Kaffee macht erfinderisch

“Coffee Republik“-Gründerin Hashemi: „Unternehmertum passt perfekt zu Frauen“

Sahar Hashemi © Chris Gloag
Sahar Hashemi © Chris Gloag
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„Ich war so fürchterlich normal. Ich habe nicht einmal die Schule geschmissen“, sagt Sahar Hasehmi. Rückblickend würde sie dem Mädchen, das sie damals war raten: Solange du es wirklich hart versuchst, werden gute Dinge passieren, wirst du erfolgreich sein. Man sollte sich nicht sorgen, dass man nicht gut genug ist. Sich reinzuhängen, zahlt sich aus.

Inspiration: New York in den 90ies

Nach der Schule ging es für sie nicht besonders außergewöhnlich weiter. Hashemi wurde  vorerst „das Gegenteil eines Entrepreneurs“: Juristin. Und sie hasste es. Aber sie blieb dort in ihrer Komfortzone. Bis zum plötzlichen Tod ihres Vaters. Das drehte alles und warf sie komplett aus der Regelmäßigkeit. Als sie ihren Bruder Bobby in New York besucht und total jet-lagged auf der Suche nach einem Kaffee durch die Stadt streunt, macht sie Bekanntschaft mit einer Coffeeshop-Kultur, wie sie sie nicht zuvor gesehen hatte. Wir müssen bedenken: Das war in den frühen Neunzigern. Die USA seien damals bekannt gewesen für fürchterlichen Kaffee, sagt die Britin schmunzelnd. „So schlecht, dass sogar die Briten die Amis veräppelten!“

Vollmilch, Halbfettmilch, Magermilch?

Aber dann habe sie diese komplett neue Erfahrung gemacht. Vollmilch, Halbfettmilch, Magermilch?– wurde sie in einer New World Cafe Filiale gefragt. Das waren Fragen, die man in Europa nicht kannte in so einer Umgebung. „Ich konnte es nicht glauben und ich verliebte mich in das Konzept“, gibt Hashemi zu. Sie hatte keine Ahnung hatte, dass das die Genesis ihrer Geschäftsidee war.

Das Publikum erwartet gebannt, was die zierliche Frau auf der Bühne zu erzählen hat. „Entrepreneurship ist keine Zauberei“, beginnt sie ihre Rede. Sahar Hashemi war es nämlich, die in den 90igern die erste Café-Kette Grossbritanniens im amerikanischen Stil errichtete. Coffee Republic war einer der großen Player, die das englische Straßenbild veränderten. Anhand ihrer eigenen Geschichte schildert sie am ersten Tag des 4Gamechangers-Festivals den scheinbar leichtfüßigen Weg zur Unternehmerin.

„Gründertum ist ein Mythos“

Wer würde sich als Entrepreneur bezeichnen? fragt sie in den Raum. Nur wenige Hände gehen hoch. Hashemi fühlt sich bestätigt. „Gründertum ist ein Mythos“, meint sie. Um ein Gründer zu sein, brauche man keine Superkräfte. Und: „Unternehmertum passt perfekt zu Frauen“. Sie verstehe nicht, was die Frauen zurückhalte – eine Ungewissheit, was diese Reise bringen würde. Diese Scheu möchte sie allen nehmen, „aber ja, wir brauchen weit mehr Frauen. Je mehr von ihnen ein Unternehmen starten, desto mehr Schwung käme in die Wirtschaft“, findet sie.

Hashemi wurde selbst von ihrem Bruder mitmotiviert. Als sie nämlich zurück in London war, vermisste sie die vielen Möglichkeiten des raschen Kaffeegenusses, wie sie es in New York kennengelernt hatte. Bei einem Mittagessen in einem Thai-Restaurant, verriet sie das beiläufig und er schlug sofort vor, diese Art der Coffeeshop-Kultur nach Großbritannien zu holen.

39 Banken bis zur Finanzierung

Innovation sei ein fancy Wort, letztendlich gehe es um Problemlösung – das nimmt man vom Vortrag auch mit. Die Gründerin rät die Erforschung, das Abstecken des Geschäftsfeldes selbst zu machen. Nur wer sich selbst überzeugt, ist wirklich überzeugt und kann mit Herz und Seele anderen vermitteln. So machte sie sich auf die Suche und fand das, was die sprichwörtliche Marktlücke war. Gleichzeitig wussten weder ihr Bruder noch sie etwas über Kaffeehandel oder über Branding. In dieser Ahnungslosigkeit liege eine Chance, vermittelt sie dem Publikum. Es gelte auch: Je weniger Geld du hast, desto erfinderischer und bedachter im Umgang der Ressourcen wirst du. Apropos: Die 39igste Bank sagte die Finanzierung für “Coffee Republik“ zu. Es zahle sich also aus, nicht zu rasch aufzugeben, macht Sahar Hashemi klar.

Offen für Veränderung, experimentierfreudig, zielgerichtet

Der Luxus für sie als Unternehmerin? – „Der Fakt, dass ich nie weiß, wann ich arbeite und wann nicht. Durch die Selbstständigkeit gibt es keinen Unterschied, keine Grenze zwischen dem, was ich bin und dem, was ich tue. Und das liebe ich jeden Tag: Wenn ich aufwache, freue ich mich darauf.“ Die dafür notwendige Unternehmermentalität beschreibt sie so: „Wenn du Dinge bewegen und ausprobieren willst und nie müde wirst dabei.“ Die Startup-Kultur in drei Worten? – Offen für Veränderung, experimentierfreudig und zielgerichtet. Motivation müsse auch immer sein: Rausgehen zu den Kunden und durch ihre Brille sehen. „Von dort kommen die Ideen, nicht vom Schreibtisch, wo man verkrampft versucht, kreativ zu sein!“

Sahar Hashemi ist Mitbegründerin der britischen Kaffeekette Coffee Republic. Mit ihrem Titel „Anyone Can Do It“ hat sie es auf Platz 2 der Entrepreneurship-Sachbücher geschafft. Über den Brexit sagt sie: „Der Brexit hat komplett den Sauerstoff aus der Innovationsatmosphäre Europas gesaugt. Wir haben dieses Erbe an Erfindungen und Expertise, aber jetzt sind wir in diesem Schmarrn gefangen. Das Dumme ist der momentane Schwebezustand: Man kann nicht planen und keine Entscheidungen treffen.“

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