Interview

Shadowmap: Wiener Gründer zeigt, wie weltweit die Schatten fallen

Georg Molzer, Gründer von Shadowmap. © Shadowmap
Georg Molzer, Gründer von Shadowmap. © Shadowmap
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Georg Molzer hat es auf die dunkle Seite des Internet verschlagen. Naja, eigentlich auf die Schattenseite. Der ehemalige Head of Mobile Design bei Jumio und CTO und Mitgründer des kontroversen Health-Startups Kiweno geht mit seinem neuen Startup Shadowmap völlig neue Wege und will 3D-Visualisierungen von Schattenfällen digital auf einer Online-Landkarte zugänglich machen. Dazu hat er sich mit Simon Mulser, einem ehemaligen Mitstreiter von Kiweno, zusammen getan.

Zwei Jahre hat Molzer in das neue Projekt gesteckt, diese Woche geht es los mit dem Produkt-Launch. Was er sich von Shadowmap erhofft, wie die Technologie funktioniert und wer die potenziellen Kunden sind, verrät Molzer im großen Interview mit Trending Topics. Im Gespräch stellt sich schnell heraus, dass es für die scheinbare Spielerei sehr große Anwendungsszenarien gibt.

© Shadowmap
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Trending Topics: Welches Problem geht Shadowmap an? Und wie sieht die Lösung aus?

Georg Molzer: Die Idee zu Shadowmap hatte ich im Winter vor achteinhalb Jahren, als ich in Wien Neubau tatsächlich zwei Wochen lang keine Sonne zu Gesicht bekam: Schmale Straßen, hohe Häuser, flache Sonne. Die perfekten Rahmenbedingungen für eine getrübte Wiener Stimmung. Die Zeit war auch sehr arbeitsintensiv und ich wollte zumindest in der Mittagspause ein sonniges Plätzchen in der Umgebung finden. Zu meiner Überraschung gab es kein Tool, obwohl entsprechende 3D-Daten verfügbar sein sollten.

Es wurde schnell klar, dass es für so eine „Solar Shadowmap“ viele Anwendungsfälle gibt: Kreative – also Fotograf:innen, Cinematograf:innen, Drone-Operators und Lichttechniker:innen – haben bisher nicht die Möglichkeit, Sonnenschatten präzise und v.a. auch remote in ihre Planung einzubeziehen. Bestehende AR-Tools setzen physische Präsenz am Drehort voraus; gleichzeitig werden Gebäude und Terrain, die eben Schatten werfen, ignoriert.

Ein ähnliches Problem gibt es bei der Wohnungssuche. Aktuell muss man sich darauf verlassen, dass die mitunter überbelichteten Fotos in einer Immobilienplattform die Wahrheit wiedergeben. Wenn man sich die Immobilie persönlich anschaut, sieht man sie nur an einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr, obwohl der Sonnenlichteinfall saisonal beträchtlich anders sein kann. Je weiter man vom Äquator entfernt ist, desto krasser ist dieser Unterschied. Und auf Verkäuferseite hat an ebenso keine Möglichkeit, die Lichtsituation einer Immobilie einfach und objektiv darzustellen.

© Shadowmap

Und es geht natürlich weiter: Ohne die Energie der Sonne wäre hier nichts wie es ist. Pflanzen brauchen sie, Menschen brauchen sie. Zusätzlich entwickelte sich letztes Jahr Photovoltaik zur günstigsten Methode, elektrische Energie zu gewinnen – viel schneller, als von Experten vorhergesagt. Es gibt Studien, die besagen, dass Menschen in südostasiatischen Metropolen aufgrund immer höherer Gebäude nur mehr 8 bis 10 Prozent der UV-Strahlung abbekommen, was Auswirkungen auf den Vitamin-D-Spiegel und somit die Gesundheit hat.

Auf der anderen Seite wird vorhergesagt, dass bis 2050 Raumkühlung den höchsten Energiebedarf in Gebäuden ausmachen wird. Vom Klimawandel und dem Einfluss der Sonne gar nicht zu sprechen. Kurzum: Es gibt eine Unzahl an Anwendungsfällen, die davon profitieren würden, Sonnenverfügbarkeit einfach plan- und vorhersehbar zu machen — und Shadowmap erlaubt genau das.

Wie funktioniert das Tool in der Praxis?

Shadowmap visualisiert Sonnenlicht und -schatten auf Basis eines präzisen Sonnenmodells in Kombination mit weltweiten 3D Gebäude und Terraindaten. Diese werden auf intelligente Art weiterverarbeitet, um eine interaktive 3D-Visualisierung zu ermöglichen, die auf beliebigen Geräten funktioniert: ob am Smartphone oder im Webbrowser am Desktop. Unsere App ist sofort verfügbar, ohne langwierige Installation oder Daten-Downloads. Extrem wichtig waren uns auch immer eine optimale Usability und Performance – was in Anbetracht der massiven Datenmengen, die hier großteils in Echtzeit verarbeitet werden, durchaus ein Kunststück ist.

© Shadowmap
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Woher nehmt ihr die Daten? Für welche Regionen sind sie verfügbar?

