Interview

Ex-Bildungsministerin Rauskala: E-Learning nach der Krise als „belebendes Element“ an Schulen

Iris Rauskala war im Kabinett von Brigitte Bierlein Bildungsministerin © BKA/Andy Wenzel
Iris Rauskala war im Kabinett von Brigitte Bierlein Bildungsministerin © BKA/Andy Wenzel
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Iris Rauskala war als Bildungsministerin Teil der Übergangsregierung unter Brigitte Bierlein und ist nun im Jänner wieder an ihren alten Posten als Präsidialamtschefin im Bildungsministerium zurückgekehrt. Dort darf Sie sich nun unter anderem um das Thema E-Learning kümmern, das in der Coronavirus-Krise ein ganz neues Gewicht bekommen hat. Die Schulen bleiben insgesamt mindestens zwei Monate geschlossen, es wird aber trotzdem unterrichtet.

„Distance Learning“ ist für alle Seiten eine Herausforderung, vor allem aber auch für Lehrerinnen und Lehrer. Nur ein Viertel davon habe in den letzten Jahren eine entsprechende Fortbildung gemacht, sagt Rauskala im Interview mit Trending Topics und erklärt, wie man Schülerinnen, Lehrer und Eltern jetzt besser unterstützen will und was von den neuen Methoden bleibt, wenn die Schultore wieder öffnen.

Ich werde Sie jetzt nicht fragen, wann in den Schulen wieder unterrichtet wird, auch wenn das wohl den meisten Eltern unter den Nägeln brennt. Aber wenn es dann so weit ist: Wird durch die Learnings aus der Krise der Unterricht auch danach digitaler sein als davor?

Iris Rauskala: Ich denke schon, dass der Unterreich danach digitaler sein wird. Viele Pädagoginnen und Pädagogen nutzen jetzt die Gelegenheit, sich jetzt zum ersten Mal intensiv mit E-Learning und Distance Learning auseinanderzusetzen. Sehr Viele tun das auch schon länger und man sieht jetzt auch, welche Vorteile das bringt. Wenn man das gut anlegt, kann man Schülerinnen und Schüler in interaktive Aufgaben einbinden. Schülerinnen und Schüler können gemeinsam Dinge erarbeiten, ob vor- oder nachbereitend.

Könnte nach der Krise ein Teil des Unterrichts auf Distanz bleiben?

Da sind wir von den Schulgesetzen abhängig. Aber was ich mir gut vorstellen kann, ist, dass sich bestimmte Formen der Gruppenarbeit auf E-Learning ausweiten. Damit Schülerinnen und Schüler sich noch intensiver in ihrer Freizeit, wenn sie ihre Aufgaben oder Vorbereitungen machen, austauschen können. Dort können sie sich dann vielleicht auch mit den Pädagogen und Pädagoginnen austauschen. Dafür haben wir jetzt auch Fortbildungsmaßnahmen gesetzt. Wir möchten, dass mehr Lehrerinnen und Lehrer auch nach der Krise diese Methoden als belebende Elemente im Unterricht einsetzen.

Einige Lehrerinnen und Lehrer können mit der neuen Situation gut umgehen, andere weniger – wurde digitales Lehren in der Vergangenheit ein wenig vernachlässigt?

Hier geht es stark um die unterschiedliche Bereitschaft, man kann sicher nicht alle Pädagoginnen und Pädagogen über einen Kamm scheren. In den letzten Jahren haben wir über 30.000 Pädagoginnen und Pädagogen mit Fortbildungsmaßnahmen erreicht, das ist ungefähr ein Viertel. Blended Learning und E-Learning sind Bestandteil der meisten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Was wir lernen ist, dass sich viele, die mit solchen Methoden noch wenig Kontakt hatten, einfach fürchten. Da helfen vielleicht Hilfestellungen von erfahrenen Kollegen im geschützten Rahmen. So lernen wir alle bereitwilliger. Dafür haben wir eine neue Distance-Learning-Plattform geschaffen, über die sich die Lehrerinnen und Lehrer freiwillig weiterbilden können. Die Krise ist ein guter Anlass, dass viele Lehrerinnen und Lehrer aufspringen können.

Das Bildungsministerium hat eine neue digitale Lern- und Kommuniationsplattform für österreichische Schulen vorgestellt. Wie funktioniert die und was kann sie?

