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Nach Greenwashing-Abmahnung: Refurbed vermarktet sich nicht mehr als „100% klimaneutral“

Refurbed-Logo. © Trending Topics
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Wie grün sind als „grün“ verkaufte Elektronikprodukte eigentlich? Diese Frage stellten sich kürzlich auch deutsche und französische Konsument:innenschutz, nachdem immer Beschwerden von Verbraucher:innen über Refurbished-Plattformen eingegangen waren. Das Ergebnis: Auch die beiden Scale-ups Refurbed aus Österreich und Back Market aus Frankreich wurden ins Visier genommen. Während Back Market in Frankreich gar geklagt wurde (mehr dazu hier), fasste Refurbed, eigentlich eines der österreichischen Vorzeige-Startups im Nachhaltigkeitsbereich, eine Abmahnung aus.

Und zwar aus drei Gründen: So wurde Refurbed, das eine Shopping-Plattformen für generalüberholte Elektronik wie Smartphones, Tablets oder Notebooks bietet, „irreführende Werbung mit fiktiven Preisvorteilen“, „Greenwashing mit fragwürdigen Umweltaussagen“ sowie der „rechtswidrige Einsatz von Werbe-Cookies“ vorgeworfen. Bisher hat das Unternehmen, das zuletzt 45 Mio. Euro von Investor:innen aufnahm und als aussichtsreicher Unicorn-Kandidat gilt, eine Unterlassungserklärung unterschrieben – und ist damit die Verpflichtung eingegangen, die beanstandeten Dinge nicht mehr zu machen bzw. zu behaupten.

„Mehr versprochen, als in der Realität machbar“

Um was geht es konkret? Auf der Startseite hat Refurbed mit den Worten „100% nachhaltig“ für seine Produkte geworben. Und auf einer Unterseite über die eigenen Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurde das Unternehmen als „100% klimaneutral“ dargestellt. Stimmt so nicht, meint der Konsument:innenschutz.

„Es ist gut, gebrauchte Produkte zu kaufen, aber es bietet auch den Anreiz für Unternehmen, zu übertreiben. Da wird oft mehr versprochen, als in der Realität machbar ist. Wenn Unternehmen Dinge versprechen, die in der Realität nicht so sind, dann ist Greenwashing ein Vorwurf, den man erheben kann“, sagt Susanne Einsiedler vom Team Rechtsdurchsetzung von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), die die Abmahnung an Refurbed in Wien verschickte, zu Trending Topics.

„Greenwashing“: Mahnungen und Klagen gegen Refurbished-Plattformen

Textänderungen: Nur mehr „nachhaltiger“ und nicht mehr „klimaneutral“

Mittlerweile hat Refurbed die Aussagen revidiert. Statt „100% klimaneutral“ steht da nun „100% nachhaltiger„, und die vormalige Behauptung „Dadurch sind all unsere Produkte 100% klimaneutral bzw. sogar CO2-negativ“ (in Bezug auf das Pflanzen von Bäumen) ist ebenfalls von der Webseite verschwunden. Refurbed wollte grundsätzlich argumentieren, dass Refurbished-Geräte 70% CO2 gegenüber Neugeräten einsparen, und die restlichen 30% würde man durch Bäumepflanzen kompensieren. „Da fehlten wesentliche Angaben, wo und von wem der Baum gepflanzt wird“, sagt Einsiedler.

Doch damit nicht genug, zu den irreführenden Aussagen über angebliche CO2-Neutralität gesellten sich dann auch noch irreführende Angaben zu den Produktpreisen. So wollte das Unternehmen darstellen, wie viel Geld man sich beim Kauf eines generalüberholten Geräts gegenüber einem anderen sparen könne – nur blieb man die Information schuldig, mit welchen Preisen da nun verglichen wurde.

Irritierend dabei ist, dass Vergleichspreise für Produkte, die auf der .de-Startseite präsentiert wurden, teilweise verschwinden, teilweise nicht. Dass manchmal die Vergleichspreise angezeigt werden und manchmal nicht, hat einen A/B-Test als Ursache. Derzeit würde man testen, wie und ob man die Vergleichspreise anzeigen sollte, heißt es seitens Refurbed.

