Gastbeitrag

Reality Check: Wird Amazon wirklich vom Buchhändler zur Bank?

Amazon ©MikeMozartCC20_flickr.com
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Jeff Bezos Onlineshop führt schon lange nahezu jeden erdenklichen Artikel im Sortiment, nun will Amazon offenbar auch eine Art Girokonto für seine Kunden anbieten. Das Angebot soll sich an junge Leute und diejenigen richten, die bisher über kein eigenes Konto verfügen. Das Projekt befindet sich allerdings noch in einer frühen Phase. Hätte es das Potential, den Payment-Bereich ähnlich umzukrempeln, wie seinerzeit den Buchmarkt? Was bedeutet das Projekt für den deutschen Markt? Und wo führt das Wachstum von Amazon noch hin? Roger Niederer, Head Merchant Services bei SIX Payment Services, macht den Reality Check.

Check 1: Wird Amazon jetzt zur Bank?

Amazon möchte nicht selbst zum Geldinstitut werden, stattdessen soll das Projekt zusammen mit etablierten Finanzdienstleistern angegangen werden. Als Partner ist unter anderem die amerikanische Großbank JPMorgan im Gespräch. Der Grund dafür dürfte sein: Würde Amazon eine eigene Bankensparte aufbauen und entsprechend eine Banklizenz beantragen, sähe sich das Unternehmen wesentlich strengeren Regularien ausgesetzt, die seinen aggressiven Wachstumskurs auf anderen Märkten bremsen könnten. In jedem Fall zeigt sich für Händler, dass es immer gut ist, einen starken Payment Service Provider an seiner Seite zu haben, der das entsprechende Knowhow mitbringt und neue Bezahlmethoden einfach und schnell in bestehende Prozesse und Systeme integriert.

Check 2: E-Commerce-Expansion ohne Grenzen?

Am Anfang verkaufte Amazon überwiegend Bücher, dann lieferte es seinen Kunden auch CDs und DVDs, heute kann man sich via Prime Musik und Prime Video Filme und vieles mehr auf alle Geräte streamen. Die riesige Auswahl des Onlineshops lässt sich dank Alexa auch per Sprachbefehl bestellen und sogar die Lieferung der Pakete will Amazon selbst übernehmen. Diese Ankündigung traf die Aktienkurse von UPS und Fedex empfindlich. Mit Amazon Pay hat das Unternehmen schon länger einen eigenen Bezahldienst, allerdings ließ sich der bisher nur mit mäßigem Erfolg bei anderen Onlineshops etablieren. Hier stieß auch der Gigant an seine Grenzen. Unlängst hat das Unternehmen mit seinem Cloud-Dienst Amazon Web Services eine weitere lukrative Sparte im Online-Business aufgetan. Die Konto-Pläne sind also nur ein weiteres Glied in einer langen Kette neuer Geschäftsideen. Wo die Reise noch hingehen wird, ist nicht abzusehen, aber es ist anzunehmen, dass CEO Jeff Bezos auch weiterhin auf Wachstum aus ist. Branchenkenner gehen davon aus, dass langfristig nur jeder zehnte deutsche Online-Händler mit seiner jetzigen Strategie konkurrenzfähig bleiben wird.

Check 3: Wie stark beeinflusst Amazon Online-Handel und Alltag?

Mit dem Vorwurf eine „Datenkrake“ zu sein wird Amazon – genau wie Apple und Google – schon länger konfrontiert. Seit der Einführung der Sprachassistenten ist der Vorwurf aktueller denn je, was Alexa genau speichert und was mit den Aufnahmen geschieht ist für den Nutzer undurchsichtig. Verbunden mit einem völlig vernetzten Smart Home könnte die digitale Mitbewohnerin noch viel mehr wissen und auch weitergeben: Wann kommen wir nach Hause? Wann schalten wir das Licht aus? Wann gehen wir ins Bett? Schauen wir nachts in den Kühlschrank? Die Sorge um diese Daten dürften bei den allermeisten Konsumenten die positiven Nutzungsmöglichkeiten von Alexa & Co noch überwiegen.

Mit der neuen Kontofunktion hätte Amazon nun auch Zugriff auf die Finanzdaten seiner Kunden. Mit all diesen Daten wäre es dann irgendwann auch kein Problem mehr, für jeden Kunden seine individuelle maximale Zahlungsbereitschaft für ein spezielles Produkt zu ermitteln und ihm dieses dann genau zu diesem Preis anzubieten. Allerdings wird niemand gezwungen bei Amazon einzukaufen und sich Alexa ins Wohnzimmer zu holen. Darüber hinaus verstärkt sich zunehmend das Bewusstsein für Datenschutz sowohl bei Bürgern, als auch Regierungen. Kunden werden sich in Zukunft vermehrt darüber Gedanken machen, ob sie ihre Daten wirklich in so konzentrierter Form einem einzigen Anbieter überlassen wollen. Auch hier bilden Payment Service Provider einen attraktiven Ausweg, da diese beispielsweise den Umgang mit den Kreditkartendaten pflegen und der Händler nicht mit ihnen in Berührung kommt.

Fazit

Auch in naher Zukunft werden wir unsere Brötchen noch beim Bäcker um die Ecke holen und sie nicht von Amazon per Drohne auf dem Balkon geliefert bekommen. Dennoch steht eines fest: Einzelhändlern weht ein rauer Wind entgegen und so manchen Onlineshop wird es möglicherweise in seiner jetzigen Form bald nicht mehr geben. Amazon und ein umfangreiches Zahlungsmittel-Portfolio sind als Herausforderungen für Onlineshop-Besitzer anzusehen. Doch mit den entsprechenden Technologie- und Beratungspartnern an der Seite, wie beispielsweise einem erfahrenen Payment Service Provider, muss sich niemand vor der Zukunft fürchten. SIX hat das Potential von Amazon erkannt und die Gefahren, die für den Handel entstehen können, und arbeitet an einer breite Palette von Lösungen, die es dem Merchant ermöglichen sollen, mit Amazon mitzuhalten. Omni-Channel, Conversational Commerce und Internet of Things – alles abgestimmt auf die aus zahlreichen Touchpoints bestehende neue Customer Journey und den sich wandelnden Bedürfnissen und Erwartungen der Verbraucher.

 

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