Smartwatches: Was die Konkurrenz gegen die Apple Watch aufbietet – und wer Chancen hat
In der Hightech-Branche geht die Idee um, dass Smartwatches einmal das Smartphone obsolet machen werden. Wenn einmal die ganz Rechenpower und alle notwendigen Funkstandards in ihr stecken, dann brauch man nur mehr faltbare Displays von klein (= Smartphone) bis groß (= Flat-TV), auf denen man die gewünschten Daten anzeigen kann.
Soweit die Vision. Die Realität sieht noch ziemlich anders aus, wenn man sich das Line-up der neuesten Smartwatches auf der Hightech-Messe IFA in Berlin ansieht. In Deutschland bereits seit Monaten am Markt, soll die Apple Watch ab 15. September auch in Österreich zu haben sein. Wie eine neue IDC-Studie zeigte, ist die Apple Watch in wenigen Monaten nach Fitbit zum zweit meist verkauften Wearable aufgestiegen. Asiatische Hightech-Konzerne müssen also einiges vorlegen, um Konsumenten im Weihnachtsgeschäft auf ihre Seite zu holen, schließlich funktionieren Android-Watches mittlerweile auch mit dem iPhone. Aber wer wird es schaffen? TrendingTopics.at hat sich auf der IFA in Berlin umgesehen und einen klaren Favoriten gefunden.
Samsung Gear S2
Mit großer Show hat Samsung seine ab Oktober (UVP ab 350 Euro) erhältliche Gear S2 in Berlin vorgestellt. Und sie ist, das merkt man beim ersten Ausprobieren, ihrer Android-Konkurrenz voraus. Die Bedienung über den drehbaren Ring am Display (z.B. zum Scrollen oder Zoomen) macht Spaß und Sinn, das Display ist klar und kräftig, und die Verarbeitung gelungen. Die Standardversion ist modern und sportlich, die „Classic“-Ausführung (siehe Bild unten) mit Lederband versucht, ein Premium-Publikum anzusprechen – was ihr aber nicht so recht gelingen mag. Im Unterschied zur Apple Watch wird es auch eine Version der Gear S2 mit eingebauter SIM-Karte und GPS-Modul geben, wodurch sie sich ohne gekoppeltes Smartphone voll nutzen lässt.
Mutig ist Samsung bei der Software und setzt nicht auf Android Wear von Google, sondern auf das hauseigene Betriebssystem Tizen. Das sieht auf dem runden Display gut aus, bedeutet aber auch, dass Web-Dienste ihre Apps für Tizen anpassen müssen – Uber, Yelp, Twitter und einige tausend andere hat Samsung davon schon überzeigt. Google dürfte weniger begeistert sein, weil es auf der Gear S2 etwa Kartenmaterial von Here und der chinesischen Suchmaschine Baidu gibt und Samsung sein eigenes „Samsung Pay“ statt „Android Pay“ integriert hat. Zwar funktioniert die Gear S2 laut Hersteller mit den eigenen Galaxy-Handys besser, doch ab der Betriebssystemversion Android 4.4 und 1,5 GB RAM kann man sie prinzipiell mit jedem Android-Handy koppeln.
Insgesamt liefert Samsung eine sehr ordentlich gemachte Smartwatch mit einem spannenden Bedienkonzept ab. Wenn eine smarte Uhr das Rennen macht, dann wird es die Gear S2 sein.
Moto 360 (2015-er-Version)
Ebenfalls auf der IFA zu finden ist die Moto 360, die es nun in einer ab Ende September erhältlichen, zweiten Auflage gibt (ab 300 Euro). Mit verschiedenen Display-Größen und Armbandstärken will Motorola (mittlerweile eine Tochter der chinesischen Lenovo) auf möglichst viele verschiedene Handgelenke passen. Das Gehäuse ist in Gold, Silber und Schwarz verfügbar, gepaart mit Metall- oder Lederarmbändern versucht sie klar, wie eine herkömmliche Uhr und nicht wie eine Smartwatch auszusehen. Das Display ist zwar kräftig und gut lesbar, hat aber ein störendes Manko – es ist nicht gänzlich rund, sondern am unteren Rand etwas abgeschnitten, quasi ein platter Reifen. In dem schwarzen Feld sind Sensoren untergebracht, die Motorola aufgrund des dünnen Rahmens nirgends anders einbauen konnte. Schade, da das Gerät für den Betrachter dann nicht so wertig aussieht und man immer einen kleinen Störfaktor im Auge hat.
Bei der Software setzt Motorola auf Android Wear. Der Nutzer kann bei einigen Ziffernblättern selbst bestimmen, welche Apps und Funktionen hinter den Komplikationen (z.B. die drei Felder unten am Bild) liegen. Dass die Moto 360 überhaupt nach Österreich kommt, danach sieht es derzeit eher nicht aus, vorrangig werden die großen europäischen Märkte wie Deutschland, Großbritannien oder Frankreich bedient.
Huawei Watch
Auf Produktbildern vielversprechend, in der Praxis eher enttäuschend ist die erste Smartwatch des chinesischen Konzerns Huawei. Sieben verschiedene Ausführungen gibt es, die mit Metall- und Lederarmbändern und Preisen, die höher liegen als jene der Apple Watch, offenbar die Premium-Kunden im Android-Wear-Segment ansprechen sollen. Die Uhr ist eine der ersten, die auch mit dem iPhone kommunizieren können, doch Apple wird man so kaum die Smartwatch-Kunden abspenstig machen können. Zwar ist das Display, so wie das der Samsung Gear S2, komplett rund, doch die Bildschirmqualität kann nicht mit der aus Südkorea mithalten. Auch die metallenen Armbändern sind nicht unbedingt angenehm zu tragen (soweit man das nach einem ersten Test sagen kann). Insgesamt wirkt sie recht klobig und damit wenig elegant.
Sony SmartWatch 3
Schon etwas länger am Markt, will die SmartWatch 3 mit günstigen Preisen Punkten. Sie ist mittlerweile ab etwa 160 Euro in Online-Shops zu bekommen, und wenn man sich die Version mit metallenen Gliederarmband kauft, kommt man ebenfalls auf nur etwa 230 Euro. Sie setzt wie viele andere Smartwatches auf Googles Android Wear und hat dementsprechende Funktionlität. Für Sportliche ist wichtig, dass sie bereits GPS an Bord hat, wer, also seine Laufstrecke aufzeichnen will, muss nicht wie bei der Apple Watch das Smartphone mitnehmen.
Für Interessenten ist allerdings wichtig zu wissen: Sony soll Gerüchten zufolge im Oktober die SmartWatch 4 präsentieren und rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft im November auf den Markt bringen.
Und braucht man nun überhaupt eine Smartwatch?
Die Argumente der Hersteller sind immer die gleichen: Notifications am Handgelenk, damit man das Smartphone nicht mehr so oft zücken muss; Tracking-Funktionen beim Sport; praktische Apps wie Payment-Services. Doch wenn man sich auf der IFA länger mit Firmenvertretern unterhält, dann gibt es auch unter ihnen Zweifel, ob sich die Smartwatch überhaupt durchsetzen wird – noch sind die intelligenten Uhren (teilweise teures) Smartphone-Zubehör und auch mit GPS und eingebauter SIM-Karte kein Ersatz fürs Handy. Symptomatisch sind da die Worte eines Promoters, dessen Job es eigentlich ist, die neuen Geräte an den Mann zu bringen: „Also eigentlich habe ich normale Uhren lieber.“