Reminder an Regierung: Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte längst überfällig
Die türkis-grüne, gebeutelte Regierung ist nun zwei Jahre alt und geht ins dritte Jahr ihrer Regierungsperiode. Noch immer gibt es zahlreiche Punkte im Regierungsprogramm, die nicht abgearbeitet sind. Ein wichtiger Punkt, vor allem für Digitalunternehmen, Startups und Scale-ups: die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte. Die wurde zwar bereits 2020 reformiert, aber die „Verbesserungen“ haben nicht gegriffen – sie werden gemeinhin als Fail bezeichnet.
Auch in der brandneuen UNICORN CITY-Dokumentation schildern Gründer:innen, Investor:innen und andere Expert:innen eindrücklich, wie schlecht die RWR-Karte, mit der man eigentlich internationale Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland zu Unternehmen holen können soll, funktioniert. Über die vielen Probleme mit der RWR-Karte hat Trending Topics bereits ausführlich berichtet, und mittlerweile gibt es sogar Startup-Initiativen, die versuchen, den rechtlichen Mangel durch smarte Services auszugleichen.
Rot-Weiß-Rot-Karte: Dann richtet’s sich der Markt halt selber…
Zuletzt hat auch die Wirtschaftskammer mit Verweis auf den „gravierenden Fachkräftemangel“ ihre langjährige Forderung nach einer Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte wiederholt, „um den Betrieben zu den benötigten Fachkräften zu verhelfen“.
Dabei muss man festhalten: Es steht eigentlich eh schon alles im Regierungsprogramm, man müsste es halt auch mal umsetzen. Damit du nicht das 300-Seiten-PDF durchforsten musst, hier die von Türkis-Grün geplanten Reformen:
- Prüfung einer Konsolidierung des gesetzlichen Rahmens (aktuell verteilt in Ausländerbeschäftigungsgesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz)
- Unternehmen und Antragstellende können sich im Sinne eines One-Stop-Shops bei der Austrian Business Agency (ABA) als Servicestelle unbürokratisch über den aktuellen Stand ihrer RWRKarte informieren
- Schaffung einer digitalen Plattform, die die Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Schritte sowohl bei der Antragstellerin bzw. beim Antragsteller als auch bei den beteiligten Ministerien, Bezirkshauptmannschaften und Magistraten ermöglicht
- Aufbau eines Monitoring-Systems zu Verfahrensdauern
- Ziel eines raschen Verfahrensabschlusses
- Bei Antragsstellung sollen auch englischsprachige Unterlagen und Korrespondenz akzeptiert werden.
- Schrittweise Digitalisierung des Verfahrens: In einem ersten Schritt soll die Antragstellung durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch online möglich sein. Ziel ist es, in einem weiteren Schritt auch digitale Verfahren für Antragstellende auf RWR-Karte zu ermöglichen unter Wahrung der Feststellung der persönlichen Identität.
- Verkürzung der Wartefristen für Erstgespräche von Antragstellende an österreichischen Vertretungsbehörden. Mit dem Erstgespräch soll auch ggf. das Visum- und RWR-Karten-Verfahren gestartet werden können.
- Verfahren straffen: Die involvierten Ministerien sollen notwendige Überprüfungen parallel und nicht wie bisher ausschließlich hintereinander durchführen (Visum-Ausstellung, Qualifikationsüberprüfung, Sicherheitsüberprüfung) – ohne Entscheidungsreihenfolge zu ändern, d. h. Visum-Ausstellung erfolgt auch weiterhin nur vorbehaltlich einer positiven Entscheidung bei der Qualifikationsüberprüfung
- Evaluierung des Ersatzkräfteverfahrens sowie branchen- und bedarfsgerechte Beschleunigung der „Vorrangprüfung“ (möglichst innerhalb von 10 Werktagen)
- Postwege digitalisieren: Diplomatische Post soll neben dem Postweg auch elektronisch über sichere Datenübermittlungswege unter Einhaltung des Datenschutzes verschickt werden.
- Voraussetzung „ortsübliche Unterkunft“ als Nachweispflicht abschaffen
- Gehaltsgrenzen für benötigte Fachkräfte überarbeiten, um Einstiegsbarrieren zu reduzieren – bei Aufrechterhaltung unserer Lohn- und Sozialstandards – Überprüfung des Punkteschemas hinsichtlich Berufserfahrung und Qualifikation
- Prüfung einer Erleichterung beim Mittelnachweis für Aufenthaltsbewilligung für Studierende unter besonderer Berücksichtigung der Missbrauchsmöglichkeiten
- Prüfung eines Systems von „Trusted Employers“ (erwiesenermaßen besonders erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer) im Sinne der Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer
- Novelle EU-ICT umsetzen (Aufenthaltsbewilligung für unternehmensintern transferierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, z. B. zu Trainingszwecken) und Visum-Verfahren insbesondere für Geschäftsreisende beschleunigen
- Beschleunigung der Verfahren (max. ein Monat, ohne Arbeitsmarktprüfung) und Abbau bürokratischer Hürden
- Verbesserung bei der Visavergabe für Verwandtenbesuche, wissenschaftlichen Austausch, Forschungszwecke und Kulturprojekte
- Familiennachzug: Digitale Plattformen zum Deutschkurserwerb werden ausgebaut. Die Kooperation zwischen österreichischen Vertretungsbehörden und Sprachinstituten wird gestärkt, sodass Sprachprüfung und persönliche Vorsprache bei der Botschaft terminlich zusammengeführt werden können.
Wenn das alles umgesetzt wird, dann sollte qualifizierte Zuwanderung deutlich einfacher funktionieren. Man müsste die Liste eigentlich nur mehr abarbeiten und umsetzen. Let’s go!