Regierung präsentiert Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte
Die Reform der Rot-Weiß-Rote-Karte (RWR) für die qualifizierte Zuwanderung in Österreich gilt schon seit Längerem als überfällig. Bislang haben sich Unternehmen und Startups immer wieder über große Mängel bei dem Prozess der Ausstellung der Karte beschwert. Deshalb hat Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP), vor Kurzem eine Reform angekündigt. Nun hat die Regierung laut dem Standard den Entwurf dieser Reform vorgestellt. Schon jetzt räumt selbst Kocher ein: Das Fachkräfteproblem wird damit nur gelindert, nicht gelöst. Lob gab es von der Wirtschaft, Kritik dagegen von ÖGB und AK.
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Lockerungen für Saisonniers
Derzeit gibt es etwa 5.000 Inhaber:innen der RWR-Karte. Doch rund 124.000 Jobs sind in Österreich derzeit unbesetzt. Durch die Reform sollen wesentlich mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland kommen, denn durch sie sollen die Verfahren einfacher und schneller als bisher abgewickelt werden. Die Kriterien für die Zulassung sollen deutlich niedriger werden. Neu ist etwa eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Saisonarbeitskräfte. Sprachzertifikate sollen künftig länger gelten.
Saisonarbeitskräften, beispielsweise im Tourismus, stünde mit der Rot-Weiß-Rot-Karte eine ganzjährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu, die dann verlängert werden kann. Konkret können Menschen, die seit drei Jahren als Saisonniers beschäftigt waren, zu Stammsaisonniers werden. Nach zwei weiteren Jahren haben sie die Möglichkeit, eine RWR-Karte zu bekommen. Ebenfalls lockerer wird das Punktesystem, das bestimmte Qualifikationen zusammenrechnet und so definiert, ob Antragstellende zulässig sind.
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Englischkenntnisse gewinnen an Bedeutung
Beim Punktesystem sollen Berufserfahrung und Sprachkenntnisse künftig mehr Punkte erhalten. Auch bei Sprachnachweisen soll das System bald weniger streng sein. Erbrachte Deutschnachweise sollen für fünf statt wie bisher für ein Jahr gültig sein. Darüber hinaus soll es gleich viele Punkte für Englisch- wie für Deutschkenntnisse geben, wenn die Konzernsprache Englisch ist.
Für Studienabsolvent:innen soll die bis dato bestehende Einkommensgrenze von 2.551,50 Euro Bruttomonatseinkommen ohne Sonderzahlungen fallen. Im Zuge der Umsetzung der EU-Vorgaben für die blaue EU-Karte, die besonders hochqualifizierten Akademiker:innen unionsweit den Jobzugang ermöglicht, soll die Gehaltsgrenze auf das Durchschnittsgehalt von Vollzeitbeschäftigen gesenkt werden. Neu ist auch, dass IT-Kräfte keinen Studienabschluss mehr vorweisen müssen, wenn sie mehr als drei Jahre Berufserfahrung haben.
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Scharfe Kritik von ÖGB und AK
Zusätzliche Punkte gibt es auch für jene Menschen, die in Mangelberufen ausgebildet sind – wie etwa im Pflegebereich. Lehrabschlüsse sollen in diesen Bereichen künftig den gleichen Wert wie Uniabschlüsse haben. Barbara Neßler, Tourismussprecherin der Grünen, nannte die Reform einen „wichtigen Meilenstein“. Diese würde Hürden und Unsicherheiten beseitigen. Die Möglichkeit eines dauerhaften Aufenthalts werde zudem den Druck auf bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen in der Branche erhöhen. Lob gab es auch vonseiten des Tourismus, der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer.
Kritik dagegen gibt es von der Opposition und auch vom Gewerkschaftsbund (ÖGB) und der Arbeiterkammer (AK). Diese sehen einen „völligen Bruch“ bisheriger Gepflogenheiten, da sie im Vorfeld nach eigenen Angaben überhaupt nicht in die Verhandlungen eingebunden waren. Außerdem ließe die Reform selbst viel zu wünschen übrig. Saisonniers seien ihrer Ansicht nach dadurch nicht besser gestellt. Dafür brauche es die Aussicht auf eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung. Auch forderten sie, dass die Arbeitnehmervertretung an der Vollziehung der RWR-Karte beteiligt ist. Nach Regierungsplan ist die Austrian Business Agency (ABA) dafür vorgesehen, diese ist laut ÖGB aber der Arbeitgeberseite zuzurechnen.