Nature Energy Biogas: Ölriese Shell kauft um 1,9 Mrd. Euro Europas größte Biomethan-Firma
Was braucht der moderne Ölkonzern von heute dringend im Portfolio? Genau, eine Biogasfirma. Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell (2022 wurde das „Royal Dutch“ im Firmennamen gestrichen) hat sich deswegen über seine Tochterfirma Shell Petroleum NV das dänische Unternehmen Nature Energy Biogas AS für 1,9 Milliarden Euro zugekauft. Dabei handelt es sich um den größten Produzenten von Renewable Natural Gas (RNG) aus Europa.
Bei Biogas handelt es sich um Gase, die nicht wie fossiles Erdgas aus dem Boden geholt werden, sondern aus biogenen Stoffen entstehen, also etwa bei der Zersetzung von organischem Material auf Mülldeponien oder Abfallanlagen. Biomethan ist quasi das Edelprodukt des Biogases und wird oft auch als Renewable Natural Gas, kurz RNG, bezeichnet. Nature Energy Biogas AS hat sich darauf spezialisiert, diese wertvollen Gase aus Abfälle aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalten zu gewinnen.
Shell verfügt bereits über ein bestehendes RNG-Produktionsgeschäft in Nordamerika mit einer in Betrieb befindlichen Anlage und vier im Bau befindlichen Anlagen. Durch den Zukauf der Dänen bekommt man 14 weitere RNG-Anlagen dazu, außerdem soll die neue zukünftige Tochterfirma 30 weitere in Europa und Nordamerika dazu bauen. Nature Energy Biogas AS würde helfen, die Klimaneutralitätsziele bis 2050 zu erreichen, heißt es aus dem umstrittenen Konzern.
Ölriese BP kauft Biogashersteller Archaea Energy um 4,1 Milliarden Dollar
Biomethan ist nicht unumstritten
Der Deal soll bis zum ersten Quartal 2023 abgeschlossen sein. „Die Übernahme von Nature Energy wird die bestehenden RNG-Projekte von Shell in den Vereinigten Staaten um eine europäische Produktionsplattform und eine Wachstumspipeline ergänzen. Wir werden diese Akquisition nutzen, um eine integrierte RNG-Wertschöpfungskette auf globaler Ebene aufzubauen, zu einer Zeit, in der die Politik der Energiewende und die Präferenzen der Kunden ein starkes Wachstum der Nachfrage in den kommenden Jahren signalisieren“, so Shell-Manager Huibert Vigeveno.
Shell folgt damit dem allgemeinen Trend der Fossilindustrie. Wie bereits berichtet hat der Ölriese BP den Biogashersteller Archaea Energy um 4,1 Milliarden Dollar zu gekauft, außerdem hat der US-Ölriese Chevron dieses Jahr 3,15 Mrd. Dollar für die Renewable Energy Group ausgegeben. Durch Biomethan versprechen sich die Konzerne einen grüneren Anstrich. Wie sehr die Branche seit dem Ukrainekrieg in Bewegung ist, merkt man auch in Österreich. Da hat der Wiener Biogas-Pionier Biogest kürzlich 20 Millionen Euro Investment erhalten (mehr dazu hier).
Biomethan entsteht durch einen Gärprozess von Abfall; Bakterien produzieren zu rund zwei Dritteln Methan, außerdem Kohlendioxid, Sauerstoff, Stickstoff und weitere Gase. Das Wertvolle ist das Methan, das dann entweder zum Heizen oder zur Stromerzeugung verwendet werden kann. Unumstritten ist Biomethan nicht. Durch die stark steigende Nachfrage verteuert sich Ackerland und es entstehen noch mehr Monokulturen. Ist der Gaspreis hoch, dann kann es für Landwirte lukrativer sein, Mais und Getreide in die Biogasanlage zu werfen als sie an die Tiere zu verfüttern. Auch die Grundwasserverschmutzung (Nitratbelastung) ist ein Problem.
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