RePowerEU: Mit diesem Plan will Europa von Russlands Öl und Gas wegkommen
„Putins Krieg stört den Energiesektor enorm, wie wir alle sehen. Es zeigt einerseits, wie abhängig wir von Importen von fossilen Brennstoffen sind. Andererseits zeigt es, wie verletzbar wir sind, indem wir uns auf Russland verlassen“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen bei einer Pressekonferenz am 18. Mai. Deswegen müsse man so schnell wie möglich von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland loskommen. Gelingen soll das mit dem „RePowerEU“-Plan, der heute vorgestellt wurde. „Ich bin stark davon überzeugt, dass wir das schaffen“, so Von der Leyen.
„RePowerEU“ soll Energiewende beschleunigen
Der „RePowerEU“-Plan sieht dabei bis zu 300 Milliarden Euro-Investitionen bis 2030 vor, um energieunabhängiger zu werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies bei der Vorstellung des Plans darauf hin, dass für die Umgestaltung massive Investitionen und Reformen erforderlich sind: „Wir mobilisieren zu diesem Zweck bis zu 300 Milliarden Euro. Davon rund 72 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und 225 Milliarden Euro an Darlehen.“
Von der Leyen verweist dabei auf die bereits erzielten Fortschritte. So gelang etwa bereits der Ausstieg aus russischer Kohle. Und auch beim Erdgas gehe es stetig voran. „Im letzten Jahr kam 40 Prozent des importierten Gases aus Russland. Diesen April konnten wir diesen Wert bereits auf 26 Prozent drücken“, so Von der Leyen. „Es geht in die richtige Richtung, aber es muss schneller gehen“, so die Kommissionspräsidentin.
Our proposals are addressing Europe’s energy security, our defence and support to Ukraine.
We must now reduce as rapidly as possible our reliance on Russia in energy.
We can.
https://t.co/SF640dlGl6— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) May 18, 2022
Energiesparen in Industrie und Verkehr
Durch den RePowerEU will die EU-Kommission zwei Hauptziele erreichen: die Abhängigkeit der EU von russischen fossilen Brennstoffen zu beenden bis zum Ende des Jahrzehntes und die Klimakrise zu bewältigen. Dabei setzen sie auf verschiedene Strategien. Eine davon: massives Energiesparen. Dieses sei der EU-Kommission zufolge „der schnellste und billigste Weg, die aktuelle Energiekrise zu bewältigen und die Rechnungen zu senken.“ Dafür schlägt die EU-Kommission vor, die langfristigen Energieeffizienzmaßnahmen zu verstärken, einschließlich einer Anhebung des Energiesparziels der EU für 2030 von 9 auf 13 Prozent.
In einer ebenfalls aktuell veröffentlichten Mitteilung zum Energiesparen der EU-Kommission schlägt die EU-Kommission ihren Mitgliedsländern auch vor, steuerliche Maßnahmen zur Förderung von Energieeinsparungen zu etablieren. Als Beispiele nennen sie ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf energieeffiziente Heizungssysteme, Gebäudeisolierung sowie Geräte und Produkte. Auch Möglichkeiten für Energieeinsparungen der Industrie und Empfehlungen an Städte, Regionen und Behörden zur Substitution fossiler Brennstoffe im Verkehr haben sie zusammen gefasst.
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Doch es soll nicht nur gespart, sondern auch ausgebaut werden. Statt bisher 40 Prozent, sollen bis 2030 45 Prozent der Energie aus Erneuerbaren Quellen innerhalb der EU bezogen werden.“Der europäische Green Deal und ‚Fit for 55‘ waren bereits sehr ambitioniert, aber heute bringen wir unseren Ehrgeiz auf ein neues Level“, so Von der Leyen. Damit das auch erreicht wird, empfiehlt die Kommission daher etwa Genehmigungsverfahren für Projekte mit Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. „Das Genehmigungsverfahren für einen Windpark dauert heute oft sechs bis neun Jahre“, so Von der Leyen.
Das ist kontraproduktiv. Daher sollen die Mitgliedstaaten Gebiete für erneuerbare Energien ausweisen, welche besonders für solche Großprojekte geeignet sind und in denen „verkürzte und vereinfachte Genehmigungsverfahren in Gebieten mit geringeren Umweltrisiken gelten.“ Innerhalb nur eines Jahres sollen in diesen Gebieten die Genehmigungen dann vorliegen. Um die rasche Ermittlung solcher Gebiete zu erleichtern, stellt die Kommission ein digitales Kartierungsinstrument für geografische Daten in den Bereichen Energie, Industrie und Infrastruktur zur Verfügung. Zudem plädiert die EU-Kommission dafür Erneuerbare-Energien-Projekte als Projekte im „überragenden öffentlichen Interesse“, einzustufen.
