Politik

Robert Habeck am Web Summit: “Es braucht mehr Gründerinnen für Wirtschaftswachstum”

Robert Habeck und seine Delegationsgruppe beim Web Summit 2024 in Lissabon. Den Spirit des Events möchte er mit nach Hause nehmen, „um das deutsche Startup-Ökosystem noch schlagkräftiger und weiblicher zu machen“. © Dominik Butzmann, BMWK
Robert Habeck und seine Delegationsgruppe beim Web Summit 2024 in Lissabon. Den Spirit des Events möchte er mit nach Hause nehmen, „um das deutsche Startup-Ökosystem noch schlagkräftiger und weiblicher zu machen“. © Dominik Butzmann, BMWK
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Frühzeitiger Wahlkampf oder ernst gemeintes wirtschaftliches Anliegen? Der Stellvertreter des deutschen Bundeskanzlers und Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reiste mit einer rein weiblichen Delegationsgruppe nach Lissabon zum Web Summit.

Darunter befanden sich auch einige in der österreichischen Startup-Szene bekannte Gesichter. Die Message von Habeck lautete: Gäbe es mehr Gründerinnen, würde Deutschland wirtschaftlich besser performen. Laut deutschem Startup-Monitor sank der Anteil an Gründerinnen 2024 gegenüber den Vorjahren und liegt jetzt bei 18,8 Prozent.

Warum Habeck den Web Summit besucht

Der Presseraum im Media Village am Web Summit war gesteckt voll. Deutsche, amerikanische und portugiesische Journalist:innen – sie alle drängten sich um den Stellvertreter des Bundeskanzlers sowie Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland. Welche Mission Habeck auf Europas größter Tech-Konferenz verfolgte, begründete er in seinem Eröffnungsstatement wie folgt:

„Die Wachstumsperspektive Deutschlands und das Zukunftspotenzial würden sich erheblich verbessern, wenn mehr Frauen gründen würden. Dies hier klarzumachen und dafür offensiv einzutreten, ist der politische Grund dieser Reise.“

Er betonte auch, dass seine Anreise nach Lissabon für ihn und für Deutschland in herausfordernden Zeiten stattfindet. Dennoch möchte er, so Habeck, Termine wie diese als Minister so gut wie möglich wahrnehmen, solange er das könne, „ohne den Wahltermin zu belasten.“

Bevor die Pressekonferenz losging, gab es noch einen Austausch mit Carlos Moedas, dem Bürgermeister von Lissabon. © Trending Topics
Bevor die Pressekonferenz losging, gab es noch einen Austausch mit
Carlos Moedas, dem Bürgermeister von Lissabon. © Trending Topics

Frauenanteil am Web Summit

Die offiziellen Zahlen des Veranstalters zeigen: Über 44 Prozent der am Web Summit anwesenden Startups wurden von Frauen gegründet. Dies sei der höchste Anteil bisher, ließ Katherine Farrell, Vice President of Communications, wissen. Frauen machen laut ihr außerdem 42 Prozent aller Teilnehmenden und 37 Prozent der Speaker:innen aus. Insgesamt wurde der Web Summit 2024 von 71.528 Teilnehmenden aus 153 Ländern besucht, wie die jüngsten Daten zeigen.

“Gründerinnen sind unterrepräsentiert”

In Habecks Delegation waren unter anderem Katja Ruhnke, Gründerin von CK Venture Capital – eine der bekanntesten weiblichen Business Angels in Deutschland – sowie die Gründerin und Vorstandsvorsitzende des Deutschen Startup-Verbands, Verena Pausder.

In seiner Rede wies er darauf hin, dass Frauen das zukünftige Wirtschaftswachstum repräsentieren, es aber mindestens ein Problem gäbe: „Gründerinnen sind unterrepräsentiert. Wenn der Anteil in allen Ländern bei ungefähr 20 Prozent liegt, werden nur 20 Prozent der Unternehmen von Frauen gegründet. Das Venture Capital, das in diese Unternehmen fließt, ist noch niedriger und liegt oft nur bei 1 bis 2 Prozent.“

Dies zu ändern sieht er als “politische Aufgabe, die jede in der Gesellschaft auch die männlichen Teile mittragen können und sollten.“ Dafür gab es Applaus von einigen Journalist:innen, worauf Habeck überrascht reagierte und meinte, den bekäme er bei politischen Reden vor Medien normalerweise nicht.

Deutsche Startup-Szene und das Gerechtigkeitsproblem

Der Wirtschaftsminister bezeichnet die deutsche Startup-Szene als lebendig und präsent: “Die Zahlen zeigen, dass mehr gegründet wird und die Stimmung besser ist als der Durchschnitt in der Wirtschaft.”

Mit der rein weiblichen Delegation möchte Habeck auf ein Gerechtigkeitsproblem hinweisen, sagte er. Es müsse möglich sein, dass Frauen sowohl Familie als auch Unternehmen gründen können, ohne Angst davor zu haben. „Es besteht ein enormes Potenzial und eine Ungerechtigkeit, die beseitigt werden muss. Der Zugang zu Kapital und Marktchancen ist ungleich verteilt.“ Die Gründerinnen aus der Startup-Szene hätten ihm „sehr persönlich davon erzählt, welche Hürden sie überwinden müssen“, und das seien deutlich mehr als für ihre männlichen Kollegen.

Dies wird auch vom aktuellen deutschen Startup-Monitor unterstrichen – er zeichnet ein düsteres Bild, wenn es um weibliche Gründungen geht: Frauen gründen demnach immer seltener. Der bundesweite Anteil an Gründerinnen sank auf 18,8 Prozent – 2023 waren es noch 20,7 Prozent. Dabei stieg der Anteil seit 2019 stetig.

Stimmenfang oder Herzensthema?

Zu beurteilen, ob Habecks Auftritt reine PR oder ein echtes Herzensthema ist, bleibt jedem selbst überlassen. Wie viel er an der Gründungsproblematik in seiner Rolle als Minister und amtierender Kanzlerkandidat für die Grünen tatsächlich verbessern kann, ist fraglich. Im Februar stehen jedenfalls die Deutschland-Wahlen an, und der Wahlkampf rückt näher bzw. hat möglicherweise bereits begonnen.

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