Rot-Pink: So sehen die Klimaschutz-Pläne der neuen Stadtregierung aus
Die neue Stadtregierung Wiens, eine rot-pinke Koalition, setzt einen deutlichen Klimaschutz-Schwerpunkt: Ganze 35 Seiten des Regierungsprogramms widmen sich der „Klimamusterstadt“. Besonders stolz ist man bei der SPÖ auf ein geplantes Klimaschutzgesetz und einen strafferen Zeitrahmen: Bis 2040 soll die Stadt CO2-neutral sein – eine Vorverlegung des Ziels, wie SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr in einer Aussendung betont.
Bis 2040 soll laut dem Programm der Bundesregierung ganz Österreich CO2-neutral sein – für das Ziel der Stadt Wien gibt es Kritik von Fridays for Future Wien: „Aufgrund der Dringlichkeit der Lage muss Wien bis 2030 klimaneutral werden“, sagt Klimaaktivistin Klara Butz. Das entspreche auch dem Ziel anderer europäischer Städte wie Oslo oder Zürich. Kopenhagen will sogar bis 2025 klimaneutral sein.
Wien kritisiert Bund
Die Stadt Wien sieht sich jedenfalls zumindest im Vergleich mit dem Bund als fortschrittlicher: „Die Bundesregierung ist weiterhin säumig. Seit März müssten die CO2-Reduktionsziele für 2021 bereits stehen. Für das kommende Jahr gibt es für Österreich allerdings keinerlei Ziele zum CO2-Ausstoß und keinen weiteren Fahrplan zur Klimaneutralität. Gut, dass Wien hier selbst aktiv wird“, so Herr.
Mit dem geplanten Klimaschutzgesetz sollen in Wien alle Maßnahmen und Werkzeuge gebündelt werden und auch ein Klimaschutzbudget und ein eigenes Treibhausgas-Budget festgelegt werden – diese Werte sollen nicht überschritten werden, Sanktionen sind im Programm allerdings nicht vorgesehen. Fridays for Future begrüßt die Obergrenzen, fürchtet aber, dass sie zu locker gesetzt werden und das Ziel von einer Erderwärmung um maximal 1,5 Grad Celsius nicht erreichbar sein wird.
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Sima und Czernohorszky für Klima und Verkehr
Wien richtet für die Klimaschutzagenden ein eigenes Ressort ein, das sich um die Entwicklung und Umsetzung konkreter Maßnahmen kümmern soll. Zur Beratung soll ein eigener Wiener Klimarat eingerichtet werden, dessen Besetzung allerdings noch nicht feststeht. Für Klimaschutz und Umweltschutz wird in der Stadtregierung Jürgen Czernohorszky (SPÖ) zuständig sein und für den Bereich Mobilität Ulli Sima (SPÖ).
Dem Bereich Mobilität widmet das rot-pinke Programm im Klimaschutzteil lediglich eine halbe Seite, auf der es hauptsächlich um alternative Antriebe für Kraftfahrzeuge, also E-Autos geht. Das Budget für Radwege werde zwar vervierfacht, lobt Fridays for Future, sieht aber zu wenige Maßnahmen gegen Autoverkehr. “Während die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo mehrspurige Boulevards in Fahrrad-Highways umwandelt, setzt Bgm. Ludwig noch immer auf den Bau neuer Autostraßen und verschärft so die Klimakrise und ihre schlimmen humanitären Folgen”, meint Klimaschutzaktivist Gerrit Osabal.
Sorgenkind Gasheizungen
Zentraler Punkt des Klimaschutzprogramms der Stadt Wien ist die Energiepolitik. Neben einem Ausbau erneuerbarer Energiequellen, vor allem im Bereich Photovoltaik, setzt die Stadt Maßnahmen bei Gebäudesanierung und Heizen. Fossile Heizsysteme, also Gasheizungen, gehören in Großstädten mit großem Altbaubestand zu den Klima-Sorgenkindern schlechthin. Wien will einerseits das Fernwärme-Netz ausbauen, setzt aber auch stark auf Geothermie und die Nutzung betrieblicher Abwärme.
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Agrar-Photovoltaik
Die Dächer Wiens sollen so gut es geht für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden. Bereits in Kraft ist eine Verpflichtung zu PV-Dachanlagen bei Neubauten. Bis 2022 sollen alle Gebäude im Eigentum der Stadt auf ihre Eignung für solche Anlagen geprüft und im Fall der Fälle bis 2025 aufgerüstet werden. Zusätzlich will die Stadt offenbar verstärkt auf Agrar-Photovoltaik setzen. Das sind Freiflächenanlagen, die gleichzeitig landwirtschaftlich genutzt werden. Zwischen oder neben PV-Modulen grasen dann Schafe oder wachsen Erdäpfel. Für Freiflächenanlagen plant der Bund einen Förder-Abschlag von 30 Prozent und Wien wünscht sich eine Ausnahme für Agrarphotovoltaik.