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Robotics-Experte: „Ein Bot kostet ein Drittel von einem Mitarbeiter“

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Der internationale IT-Dienstleister DXC will in Österreich ein Test-Labor für neue Technologien aufbauen und sich hierzulande besonders auf das Thema Künstliche Intelligenz stürzen. Stark standardisierte Bürojobs könnten beispielsweise in österreichischen Banken demnächst von Bots übernommen werden. Fatmir Kqiku verantwortet in Nord- und Zentraleuropa den entsprechenden Bereich, Robotics, den er auch selbst mitaufgebaut hat. Im Interview mit Trending Topics spricht er darüber, was Künstliche Intelligenz schon kann und wo die Grenzen liegen. In Zukunft stehen wir laut Kqiku vor der Herausforderung, in unseren Jobs vor allem Mensch sein zu müssen – Mathegenies und Controller werden von Firmen dann nicht mehr gesucht.

Trending Topics: Was würden Sie tun, wenn Ihr Job von Robotern übernommen wird?

Fatmir Kqiku: Ich würde etwas mit Menschen machen.

Da müssen Sie vermutlich noch einige Jahre warten. Wo liegen derzeit die Grenzen von Bots?

Überall dort, wo es Freiräume gibt, die man ausnutzen kann. Wenn man als Berater zum Beispiel nonverbale Signale zu lesen gilt. Bei Geschäftsbeziehungen erhalten manchmal die kleinen Dinge die Freundschaft.

Bankberater werden also nach wie vor gebraucht werden?

Ja, aber gewisse Arten von Beratung werden verschwinden. Wenn es um reine Angebote geht und um ein rein rationales Gespräch, können schon sehr gute „Robo Advisors“ übernehmen. Wenn es aber darum geht, die Lebenssituation eines Menschen zu verstehen und ein Portfolio darauf abzustimmen und zum Beispiel in Zukunft anzupassen, das wird noch sehr lange dauern, bis das automatisiert ist.

Wann werden Robo Advisors einfühlsam sein können?

Wenn man heute einen Bot nach einem Bild einer Katze fragt, findet er das. Das ist mit Machine Learning kein Problem. Aber, was eine Katze besonders macht, im Vergleich zum Hund – dass Katzen einen ganz anderen Charakter haben, das versteht der Bot nicht. Wir wissen nicht, ob er solche Dinge jemals verstehen wird. Wir wissen aber, dass Computer immer schneller werden und es noch nie so viele Menschen gab, die sich damit beschäftigt haben. Es war noch nie so einfach, an dieses ganze Wissen heranzukommen. Es spricht also vieles dafür, dass wir erst ganz am Anfang stehen und dass es sehr schnell gehen wird. Noam Chomsky würde aber sagen, dass Roboter dennoch nie vollkommen sein können wie Menschen. Und wenn, dann vielleicht erst in hunderten Jahren. Bis dahin haben wir uns womöglich selbst zerbombt oder mit Chemiewaffen ausgelöscht.

Vor welchen Herausforderungen steht DXC bei der Programmierung von Robo-Mitarbeitern?

Manager glauben oft, dass sich die Bots alles selbst beibringen. Komplett selbstlernende Bots gibt es aber noch gar nicht. Dafür bräuchte man Bots, die menschliche Mitarbeiter ausspähen und jeden noch so kleinen Handgriff oder Blick dokumentieren. In Deutschland und Österreich ist das offensichtlich sehr schwierig oder schlicht verboten. Also muss ich hier auf zwei Ebenen arbeiten. Einerseits braucht es hier Process Mining und andererseits Interviews mit Mitarbeitern, die in diesen Prozessen arbeiten. Beim Process Mining durchleuchte ich datenbasiert die Prozesse und sammle dabei so viele Prozessdaten wie ich bekommen kann. Diese Aktivitäten versehe ich mit einem Zeitstempel um sie in einem sinnigen Prozesskontext zu überführen.

Wenn ich als Mitarbeiter befragt werde, dann werde ich vermutlich nur von ein paar Highlights erzählen. Selbst wenn ich jeden Schritt durchgehen würde, würde ich weglassen, was ich für selbstverständlich halte. Und morgen nachmittags sehen meine Antworten wieder etwas anders aus.