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Auch eine spezielle EU-Solarstrategie zur Verdoppelung der Photovoltaikkapazität bis 2025 und zur Installation von 600 GW bis 2030 ist Teil des Plans. Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die EU-Kommission eine Solar-Dach-Initiative vor, mit einer schrittweisen gesetzlichen Verpflichtung zur Installation von Solarzellen auf neuen öffentlichen und gewerblichen Gebäuden sowie auf neuen Wohngebäuden. Auch der Einsatz von Wärmepumpen soll in den nächsten Jahren forciert und bis 2030 verdoppelt werden. Auch Maßnahmen zur Integration von geothermischer und solarthermischer Energie in modernisierte Fern- und Nahwärmesysteme sind vorgesehen.
Investitionen auch in fossile Energie
Bis zu 10 Milliarden Euro sollen hingegen auch noch in den Ausbau von noch fehlenden Gas- und LNG-Verbindungen in den einzelnen Ländern investiert werden. Daneben stellen sie bis zu 2 Milliarden Euro für Investitionen in die Öl-Infrastruktur bereit, um russische Öl-Lieferungen abzulösen. „Der Rest, also 95 Prozent der Finanzierungen, soll die Wende zu sauberen Energien vorantreiben“, versichert Von der Leyen.
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Zudem will die EU eine gemeinsame Plattform einrichten, um Erdgas, LNG und Wasserstoff gemeinsam zu erwerben. „Wir wissen, dass Europa mehr Einfluss hat, wenn es gemeinsam agiert“, argumentiert Von der Leyen für den Schritt. Denn beim Wasserstoff soll es nun auch deutlich voran gehen. So ist es geplant, die inländische Erneuerbare Wasserstoff-Produktion bis 2030 auf 10 Millionen Tonnen anzuheben, weitere 10 Millionen Tonnen sollen laut Presseaussendung importiert werden. Zur Beschleunigung von Wasserstoffprojekten, würden zusätzliche Mittel in Höhe von 200 Millionen Euro für die Forschung bereitgestellt, so die Kommission, welche sich zudem verpflichtet die Bewertung der „ersten wichtigen Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse“ noch bis zum Sommer abzuschließen. Der Aktionsplan für Biomethan sieht zudem vor, die Produktion von Bio-Methan bis 2030 auf 35 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen.
Viele der Maßnahmen müssen nun mit den EU-Ländern und dem Europaparlament verhandelt werden. Finanziert werden sollen die Maßnahmen zum Teil aus dem Corona-Aufbaufonds der EU. Aber auch die Versteigerung von überschüssigen Zertifikaten aus dem Emissionshandel soll neue finanzielle Mittel bringen, so der Vorschlag der EU-Kommission.
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E-Wirtschaft begrüßt Maßnahmen von RePowerEU
Die österreichische E-Wirtschaft begrüßt die Maßnahmen zur Beschleunigung der Energiewende. „Angesichts von Gasknappheit und steigenden Kosten infolge des Ukraine-Krieges steht die E-Wirtschaft derzeit vor enormen Herausforderungen in den Bereichen Versorgungssicherheit und Preisstabilität. Gleichzeitig müssen wir gerade in der aktuellen Situation die Transformationsprozesse weiter beschleunigen. Wir begrüßen daher die Rückendeckung auf europäischer Ebene, die die heute präsentierten Maßnahmen geben“, gibt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie in einer Aussendung bekannt.
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Nicht sehr begeistert ist dabei die Umweltschutzorganisation WWF. „Anstatt das Umweltrecht auszuhöhlen, muss die europäische Politik endlich ihre Hausaufgaben machen, um die Energiewende zu beschleunigen. Vom Energiesparen über den besseren Schutz der Natur bis zur Mobilitätswende und zum Abbau bürokratischer Hürden gibt es extrem viel zu tun“, sagt WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner in einer ersten Reaktion. Eigene Energieraumplanungen seien grundsätzlich sinnvoll, aber alle Projekte müssen Naturschutz-Standards und demokratische Beteiligungsrechte einhalten.
Auch Österreichs Regierung gefordert
Auch die NGO Global 2000 begrüßt die ehrgeizigen EU-Ziele von RePowerEU, fordert aber eine naturverträgliche Energiewende. „Dass die EU verstärkt auf Energieeinsparungen und den Ausbau erneuerbarer Energien setzen will, ist ein wichtiges Signal. Allerdings ist es wichtig, dass die Energiewende naturverträglich erfolgt“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000. Die Umweltschutzorganisation fordert zudem weitergehende Bemühungen, die EU gänzlich von der Abhängigkeit von fossilen Energielieferungen zu befreien und nicht nur von russischem Gas.
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GLOBAL 2000 sieht zudem die österreichische Bundesregierung gefordert, die Energiewende in Österreich voranzubringen und wichtige Gesetzesvorhaben rasch zu beschließen. Das Erneuerbaren-Wärmegesetz, das Energieeffizienzgesetz und das Klimaschutzgesetz sind bereits lange in Vorbereitung oder noch immer in der Warteschleife. Hier brauche es einen großen Wurf, der den Ausstieg aus Gas- und Ölheizungen, sowie die Umstellung der Fernwärme auf klimafreundliche Energien vorantreibt.