Sag hallo zu Paul! SIMCharacters weltweit kleinster Frühchen-Simulator
35 Zentimeter klein, nur ein Kilogramm leicht, zarte Gliedmaßen, durch die Haut schimmernde Venen und Adern, ein leises Weinen – Paul ist ein typisches Frühchen, das in der 27. Schwangerschaftswoche geboren wurde. Jedoch: Paul ist kein „echtes“ Baby, er ist ein Simulator, eine täuschend echt gestaltete Übungspuppe für Mediziner und Pflegepersonal. Paul ist seit rund einem Jahr am Markt und hat es nun in die deutsche TV-Show „Die Höhle der Löwen“ geschafft.
Entwickelt wurde Paul vom Wiener Startup SIMCharacters – und er stellt eine weltweite Besonderheit da. Denn bislang waren Simulatoren für medizinische Übungen meist Roboter ohne realitätsnahes Äußeres. „Durch die Realitätsnähe von Paul reagiert das Übungsteam ganz anders.,“ erzählt Michael Hoffmann, Head of Finance & Business Development bei SIMCharacters. „Es kommen Emotionen hinzu – dadurch entsteht ein sehr realistisches Szenario und der Trainingserfolg ist größer. Hinzu kommt, dass Paul über eine ausgeklügelte Technik verfügt und weit mehr Features besitzt als bisherige Simulatoren.“
High-Tech auf 35 Zentimetern
Die Idee zu Paul hatte Hoffmanns Kollege, der Neonatologe Jens Schwindt vor acht Jahren. Damals arbeitet der Schwindt noch an der MedUni Wien und betreute dort als Experte Kinder, die schon in der 25. Schwangerschaftswoche (das ist die Überlebensgrenze für Frühchen) geboren wurden. „Wenn ein Frühchen geboren wird sind die ersten fünf Minuten der Versorgung immens wichtig,“ erklärt Michael Hoffmann. „Damit jeder Handgriff, wie das Legen von Infusionen oder das Einführen eines Beatmungsschlauches, passt, wird er schon seit Jahren an Simulatoren geübt. Gerade im Frühchen-Bereich waren die Simulatoren bislang jedoch nie gut genug. Deshalb hatte Jens Schwindt die Idee eine neue, realitätsnahe Übungspuppe zu entwickeln, die es Teams erlaubt, tief in die Trainingssituation einzutauchen. Paul soll in Universitätskliniken und Ausbildungskliniken, in den angeschlossenen hausinternen Simulationszentren, für Lehre und Weiterbildung sowie in öffentlichen und privaten Simulationszentren eingesetzt werden. Weltweit gibt es derzeit rund 3.000 solcher Zentren.“
Paul, der auch über einen Puls und eine Lunge verfügt, wird über einen dazugehörigen Laptop von einem Trainingsteam gesteuert. Dieses kann unterschiedlichste Szenarien entwerfen, auf die das neonatologische Übungsteam reagieren muss – etwa, dass sich Sauerstoffsättigung und Atmung der Puppe verändern und sie blau anläuft.
„Break even“ geschafft, nächstes Ziel: Internationalisierung
Schwindt entwickelte gemeinsam mit Experten der MedUni-Abteilungen für biomedizinische Technik und medizinische Physik den Prototyp von Paul und gründete sein Spin-off SIMCharacters. Ein Auftritt bei der TV-Show „Zwei Minuten Zwei Millionen“ brachte den Gründern zwar keine Investoren aus der Show selbst, „dafür allerdings Erfahrung und Bekanntheit“. Nach der Finanzierung für den Prototypen folgte eine Seed-Förderung und ein Investor, der die Marktreife von Paul mitermöglichte und 30 Prozent an shares hält. Die restliche Finanzierung sollte aus dem operativen Cash Flow kommen. 17 Pauls hat das Startup bereits an Kliniken in Deutschland, Österreich und in den USA verkauft – ein Simulator kommt auf rund 50.000 Euro. Der „break even“ ist geschafft, Gründer Schwindt aber nun auf der Suche nach strategischen Investoren, die bei der Internationalisierung helfen.
Der Markt in Österreich ist laut Hoffmann sehr klein, gibt es doch nur fünf Neonatologien mit Bedarf für maximal zehn Pauls. Doch 2020 wird der Gesamtmarkt alleine für die Marktnische Kindersimulatoren rund 100 Millionen USD betragen wie Michael Hoffmann sagt.