Warum der Runway Fonds zum “hässlichen Zwilling” des COVID-Startup-Hilfsfonds mutiert ist
Peter Lasinger ist Co-Founder und General Partner des Risikokapitalgebers 3VC (ehemals capital300) mit Hauptsitz in Linz und war früher beim aws Gründerfonds tätig. In diesem Gastbeitrag beschäftigt er sich mit dem so genannten Runway-Fonds, der als neues Investment-Vehikel mit staatlichen Garantien Corona-geschädigten Startups durch die Krise helfen soll.
Und da ist er wieder, der österreichische Runway Fonds. Das Wortspiel “run away” drängt sich auf, denn viele hatten gar nicht mehr damit gerechnet. Im Zuge des 1. Lockdown angekündigt, gibt es nun “pünktlich“ zum 2. Lockdown ein Update, er kommt (doch). Es ist ein Thema, das polarisiert und mich als Steuerzahler, Investor und Unterstützer des Startup-Ökosystems nicht kalt lässt. Da nun das geplante Setup und die nächsten Schritte kommuniziert wurden, der Versuch einer Reflexion.
Eines vorweg, es sind gute Dinge passiert. Der COVID-Startup-Hilfsfonds wurde sehr gut aufgenommen und in Rekordzeit ausgeschöpft. Er war einfach in der Abwicklung und zielgerichtet. Denn was vielleicht unterging – jedem investierten Euro stand zumindest ein von privater Seite investierter Euro gegenüber, d.h. es flossen so in sehr kurzer Zeit 100 Millionen Euro in das österreichische Startup-Ökosystem. Wenn man das in Kontext setzt – im Boomjahr 2019 wurden insgesamt nur 160 bis 170 Millionen in österreichische Startups investiert – dann ist das beachtlich. Das Geld ist auch nicht “verloren”, denn es fließt im Erfolgsfall zurück und schafft in der Zwischenzeit Arbeitsplätze. Und was noch viel wichtiger ist: Es eröffnet Chancen und Optionen für die Zukunft.
Es werden viele Monate vergehen
Doch zurück zum Runway Fonds, der zum “hässlichen Zwilling” des Hilfsfonds mutiert ist. Zum einen ist das Timing unglücklich. Auch wenn es jetzt ein Go gibt, so wird es weitere Monate dauern, bis ein Ausschreibungsprozess abgeschlossen ist. Und dann beginnt erst die Arbeit, denn privates Geld muss für einen Fonds eingesammelt werden – ein Prozess der ebenfalls einige Monate dauern kann. Bis investiert werden kann, vergehen so jedenfalls 6 bis 12 Monate. Das wird für Technologieunternehmen, die COVID bedingte Sondersituationen haben, zu spät sein.
Was aber schwerer wiegt, ist die in Aussicht gestellte 50% Garantie. Das bedeutet, dass der der Staat 50 Prozent des investierten Kapitals garantiert. Das ist ein für Investoren wenig attraktives Angebot. Warum? Ein Fonds, der weniger als 50 Prozent an seine Investoren ausschüttet, wäre ein absoluter (negativer) Ausreisser. Laut den umfangreichen Daten von Angellist wäre so ein Fonds unter den schlechtesten 1 Prozent aller Fonds weltweit. D.h. nur einer von hundert Fonds würde so schlecht performen, dass die Garantie schlagend wird. Umgekehrt drängt sich die Frage auf, was diese Garantie “kostet” – sprich an Overhead und Einschränkungen, denen ein entsprechender Fonds unterworfen wäre.
Besser bestehende Instrumente stärken
Möglicherweise will oder kann man auch keine Mittel ausgeben, denn bei der abgeleiteten 1 Prozent Eintrittswahrscheinlichkeit wäre der Erwartungswert der Garantie 250.000 Euro. Nicht gerade ein großer Wurf. Zum Vergleich, alleine die Austrian Airlines dürfte 150 Millionen an (nicht rückzahlbaren) Zuschüssen bekommen haben, zusätzliche 300 Millionen an Krediten wurden zu 90 Prozent staatlich garantiert.
Ich denke, ein effektiverer Weg wäre, bestehende Instrumente zu stärken (wie eine Aufstockung des COVID-Startup-Hilfsfonds oder des aws Gründerfonds) oder die Garantien für einzelne Investments in österreichische Startups zu gewähren – und zwar jetzt, wo angesichts der zweiten COVID-Welle vielerorts Geld dringend gebraucht wird. So könnten Mittel dort eingesetzt werden, wo sie unmittelbar Wirkung entfalten: bei den Unternehmerinnen und Unternehmen, die vieles riskieren, um unsere Zukunft positiv zu gestalten.