Prozesse, bei denen viele Wege zum Ziel führen, sind besonders schwierig zu automatisieren. Da müssen wir Interviews mit Mitarbeitern führen und analysieren, was in den Applikationen passiert. Wir visualisieren den Prozess dann mit allen Variationen und oft sind das Tausende. Dann entscheiden wir, welche Variation zukünftig von Bots ausgeführt werden kann.

Besonders leicht zu automatisieren sind streng regelbasierte Jobs. Vor 18 Jahren, als ich begonnen habe zu studieren, hieß es: werde Controller, das ist krisensicher. Heute würde das niemand mehr sagen. Ich müsste jahrelang studieren, um das komplizierte Regelwerk zu verstehen. Das ist aber so regelbasiert, dass es jetzt schon obsolet ist.

Wann amortisiert sich so ein Bot?

Ich habe Bots gesehen, die sich schon nach acht Wochen rechnen. Ein Bot kostet in der Regel nur ein Drittel von einem Mitarbeiter, weil er die Arbeit von drei bis vier Vollzeitmitarbeitern übernimmt. Bots sind auch schneller eingeschult.

Wo werden Bots zu einem Problem für den Arbeitsmarkt?

Überall dort, wo ich Mitarbeiter in rein ausführenden Tätigkeiten habe. In Indien zum Beispiel. Die indischen Outsourcer kannibalisieren sich selbst. Die sind an der Spitze, wenn es darum geht, Bots mitzuentwickeln. In Osteuropa ist das Problem nicht ganz so groß, weil dort eher Apps und Blockchain-Anwendungen programmiert werden. Bei Automatisierung auf Enterprise-Level ist Indien am stärksten.

Wird die Automatisierung in entwickelten Ländern Arbeitsplätze kosten oder schaffen?

Ich glaube, dass es mehr Arbeitsplätze geben wird, aber ganz andere. In den allermeisten Firmen wird ein Organisationsumbau wichtig. Wie schafft man es, mit weniger Menschen auf einer ganz anderen Ebene zu arbeiten? Was bedeutet es, wenn ich plötzlich nur noch ein Mensch sein soll und nicht mehr ein brillanter Entwickler oder ein Rechenkünstler?

Die Jobs, die es in Zukunft für Menschen gibt, werden auch gesamt betrachtet anders sein. Wir haben eine alternde Bevölkerung. Diese Menschen wollen aktiv sein. Wer kümmert sich darum? Roboter? Die sind noch nicht so weit. Roboter können gerade einmal den Arm reichen, zur Unterstützung. Meine Oma würde ich heute noch keinem Bot anvertrauen. In fünf oder 15 Jahren vielleicht. Ein Bot kann heute vielleicht eine Geschichte vorlesen, aber kaum eine geistreiche oder doppelbödige Unterhaltung führen.

Wie schnell wird die Automatisierung in Österreich Bürojobs kosten?

Wir haben jetzt gerade Unternehmen in Österreich, die die ersten Arbeitsschritte digitalisieren. Und zwar in sehr kleinen Schritten. Zum Beispiel bei einem Kündigungsprozess bei einem Mobilfunker. Bisher hat der vielleicht vier Menschen beschäftigt. Heute schicke ich eine Kündigungs-SMS und erhalte als Antwort eine Bestätigung, dass die Kündigung eingegangen ist. Dann arbeiten im Hintergrund so viele Prozesse, um den Kunden überall auszubuchen, dass das vielleicht zwei Wochen dauert. Es sind vier Leute damit beschäftigt. Ein Bot macht so eine Kündigung in 55 Sekunden.

Verlieren jetzt vier Mitarbeiter ihren Job?

Nein. Sie verlieren nur genau diese Art von Arbeit. Menschen, die in meiner Firma sind, die die Kultur der Firma kennen, sollte ich nicht verlieren. Meistens gibt es in Firmen sehr viel zu tun und Menschen können sich um Dinge kümmern, die bisher liegengeblieben sind.

Brauchen wir ein Grundeinkommen?

Ja natürlich. Die Frage ist nur, in welcher Höhe und mit welchen Verpflichtungen. Es wird noch immer sehr viel Arbeit geben, aber die monetäre Bewertung dieser Arbeit ist ganz anders. Ein Entwickler verdient vielleicht das Fünfache einer Erzieherin. Aber welcher Job ist für die Gesellschaft wichtiger?

Fatmir Kqiku
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