Die Distance Learning Plattform ist vor allem ein Angebot für Pädagoginnen und Pädagogen, sich intensiver mit E-Learning auseinanderzusetzen. Wir haben in Österreich vier Lehr- und Lernplattformen im Einsatz: Moodle, LMS, Office 365 und G-Suite. Die Distance Learning Plattform will auf einfache Weise eine Hilfestellung zu diesen Plattformen bieten. Lehrerinnen und Lehrer können sich hier in kurzen Videos informieren, wie man diese Plattformen anwendet. Die Idee ist, dass man bei den Plattformen bleibt, die bereits in den Schulen im Einsatz sind. Unsere Bitte an die jeweilige Schule ist, dass sie sich vor allem auf eine dieser Plattformen konzentriert und das Angebot streamlined.

Nachdem die Digitalisierung der Regierung und auch schon den Regierung davor so wichtig ist und war, wundert man sich ein bisschen: Warum gab es denn bisher für E-Learning keine einheitliche Plattform in Österreich?

Das hat unterschiedliche Ursachen. Einerseits bekennen wir uns zu einer Vielfalt der Angebote. Wir möchten nicht vorschreiben, welche Lernplattform angewendet werden muss. Diese Wahl ist den Schulen überlassen. Seitens des Bundesministeriums sind wir aber pädagogisch für alle Schulen zuständig und je nach Schultyp gibt es natürlich ganz unterschiedliche Angebote. Die Schulen sollen das selbst entscheiden, vor allem auch, weil unterschiedliche Schulerhalter mitzureden haben: Gemeinden, Länder und der Bund selbst. Wir stellen jetzt in der Krise aber fest, dass das auch seine Nachteile hat. Deshalb öffnen wir dieses Serviceportal, in dem es um Weiterbildungsangebote geht. Für diejenigen, die noch nichts im Einsatz haben, stellen wir Office 365 bereit, weil es hier Lizenzen für den Bildungsbereich gibt und diese Tools schon in sehr vielen Schulen verwendet werden.

Es gibt jetzt auch zahlreiche Angebote von Startups zu Lern-Apps, -Hilfen, -Plattformen. Ist so ein breites Angebot für Schulen sinnvoll und wie funktioniert hier die Qualitätssicherung?

Das Angebot ist sehr spannend und es ist auch ein Vorteil in der Krise, dass man sieht, was es da alles gibt. Gleichzeitig muss man dafür sorgen, dass das nicht zu einer zusätzlichen Überforderung der Lehrer und Lehrerinnen führt. Oder auch von Eltern, wenn sie diese Angebote selbst im Internet vorfinden. Wir haben deshalb bei uns auf der Homepage https://www.bmbwf.gv.at/ Hinweise, welche Applikationen wir für die unterschiedlichen Schulfächer empfehlen. Diese Apps sind qualitätsgesichert, sie sind vom Ministerium überprüft. Wir haben mit der Krise auch unsere Eduthek aufgeschaltet, die sich an Eltern richtet, die dort zusätzliche Lernangebote für ihre Kinder finden können.

Abgesehen von der Software: Vielen Schülern und Lehrern fehlt daheim ja auch das Equipment für Distance Learning. Es fehlt an Laptops, Internet, Druckern. Wie kann man dieses Problem zumindest mittelfristig lösen?

Das ist sehr wichtig und wir arbeiten mit Hochdruck an einer Bedarfserhebung. Es gibt sehr viele hilfreiche Angebote, etwa im Volksschulbereich, wo Pädagoginnen und Pädagogen Unterrichtspakete zur Verfügung stellen, die man in der Schule abholen kann. Bisher hat man da den Zugang, dass man Kindern gar nicht zu viele Geräte in die Hand geben will, weil man sie vernünftig pädagogisch einsetzen muss. Die größten Probleme haben wir in der Mittelschule, vor allem in der AHS-Unterstufe. Dort stellen wir fest, dass einerseits pädagogisch nachgeschärft werden muss – dass also nicht jeder Lehrer, jede Lehrerin große Unterrichtspakete an die Schülerinnen und Schüler übermitteln soll. Gleichzeitig brauchen wir aber auch Unterstützung bei den Geräten. Office 365 kann man aber auch auf jedem Smartphone gut anwenden. Wir wissen, dass die meisten Schüler zwischen 10 und 14 ein Smartphone haben. Wir müssen Pädagoginnen und Pädagogen zur Seite stehen und ihnen sagen, wie sie mit diesen Mitteln einen Unterricht gestalten können.

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