Reportage

So geht Entschleunigung: Mit dem E-Auto auf Urlaub in Kroatien

Auch der Border Collie Lillybeth musste die zeitaufwändigen Ladevorgänge über sich ergehen lassen. Sie durfte natürlich auf der Rückbank mitfahren und hat nur kurz im Kofferraum posiert. © Julia Gerber / Trending Topics
Auch der Border Collie Lillybeth musste die zeitaufwändigen Ladevorgänge über sich ergehen lassen. Sie durfte natürlich auf der Rückbank mitfahren und hat nur kurz im Kofferraum posiert. © Julia Gerber / Trending Topics
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Ein Tesla. Eine Strecke von mehr als 1.500 Kilometern. Zwei Personen und ein Hund auf einem Roadtrip von Österreich nach Kroatien und zurück. Ein Urlaub in Südosteuropa mit dem Elektroauto im Jahr 2024 sollte machbar sein – oder?

42 Tesla Supercharger in Österreich

Unser Fahruntersatz: Das Model 3 von Tesla ist seit 2019 in Europa erhältlich und so viel vorweg: Auf der Autobahn beschleunigt es enorm, sodass man sich Mühe geben muss, das Geschwindigkeitslimit von 130 km/h nicht zu überschreiten. Leider geht das schnelle Fahren auf die Kosten der Batterieladung. Schon nach zwei Stunden auf der Autobahn muss die nächste Ladestation aufgesucht werden. Während das Laden in Österreich kein Problem ist, da es über das Land verteilt 42 Tesla Super-Charge Stationen gibt, gestaltet sich die Sache in Kroatien wesentlich schwieriger.

Laden in Kroatien

Im Unterschied dazu gibt es in ganz Kroatien insgesamt nur sieben Tesla Super Charge Stationen. Diese befinden sich in den Orten Zagreb, Zadar, Vrgorac, Slavonski Brod, Senj, Otocac und Karlovac. Drei davon, nämlich jene in Karlovac, Zadar und Senj, haben wir auf dem Roadtrip besucht – jene in Zadar sogar zwei Mal. Der Tesla Supercharger in Senj befindet sich direkt neben dem Meer, mit einem traumhaften Ausblick auf das Wasser und die dahinter gelegene Stadt. Das war auch die einzige Ladestation, bei der man keine zehn bis zwanzig Minuten warten musste, um an die Reihe zu kommen. Verschiedene Tesla-Modelle, hauptsächlich gefahren von Deutschen, Österreichern, Ungarn, Dänen und Niederländern, drängten bei 40 Grad Außentemperatur auf die Ladeplätze. Die genervten Gesichter der Fahrer:innen waren auch durch die Fensterscheiben deutlich erkennbar.

Tesla laden am Wasser: Der Ausblick von der Tesla Supercharge-Ladestation in der Kleinstadt Senj im Süden von Kroatien war traumhaft. Und immerhin konnte sich der Hund während des Ladevorgangs abkühlen. © Julia Gerber / Trending Topics
Tesla laden am Wasser: Der Ausblick von der Tesla Supercharge-Ladestation in der Kleinstadt Senj im Süden von Kroatien war traumhaft. Und immerhin konnte sich der Hund während des Ladevorgangs abkühlen. © Julia Gerber / Trending Topics

Geringe Ladegeschwindigkeit

War man endlich an der Reihe, musste man rasch feststellen, dass sich die Ladegeschwindigkeit irgendwo zwischen 40 und 70 Kilowatt einpendelte. Je nachdem, welche Modelle angesteckt waren und je nach Auslastung. Von den versprochenen 150 kW Höchstleistung war nichts zu spüren. Ein Ladevorgang dauerte gut eineinhalb Stunden. Ein Roadtrip durch Kroatien ist aktuell mit langen Aufenthalten auf diversen Raststationen verbunden. Funfact: Fast in allen überdachten und teils klimatisierten Cafés neben den Tesla Supercharge Stationen, die wir besuchten, rauchen die Gäste.

