Steirischer Wirt startet Security Token Offering seines Heurigen
Wenn dir jemand erzählt, dass du dir einen Ethereum-Token kaufen kannst, um damit künftig an den Einnahmen eines steirischen Heurigen beteiligt zu werden? Würdest du das als Hirngespinst abtun oder ernst nehmen? Der steirische Unternehmer Siegfried Dobersek (53) nimmt dieses Konzept mehr als ernst. Deswegen hat er nicht nur den SID-Token auf den Markt gebracht, sondern hat alles rechtlich mit einem von der Finanzmarktaufsicht (FMA) abgesegneten Kapitalmarktprospekt dingfest gemacht. Das erlaubt ihm, bis zu 20 Millionen Euro über ein so genanntes Security Token Offering (STO) aufzunehmen.
„2016 habe ich einen der ersten Bitcoin-ATMs in Österreich bei mir im Lokal aufstellen lassen. Ich war schnell vom Potential der Blockchain begeistert und gründete Ende 2017, mit einem Partner aus dem Bankensektor, die Dos Coinway GmbH. Wir hatten ein kleines Netzwerk an 2-Way Bitcoin ATMs in Österreich“, erzählt Dobersek über seinen Zugang zur Welt der Krypto-Assets. Er ist der Besitzer der Zoißl’s Heurigen Schenke bei Graz und betreibt auch noch eine Zimmervermietung.
„Eben in dieser Zeit wurde ich aus dem Freundes-, Bekannten- und Kundenkreis immer wieder gefragt, was ich als Anlageform empfehlen könnte. Die Anforderungen dabei waren immer die gleichen, nämlich, Erspartes fernab der Bank und ohne Zugriff durch Dritte, zu veranlagen, um immer direkt darauf zugreifen zu können“, so Dobersek weiter. „Da ich in dieser Zeit auch eine Unmenge an Projekten kommen und gehen sah, entstand bei mir die Vision, zu zeigen das man mit Blockchain-Technologie in Verbindung mit der realen Wirtschaft, auch etwas schaffen kann, was ich dann auch mit ruhigem Gewissen weiter Empfehlen kann.“
20 Millionen Euro Einnahmen geplant
Daraus wurde schließlich der SID-Token. Es ist ein ERC-20 Token auf der Ethereum-Blockchain und stellt einen Anteil am Immobilienvermögen der SIDO Immobilien GmbH dar. Da sind der Heurige sowie die Zimmervermietung drinnen, die beide insgesamt einen geschätzten Marktwert von 6,3 Millionen Euro haben. Wer einen Token besitzt, besitzt ein Stückerl dieser Immobilien, bekommt anteilsmäßig eine Beteiligung am Gewinn und obendrauf Aktionen und Vergünstigungen bei Dobersek. Da ja insgesamt 20 Millionen Euro eingenommen werden können, wird die Einnahmen aus dem Token-Verkauf dazu verwendet, um zwei Wohnhäuser mit zehn Kleinwohnungen zu bauen, den Gastbetrieb zu erweitern, und neue Arbeiter- und Tourismuszimmer anzulegen.
Damit ist das Security Token Offering von Dobersek ein neuer Weg in Sachen Fundraising, das man sonst etwa von Crowdfunding-Plattformen im Immobilienbereich kennt. „Ich sehe den SID-Token als eine liquide Anlageklasse, zeitgemäß, im sich gerade verändernden Zeitalter der Digitalisierung, in dem wir uns gerade befinden“, sagt Dobersek. „Eine Investition in eine Immobilie (z.B. Anlegerwohnung) wird als illiquide bezeichnet, da man nicht schnell auf einen Teil des investierten Geldes zugreifen kann. Die Investition in den SID-Token hingegen bezeichnen wir als liquide, da man zu jeder Zeit und auch auf einen kleinen Teil der Investition Zugriff hat.“
Was kauft man ihm da mit Euro, Ether oder Bitcoin aber letztendlich ab? Doch Zukunftsmusik. „Mit jedem weiteren Ausbau, wie geplant und mittlerweile auch bereits im Gange, erhöht sich natürlich auch der Marktwert des Immobilienvermögens“, sagt der Unternehmer. „Anmerken möchte ich, dass die SIDO Immobilien GmbH einen laufenden Geschäftsbetrieb hat, also Einnahmen aus der Zimmervermietung und auch aus der Gastronomie, dem jetzigen Tochterunternehmen, der Zoißl ́s Heurigen Schenke Betriebs GmbH, generiert.“ Mit dem Besitz von SID-Token sei ein Inhaber-Substanzgenussrecht verbunden, und die Auszahlungen des jährlichen Gewinnes würde nach Bilanzerstellung in Ethereum erfolgen – und zwar an die Wallet, auf der die SID-Token gespeichert sind.
Die Sache mit den Genussrechten
Was potenzielle Käufer:innen auch wissen sollten: Genussrechte sind qualifiziert nachrangig. Das bedeutet, dass die Auszahlung von Ausschüttungen an sie bei finanzieller Krise des Unternehmens ausgesetzt werden können. Und: Genussrechtsinhaber:innen werden bei Feststellung einer Insolvenz nicht berücksichtigt und im Fall eines Insolvenzverfahrens zuletzt – nach allen anderen Gläubiger:innen – bedient.
Dobersek ist mit seinem Security Token Offering sicher ein Vorreiter in Österreich. Einige wenige Startups wie Blockpit oder Blue Power versuchten sich bis dato an STOs. Noch haben sich STOs im Immobilienbereich nicht durchgesetzt. Auch Doberseks Projekt ist noch nicht eingeschlagen – die Transaktionen auf der Blockchain zeigen, dass von den 20.000 SID-Token bis dato nur etwa 12 Stück verkauft wurden. Das ist aktuell suboptimal, denn: „Werden nicht ausreichend SID Token verkauft, um den Finanzbedarf zu decken, kann sich eine Aufnahme von Eigenkapital oder die Reduzierung des Projektumfanges negativ auf die Erlöse auswirken“, heißt es auf der Webseite.
Ebenfalls potenziell gefährlich: Wer Token kaut, wird sie möglicherweise nie wieder los. „Es gibt derzeit keinen liquiden Markt für die Genussrechte und ein aktiver und liquider Markt wird sich möglicherweise nie entwickeln. Wenn sich nie ein liquider Markt entwickelt, kann der Wert der Genussrechte und die Möglichkeit von Genussrechtsinhabern die Genussrechte bei Bedarf zu verkaufen“, warnt SIDO Immobilien. Außerdem: Genussrechte können weder vom Emittenten noch von Genussrechtsinhabern vor Ablauf einer Frist von zehn Jahren gekündigt werden.
Bedeutet also: Wer sich diese Token kaufen will, der muss ganz fest an Doberseks Projekt glauben.