliarde US-Dollar an Finanzierung eingesammelt haben.“ 2021 haben Picsart, Snyk und Animoca Unicorn-Status erreicht. Ein weiteres spannendes Investment in diesem Jahr war bei 3VC Storyblok, welches den OMV-Kernaktionär Mubadala als Investor in einer 8,5 Millionen-US-Dollar-Runde gewinnen konnte und mit seiner „Headless Content Management-Plattform“ einen Paradigmenwechsel für die Bereitstellung von digitalem Content einläutet. Lasinger: „Hinzu kommt das Investment in Kaia Health, die mit ihren digitalen Anwendungen den Markt von Therapieanwendungen für chronische Rücken- und Gelenksschmerzen und COBD aufmischen und dafür 2021 bereits eine 75 Millionen-US-Dollar-
Finanzierung von namhaften Investor:innen einwerben konnte.“
Lokalise: Österreichischer Investor 3VC bei großer Finanzierungsrunde dabei
SFG (Steirische Wirtschaftsförderung): 1,4 Millionen Euro
Bis Ende 2021 hat die Steirische Wirtschaftsförderung über Beratung und Coaching unzählige Startups bei großen und kleinen Entwicklungsschritten unterstützt und dabei auch an Finanzierungsrunden im Gesamtausmaß von rund 1,4 Millionen Euro teilgenommen. Herausragende Investments der SFG erfolgten in den Bereichen HealthTech in Verbindung mit Smart-Matching-Technologien und Maschine Learning sowie App-Entwicklung und Publishing im Bereich Education. Die SFG sieht in diesen Bereichen enormes Potenzial für die Etablierung digitaler Technologien. Christoph Ludwig, Geschäftsführer der SFG: „Wie erwartet haben 2021 speziell Startups die Entwicklung und Kommerzialisierung von digitalen Geschäftsmodellen vorangetrieben und zur Umsetzung ihrer Vorhaben Risikokapitalgeber an Bord holen können. Das Angebot der SFG ist optimal auf diese Bedürfnisse hin ausgerichtet.“
Elevator Ventures: 9 Millionen Euro
Maximilian Schausberger, Managing Director von Elevator Ventures: „Im Jahr 2021 werden wir in unserem Elevator Ventures- und Fintech Growth-Fund-Europe-Portfolio (FGFE) insgesamt über neun Millionen Euro investieren. Insgesamt freuen wir uns über die starke Performance all unserer Portfoliounternehmen und die gute Zusammenarbeit zwischen Startups und der Raiffeisen Bank International.“ Herausragend war 2021 bei Elevator Ventures das Investment in den rumänischen Open-Banking-Pionier Finqware, der im Laufe des Jahres mehrere neue Tier-1-Bankkunden gewinnen konnte und neue Produkte wie eine Zahlungsauslösung über PSD2-APIs in Rumänien auf den Markt brachte. Ein weiteres Highlight war der erfolgreiche Exit bei Twisto, das von Zip.Co, einem australischen Buy-Now-Pay-Later-Anbieter, gekauft wurde.
Elevator Ventures führt Seed-Runde für rumänisches Fintech Finqware an
primeCROWD: 7 Millionen Euro
Bei primeCROWD wurden 2021 mit den Anschlussrunden rund sieben Millionen Euro investiert. Ein herausragendes Investment war in diesem Jahr bei primeCROWD Fairown. Das estnische Unternehmen hat es innerhalb von acht Monaten geschafft, seinen Umsatz zu verzehnfachen. Bereits dieses Jahr gab es eine Anschlussfinanzierung von 4,2 Millionen Euro mit weiteren Venture Capital Fonds. Markus Kainz, CEO von primeCROWD: „Darüber hinaus war bei primeCROWD das Investment in die österreichische VitreaLab äußerst spannend, da wir hier mit Apex Ventures und Hermann Hauser ein sehr starkes Investorenkonsortium aufstellen konnten.“
Svenja Lassen von primeCROWD: “Investment-Szene braucht mehr Diversität”
tecnet equity: 2,5 Millionen Euro
Doris Agneter, Geschäftsführerin tecnet equity: „Im Jahr 2021 konnten einige unserer Portfolio-
unternehmen ein starkes Wachstum hinlegen. Auf die nächsten Schritte dieser sind wir schon jetzt sehr gespannt!“ Highlight im Portfolio von tecnet equity war in diesem Jahr die Beteiligung an Boomerank, einem auf SEO/SEA-Automatisierung im E-Commerce-Umfeld spezialisierten Unternehmen, das einen beeindruckenden Pivot vom Dienstleistungs- bis zum Produktunternehmen hingelegt hat. Das Unternehmen ist bisher schneller als der Markt gewachsen.
Hansi Hansmann: 2,5 Millionen Euro
Der österreichische Unternehmer und Business Angel Hansi Hansmann hat 2021 rund 2,5 Millionen Euro in Österreich in Startups eingebracht. Im Unterschied zu den meisten anderen Investmentvehikeln in der Szene, investiert Hansmann als Privatperson in die jungen Unternehmen und mit seinem eigenen Geld. Hansmann: „Herausragend waren in diesem Jahr zwei Investments, beides waren Scale-ups, wo ich bei der Series B mitgegangen bin. Storebox und Anyline sind zwar schon sehr gut bewertet, aber hier bin ich der Meinung, dass beide noch lange nicht am Plafond angelangt sind.“ Spannend war auch eine Beteiligung an Coinpanion, einem Krypto-Asset-Management-Tool und Shadowmap, das Sonne und Schatten für jeden Ort der Welt und zu jedem beliebigen Zeitpunkt visualisieren kann. Hansmann: „Beide Unternehmen haben ein riesiges Potenzial und machen mir sehr viel Spaß.“
Hansi Hansmann & Michael Schuster von Speedinvest über die Investment-Trends 2022
OÖ HightechFonds: 1,7 Millionen Euro
Thomas Meneder, Geschäftsführer OÖ HightechFonds: „In den letzten beiden Jahren hat die Welt in einem erzwungenen Experiment intensive Erfahrungen mit Remote Work gemacht. Mitarbeiter in vielen Arbeitsbereichen werden nicht mehr fünf Tage die Woche ins Office pendeln. Die Wirtschaft reagiert schnell und Bürokapazitäten werden neu geplant.“ Diese neue Arbeitsweise bedarf neuer Tools, um Teams, die remote arbeiten auch zusammenzuhalten. Darum glauben wir an digitale Mitarbeiter-Feedback-Lösungen wie Teamecho.“
PUSH Ventures: 1,6 Millionen Euro
Die im burgenländischen Parndorf ansässige PUSH Ventures hat in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro investiert und es könnten laut Lukas Püspök und Laurenz Simbruner, beide Partner von PUSH Ventures, sogar noch mehr werden. Lukas Püspök: „Unser Allcyte-Exit war das absolute Highlight des Jahres 2021. Zu sehen welchen strategischen Mehrwert ein Startup gemeinsam einem großen Player entwickeln kann, war sehr beeindruckend für uns. Da wir auch Anteile am Käufer erhalten haben, konnten wir gleich im Herbst einen Nasdaq-IPO live miterleben.“