Vorher (19. Juli Vormittag):

Nachher (19. Juli Nachmittag):

Generell verändern sich die Preise für die Geräte bei Refurbed ständig. „Preisanpassungen nehmen wir laufend vor. Zum größten Teil auch dynamisch, weil wir als Marktplatz die Preise unserer Händler abbilden. Erhöhen die Händler z.B. aufgrund gestiegener Nachfrage und/oder Verknappung des Gesamtangebotes (Stichwort: Lieferengpässe / Chipmangel) die Preise für z. B. Smartphones, dann reduziert sich dadurch natürlich die Ersparnis gegenüber dem Neukauf“, so ein Unternehmenssprecher.

„Möglicherweise hätten manche Produkte nicht gekauft“

Sind deswegen nun Konsument:innen sogar zu Schaden gekommen? Konkrete Fälle kennt Einsiedler keine, meint aber allgemein: „Möglicherweise hätten manche Produkte nicht gekauft, wenn sie gewusst hätten, das so manche Aussage nicht stimmt oder das der durchgestrichene Vergleichspreis nicht stimmt.“ Weitere Konsequenzen nach der Abmahnung drohen Refurbed durch die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung nicht, solange die beanstandeten Punkte geändert werden – also auch keine Klage und keine Strafzahlung.

Was sagt das Unternehmen selbst dazu? „Grundsätzlich freuen wir uns, dass der VZBV bei den Marktplätzen genauer hinschaut. Nur durch transparente Kommunikation und eindeutige Belege zu den Aussagen kann verhindert werden, dass Greenwashing betrieben wird. Das Vertrauen, dass wir uns als Marke, Marktplatz, aber auch für die gesamte Branche im Bereich Nachhaltigkeit in den letzten Jahren aufgebaut haben, wollen wir nicht durch irreführende Werbung verspielen. Dafür steht Refurbed definitiv nicht. Und es widerspricht auch unserer Mission“, heißt es aus dem Unternehmen.

Das bisher Änderungen an der Webseite vorgenommen wurden, bestätigt das Wiener Unternehmen. „Überall dort, wo wir Aussagen zum Impact auf CO2 Emissionen treffen, haben wir – falls es nicht eh schon dort stand– „im Vergleich zu einem Neukauf“ ergänzt“, heißt es. Und weiter: „Aus ‚100% nachhaltig‘ wurde ‚100% nachhaltiger‚, weil der VZBV vermutete, die ursprüngliche Aussage könnte irreführen. Hier haben wir pragmatisch reagiert und die zwei Buchstaben ergänzt.“ Dass auch zwei Buchstaben gerade hier einen wesentlichen Unterschied in der Aussage ausmachen, ist auch klar.

Andere Infos bleiben wie gehabt

Warum wurde schließlich aus „100% klimaneutral“ das Wording „100% nachhaltiger“? „Die Änderungen auf der Nachhaltigkeitsseite sind zum Teil auf Basis des Feedbacks des VZBV, zum Teil aus SEO-Gründen entstanden. Auch hier gilt, dass wir die Inhalte laufend anpassen, parallel A/B-Testings umsetzen und die Learnings in die Texte einfließen lassen“, so das offizielle Statement aus dem Unternehmen. Man werde aber das Wording „100% klimaneutral“ wieder aufnehmen, sobald man den Nutzer:innen im Detail auf der Webseite erklären kann, wie sich das berechnet. Das soll in den nächsten Wochen erfolgen.

Das Wording „70% CO2-Ersparnis gegenüber dem Neukauf“ könne man dagegen weiterhin wie bisher verwenden, genauso wie man darauf bestehe, weiter behaupten zu dürfen, dass Refurbishment den Elektroschrott verringere. Diesen Einspruch seitens Refurbed hätte der VZBV auch akzeptiert.

Refurbed-Mitgründer Peter Windischhofer gab sich am Business Angel Summit in Kitzbühel zuletzt kämpferisch. Er forderte von den mehr als 100 versammelten Investor:innen der Veranstaltung, keinen Cent mehr in jene zu investieren, die nicht nachhaltig sind (Trending Topics berichtete).

„Investiert nicht ins nächste Bitcoin-Crypto-Blockchain-Massaker!“

Anmerkung: Der Artikel wurde hinsichtlich der laufenden A/B-Testings bei den Preisvergleichen sowie der geplanten Wiederaufnahme der Kommunikation rund um „100% Klimaneutralität“ upgedatet.

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