Probleme abseits der langen Wartezeit

Auf der rund 160 Kilometer langen Route von der Insel Krk nach Rovinj gab es leider weit und breit keine E-Ladestation, eine Alternative musste her und ein Tesla Destination Charger wurde angepeilt. So weit der Plan. Das Problem: Die Destination Charger, die wir selbst über Google Maps rausgesucht haben, existieren zum Teil nicht mehr. Viele davon befinden sich in Hotels oder in Einkaufszentren und sind somit nicht immer einfach zu erreichen oder nur Gästen zugänglich. Im Gegensatz zu Superchargern, die für schnelles Aufladen auf langen Fahrten gedacht sind und vom im Tesla integrierten Display automatisch angezeigt werden, sind Destination Charger für das Laden während längerer Aufenthalte oder Übernachtungen konzipiert. Die Ladegeschwindigkeit ist dabei deutlich geringer, aber immerhin liefern sie Strom und halten den Tesla am Leben.

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Besuch beim russischen Ladeanbieter Elen

Jedenfalls sind wir vom kleinen Ort Baška auf der Insel Krk in Richtung Rovinj drei Destination Charger vergeblich angefahren: Einer existierte nicht mehr, einer befand sich im Geschäftsbereich eines Autohändlers, der am Sonntag geschlossen war, und ein weiterer gehörte einem Hotel, das den Ladeservice ausschließlich seinen Gästen vorbehalten hat. Nach zwei Stunden erfolgloser Suche mussten wir auf Ladestationen anderer Betreiber ausweichen. Nicht nur Tesla-Zubehör lädt Tesla. Die nächste besuchte Station war leider außer Betrieb und noch originalverpackt – die Ladekabel und Displays waren in Plastik gehüllt. Zuletzt fanden wir den russischen Ladeanbieter „Elen”, der zu funktionieren schien. Dort wurde der Tesla für 42 Cent pro kW komplett aufgeladen, aber auch erst nachdem das bereits angesteckte E-Auto aus Schweden neben uns den Ladeplatz verlassen hatte. Denn das gleichzeitige Laden zweier E-Autos funktionierte nicht. Zudem musste die Elen-App heruntergeladen werden. Immerhin: Der Preis ist derselbe wie bei den Tesla Supercharge-Stationen.

Machbar aber mühsam

Eine Reise mit einem E-Auto von Österreich nach Kroatien ist 2024 machbar, ja. Aber nur, wenn man keine Eile hat und stressresistent ist, vor allem wenn man Istrien sowie den Süden und Osten des Landes durchqueren möchte. Und: E-Autoreisende sollen bezüglich der Bezahlarten flexibel sein. Was die Kosten angeht, ist das Laden etwas günstiger als das Tanken: In 12 Tagen haben wir für insgesamt 143,42 Euro geladen und sind damit etwa 1.600 Kilometer weit gekommen. Zum Vergleich: Ein Benzin-Kombi der Marke Kia „Sportswagon“ mittlerer Größe schafft etwa 1.200 Kilometer mit zwei Tankfüllungen für rund 140 Euro. Bei einem Verbrauch von 6 Liter und einem Benzinpreis von 1,60 pro Liter würden für dieselbe Strecke ca. 154 Euro anfallen.

Fazit: mit dem E-Auto durch Südosteuropa

Strom ist (noch) nicht deutlich günstiger als zum Beispiel Benzin, auch wenn wir dies anfänglich angenommen haben. Ein E-Auto mit seinen hohen Anschaffungskosten rentiert sich nur dann, wenn im Eigenheim eine kostengünstige Lademöglichkeit besteht. Das heißt: langsames Laden über Nacht. 

Für Strecken, die mit einem Verbrenner in dreieinhalb Stunden schaffbar sind, haben wir mit dem Tesla Model 3 neun Stunden gebraucht. Anders gesagt: Jedes Mal, wenn Strecken von über 120 Kilometern gefahren wurden und ein Ladevorgang notwendig war, mussten etliche Stunden dafür eingerechnet werden. Mit der Suche nach einer Ladestation, der Wartedauer für einen verfügbaren Slot und der verzögerten Ladedauer braucht es in Kroatien momentan noch eine gehörige Portion Durchhaltevermögen. Die gute Nachricht: Die Ladestationen werden stets weiter ausgebaut. Ein Roadtrip durch Kroatien mit dem Tesla in zwei bis drei Jahren könnte sich also ganz anders gestalten.

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