Nach 20 Jahren: Seeadler in Österreich mit stabiler Population
Er ziert Österreichs Flagge und errichtet in Baumkronen Horste aus Gras und Moos. Fische, Wasservögel und Aas gehören zu seiner Nahrung. Im Vergleich zu anderen Vögeln ist er riesig. Gemeint ist der Seeadler, der laut Naturschutzbund zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas gehört. Doch einen der Vögel mit seinem braunem Gefieder zu Gesicht zu bekommen, war lange Zeit nicht möglich: Noch im Jahr 2000 galten Seeadler in Österreich als ausgestorben. Doch dann wurden in den March-Auen im Osten Niederösterreichs an der Grenze zur Slowakei erstmals Jungvögel nachgewiesen. Seitdem habe sich die Population des Greifvogels wieder stabilisiert, so Umweltorganisation WWF. Das zeigt ein aktueller Bericht, welcher am Montag veröffentlicht wurde.
Weit gereiste Greifvögel
Laut dem Bericht existieren in Österreich demnach wieder 44 Brutpaare des Greifvogels, damit sei eine stetig wachsende Population gesichert. „Die Rückkehr der Seeadler ist eine absolute Erfolgsgeschichte im heimischen Naturschutz. Durch länderübergreifende Maßnahmen und viel Engagement findet eine ehemals ausgerottete Art wieder eine Heimat in Österreich“, sagt Andrea Johanides, Geschäftsführerin des WWF Österreich.
Wertvollen Lebensraum finden die Seeadler heute in Niederösterreich, dem Burgenland, der Steiermark und in Oberösterreich. Zu den wichtigsten Brutgebieten gehören laut dem WWF das Waldviertel, der Nationalpark Donau-Auen, die Tullnerfelder Donau-Auen, die March-Thaya-Auen und das Nordburgenland. „Intakte und ruhige Naturlandschaften bieten die besten Voraussetzung für scheue Seeadler. Dort finden sie Fische und Wasservögel für den Nahrungserwerb“, erklärt Christian Pichler, Projektleiter des WWF-Schutzprogramms. „Die mächtigen Horstbäume in abgeschiedenen Waldbereichen sind optimal für die Brut. Von dort erobern die Jungvögel weite Teile Europas, bevor sie oft zur eigenen Brut in die Heimat zurückkehren.“
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Weiterhin Bedrohungen vorhanden
Auch wenn sich die Seeadler-Population gut entwickelt, ist das Überleben der Greifvögel laut dem WWF noch nicht dauerhaft gesichert. Die größte Bedrohung für den Bestand stellen laut Bericht demnach Vergiftungen mit Ködern, Kollisionen mit Windkraftanlagen und verbotene Abschüsse dar. Ebenfalls sind Kollisionen mit Fahrzeugen und Stromleitungen ein Problem, sowie forstliche Aktivitäten und sonstige Störungen in der Horstumgebung. „An der konsequenten Weiterführung der Schutzmaßnahmen in Österreich und unseren Nachbarstaaten führt kein Weg vorbei, wollen wir dieses Kapitel Naturschutzgeschichte langfristig erfolgreich schreiben“, sagt Pichler.
In den vergangenen 20 Jahren dokumentierte der WWF 312 Bruten und 351 Jungvögel. Mit leichtgewichtigen Telemetrie-Sendern erfasste die Organisation Daten über das Flug- und Paarungsverhalten von 32 Seeadlern. Sie reisten mitunter weit, in insgesamt 16 Länder flogen die Vögel, darunter Kroatien, Weißrussland, Dänemark und Lettland. Ein Seeadler mit dem Namen Orania legte auf seiner Reise von seinem Horst in den Donau-Auen bis nach Lettland etwa 1.137 Kilometer Luftlinie zurück, so der WWF.
Inwieweit sich andere Faktoren auf den Bestand auswirken wie etwa der Einsatz von Pestiziden und Bioziden oder auch die fortschreitende Erderhitzung sind laut Bericht entweder mangels systematischer Untersuchungen oder fehlender Studien derzeit noch nicht ausreichend beurteilbar.Trotzdem ist die Erholung der Seeadler-Bestände ein Erfolg für den Artenschutz in Österreich. So bekommt man den Seeadler künftig nicht nur auf Österreichs Flagge zu Gesicht, sondern mit etwas Glück auch in freier Wildbahn.