Trending Talks: „Wien hat eine schöne Historie an erfolgreichen HR-Startups“
Xing kauft Prescreen um 17 Millionen Dollar, JobRocker bekommt eine Förderung, und über den Sommer sollen sich Gerüchten zufolge noch einige weitere größere Dinge bei österreichischen Startups tun die auf HR- und Recruiting-Technologien spezialisiert sind. Wurde viel über FinTech, Artificial Intelligence oder Chatbots gesprochen, ist der Bereich in der Startup-Branche eigentlich ein durchaus überraschender Trend. Aber warum eigentlich?
Darüber haben wir bei „Trending Talks“ mit Günther Strenn, Gründer von JobRocker (digitales Headhunting), Daniel Laiminger, Mitgründer von Hokify (mobile Jobinserate), und Arnim Wahls, CEO bei Firstbird (Software für Mitarbeiterempfehlungen) diskutiert. Hier gibt es die Diskussionsrunde im Video zu sehen:
Die Gründe für den Boom
“Es gibt zwei große Trends: Unternehmen haben große Schwierigkeiten, die geeigneten Leute zu finden und es herrscht eine hohe Fluktuation. Der zweite ist die Bequemlichkeit: Wir haben durch Airbnb und Uber gelernt, wie einfach alles sein kann“, sagt Arnim Wahls von Firstbird. Sowohl auf Unternehmens- als auch auf Arbeitnehmerseite seien digitale Lösungen noch nicht so stark durchgedrungen wie in anderen Branchen, und jetzt käme eben diese Welle in der HR-Branche an. Zudem: „Wien hat eine schöne Historie an erfolgreichen HR-Startups wie Kununu (ebenfalls an Xing verkauft, Anm.) und Whatchado. Und als Deutscher kann ich sagen, dass die Österreicher ein sehr gutes Gefühl für Menschen haben.“
“In unserem Bereich entwickelt sich so viel, weil jeder diese Zwickmühle kennt. Jeder hat schon mal einen Job gesucht, deshalb ist niemanden dieses Thema egal“, sagt Daniel Laiminger von Hokify, die derzeit bei rund 200.000 Nutzern halten. „Wir haben im DACH-Raum allerdings großen Aufholbedarf, wenn man HR mit etwa mit der Digitalisierung des Marketing vergleicht. Im Marketing ist es Standard, dass man sich mit anderen Plattformen verknüpft, Im HR-Bereich allerdings noch lange nicht.”
Auf bestimmte Branchen, die besonders dringend digitale HR-Lösungen brauchen, lasse sich der Trend aber nicht herunterbrechen. “Wir erleben die ganze Bandbreite: Von kleinen Startups, die sich endlich Personalberatung leisten können, bis zu DAX-Unternehmen mit 300.000 Mitarbeitern. Wir haben ein komplett breit gestreutes Kundenportfolio”, sagt Günther Strenn von JobRocker.
Die Sache mit den Nutzerdaten
Gehaltswünsche, Lebenslaufe, Daten über Personen in bestehenden Anstellungsverhältnissen: Bei HR-Technologien muss Datenschutz groß geschrieben werden. “Wir wissen alles über unsere User, klar ,und das letzte, was die wollen ist, dass ihre Daten zugänglich sind. Datenschutz ist einer der wichtigsten Punkte. 94 Prozent unserer Kunden sind tatsächlich noch in anderen Jobs. Da müssen alle Kanäle dicht sein”, sagt Strenn von JobRocker. Deswegen würden die Systeme bei seiner Firma nicht in der Cloud laufen, sondern auf eigenen Servern, die in Deutschland stehen.
Technisch sei Recruiting-Tech durchaus eine Herausforderung, sagt Laiminger von Hokify: “Unsere Server stehen auch in Deutschland. Auch bei der Verschlüsselungstechnik muss man immer am neuesten Stand bleiben.“
Job-Beschaffer oder Job-Killer?
HR-Startups sind zwar dazu da, um den Jobmarkt effizienter zu machen und Arbeitsplätze an Suchende zu vermitteln – doch mit ihren digitalen Lösungen könnten sie auch dafür sorgen, dass Positionen in HR-Abteilungen obsolet werden. Ist Recruiting-Tech nicht auch ein Job-Killer?
“Wir sehen uns als Job-Killer, nämlich jene der traditionellen Personalberater, die es nicht wie Jobrocker geschafft haben, sich digital aufzustellen“, sagt Wahls von Firstbird. Ansonsten sei man aber eher eine Ergänzung denn ein Ersatz. Strenn pflichtet bei: „Wir haben eher eine ergänzende Funktion, wir unterstützen die HR-Abteilungen. Auch bei kleineren Unternehmen, bei denen sich der Geschäftsführer um das Thema kümmern muss, haben wir eine ergänzende Rolle.“ Auch Laiminger von Hokify sieht seine Firma nicht als Job-Killer: “Wir schaffen Jobs und zerstören keine. Wir entlasten eher die Geschäftsführung und sorgen dafür, dass Stellen, die lange unbesetzt blieben, schneller gefüllt werden.”