Wir arbeiten aktuell fast ausschließlich mit open data: Terrain (also Berge, Täler, etc.) stammt aus den verschiedensten globalen Datenquellen, was auch entsprechende Qualitätsunterschiede mit sich bringt. Österreich ist hier z.B. herauszuheben, höhere Qualität gibt es kaum. An anderen Orten, beispielsweise den Küstenabschnitten New York Cities, haben wir mit Datenartefakten zu kämpfen.

Unsere Basemap sowie die globale 3D-Gebäudeabdeckung werden aus OpenStreetMap-Daten gespeist. Hinter OpenStreetMap stehen die Pioniere der digitalen Kartografie – viele andere Riesen wie etwa Mapbox bauen darauf auf und die ganze Sache gab es schon lange vor Google Maps und co.

Bezüglich 3D Gebäude starteten wir mit der Open Data Initiative der Stadt Wien, die ein hochdetailliertes Stadtmodell frei zur Verfügung stellen. Dieser 2 GB Datensatz musste vorher aber erst komprimiert werden, um praktisch nutzbar zu werden. Wir sind immer noch begeistert, dass wir für die ganze Stadt in 3D nur mehr 48 MB benötigen. Und: es wird immer nur das gestreamed, was gerade gebraucht wird. Auch werden wir in Wien bald 200.000 virtuelle Bäume pflanzen – gespeist aus den Metadaten des Baumkatasters der Stadt.

Mit dem Launch am 25. Mai gehen wir – neben der bisher schon verfügbaren globalen Terrainabdeckung – auch mit weltweiten Gebäuden live. Ein wichtiger Schritt für das Projekt und für unsere Vision, aus Shadowmap ein global nützliches Tool zu machen. Wir wollen mittelfristig für jede beliebige Frage bezüglich Sonneneinstrahlung die bestmögliche Antwort liefern.

Wer sind die Kunden? Wer wird voraussichtlich für die Pro-Version bezahlen?

Wir fokussieren uns in dieser Phase voll auf Creatives und den Immobilienmarkt bzw. Proptech. Creatives werden primär über unser SaaS bedient in das wir zukünftig weitere Features integrieren werden, die deren Arbeitsabläufe erleichtern. Schon im April, wo wir noch in der Beta waren, kam eine Anfrage von Red Bull, die eine Hilfestellung für einen Dreh in der Türkei brauchten: Es war für deren Planung wichtig zu wissen, ob der Lichteinfall in einer Gebirgsregion besser im April oder September ist. Es wurde April. Auch bekamen wir erste Anfragen von Immobilienentwicklern und im Juni werden wir ein erstes Real-Estate Pilotprojekt realisieren. Und was uns ganz besonders freut: Ein europäischer Solarautohersteller ist an uns herangetreten, Shadowmap ins Infotainment seiner Autos zu integrieren.

Shadowmap Pro – unser SaaS – wird am 25. Mai online gehen und dazu bieten wir ein Launch-Offer zum halben Preis von 99 statt 199 für die ersten 100 Anmeldungen.  Es gibt bereits erste Reservierungen.

© Shadowmap
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Was wird die Pro-Version beinhalten? Wofür sind die Kunden bereit zu zahlen?

Die Pro-Version erlaubt völlige 3D-Freiheit der Kamera. Man kann sich die Sonne im Himmel und auch vertikale Gebäudeoberflächen genau ansehen. Weiters ist jedes beliebige Datum in der Vergangenheit und Zukunft wählbar. In der offenen Variante sind diese Features limitiert. Dazu kommt noch ein High-Quality-Rendermodus für bestmögliche Qualität – dieser hat gleichzeitig höhere Anforderungen an die Hardware. Das ist aber erst der Anfang: Es gibt eine lange Liste weiterer Funktionen, die nach und nach integriert werden und dann natürlich bestehenden Pro Usern verfügbar gemacht werden.

Wir sind diesbezüglich im ständigen Austausch mit Kreativen und überlegen uns auch, diese in den Priorisierungsprozess einzubinden. Unter anderem wird es ein 3D Overlay mit Metainformationen zu Lichteinfall etc. geben, Simulation von Linsenbrennweiten, First-Person Mode und wahrscheinlich auch eine Mond-Visualisierung. Auch sind native Apps sehr gefragt und wir wollen hier asap liefern.

Im Dezember führten wir eine Umfrage unter Kreativen durch um rauszufinden, wie sie arbeiten und was sie brauchen. Dabei kam etwa heraus, dass sie mind. ein bis fünf Stunden pro Monat in Lichtplanung investieren und sich die große Mehrheit wünschen würde, das auch remote tun zu können. Wir sind überzeugt, dass wir ihnen nicht nur eine große Zeitersparnis bieten, sondern darüberhinaus auch das nötige Level an Planbarkeit und Präzision, um großartigen und außergewöhnlichen Content zu produzieren.

Noch gibt es keine Firma – soll eine gegründet werden? Damit etwa auch Investoren einsteigen können?

Diesen April wurde mal ein Einzelunternehmen angemeldet um die legale Basis für den heutigen Launch am 25. Mai bieten zu können, einfach weil es schnell gehen musste. Dem wird aber wahrscheinlich noch im Sommer eine OG oder GmbH folgen. Wir würden sehr gerne bootstrappen, sind aber Smart Money nicht abgeneigt. Einen gut vernetzten Investor vor allem mit Kontakten in die Solarenergie oder den Immobilienmarkt hätten wir gerne mit an Board.

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