So haben Prewave und Smiling Food die Stärken des Standorts Österreich für sich genutzt

Lisa Smith ist Co-Founder und Managing Director von Prewave, einer KI-Plattform, die großen Unternehmen hilft, ihre Lieferketten resilient und nachhaltig zu gestalten. Lisa Reiss gründete 2021 das FoodTech-Startup Smiling Food, das eine vielversprechende Zuckeralternative entwickelt hat.
Die beiden stammen aus komplett unterschiedlichen Industrien – im Interview haben sie Trending Topics verraten, wie leicht oder schwer es ist, das eigene Business in Österreich hochzuziehen – und dafür passende Investor:innen zu finden.
Trending Topics: Wie hat sich eure Wachstumsreise gestaltet und wer oder was hat euren Unternehmen geholfen, sich weiterzuentwickeln?
Lisa Smith: Prewave ist ein Spin-off der Technischen Universität Wien und wurde 2017 gegründet. Ein Jahr darauf gab es ein Funding von Speedinvest und XISTA.vc. Gerade in den frühen Phasen hat uns das öffentliche Zuschusssystem finanziell stark unterstützt. Unsere Lösung wurde an der Universität entwickelt und war zunächst nur ein technologischer Prototyp – ein Produkt gab es noch nicht.
Es dauerte eine Weile, bis wir den Product-Market-Fit gefunden haben. Hätten wir nicht von verschiedenen Seiten Forschungszuschüsse und Innovationszuschüsse erhalten und diese mit frühem VC-Kapital kombiniert, wären wir heute nicht da, wo wir sind. Das hat uns geholfen, auf die Beine zu kommen und in den ersten drei bis vier Jahren Prototypen zu entwickeln sowie Pilotprojekte mit verschiedenen Unternehmen umzusetzen. 2021 hat dann tatsächlich die Wachstumsphase begonnen.
Später konnten wir mehr als 90 Millionen Euro aus dem Ausland nach Österreich ziehen, und ich denke, dass wir hierzulande mehr davon wollen.
Lisa Reiss: Wir wollen den Süßungsmittelmarkt revolutionieren. Dazu haben wir das erste modulare System entwickelt, das Zucker applikationsbasiert 1 zu 1 nachahmt. Mit unserer Plattformtechnologie können wir den Geschmack, die Textur, das Volumen und die Funktionalität von Zucker präzise und ohne künstliche Süßstoffe und Zucker imitieren.
Wir haben es geschafft, bis zum Zeitpunkt der Pre-Seed-Runde einen validierten Prototypen zu entwickeln, aber das war ein dreijähriger F&E-Zyklus voller Ups und Downs. Es hat viel Kraft gebraucht, das durchzuziehen. Österreich ist leider nicht der perfekte Standort für Startups in der Lebensmitteltechnologie. Eine Küche, ein Labor inklusive passendem Equipment findet man nicht an einem Ort, da mussten wir echt kreativ werden. Für unsere Forschungszwecke mussten wir zwischen Österreich und Deutschland hin und her pendeln.
Durch die staatlichen Förderungen und Inkubatoren haben wir die ersten Tests und Mitarbeiter:innen finanzieren können, ohne diese Unterstützung wäre das nicht möglich gewesen. Zusätzlich habe ich von Anfang an viel Wert auf spezifisches Mentoring gelegt, um schneller voranzukommen und Fehler zu vermeiden.
Wie hat sich Smiling Food bis jetzt finanziert? Ist es deiner Erfahrung nach schwierig(er), in Österreich finanzielle Mittel für ein Startups aufzustellen?
Lisa Reiss: Für mich war es in den letzten drei Jahren wichtig, “Smiling Food“ durch eigenes Geld und in Kombination mit Förderungen zu bootstrappen. Ich wollte nicht zu früh zu viele Anteile für zu wenig Geld abgeben.
Ohne Förderstellen wie die AWS, die Wirtschaftsagentur Wien oder die FFG würde es uns in der Form sicher nicht geben. Sie haben auch in unserem Fall in großen Teilen Kosten gedeckt, die Investor:innen nicht mittragen möchten. Hier spreche ich vor allem von Forschungs- und Entwicklungsaufwänden, die sich nicht direkt in Kommerzialisierung und Umsatz konvertieren lassen.
Es gibt einen Punkt, an dem Förderungen hohe Förderquoten erfordern, die man nicht mehr allein finanzieren kann – besonders, wenn man noch jung ist und nicht über ein privates Bankkonto mit 100.000 Euro verfügt. Bis heute, fast vier Jahre später, habe ich mir selbst kein Gehalt ausgezahlt und habe noch bis vor einem Jahr parallel gearbeitet, um meine Lebenshaltungskosten zu decken.
Außerdem denke ich nicht, dass es egal ist, wo man sein Unternehmen gründet. In den USA zu gründen, wäre vermutlich einfacher gewesen – vor allem als Solo-Gründerin. Dort erkennen sie eher, wenn du eine Gründerpersönlichkeit bist
PreWave hat 2024 eine der größten Series-B-Finanzierungsrunden in der DACH-Region abgeschlossen und insgesamt 63 Millionen Euro eingesammelt. Wie habt ihr das erreicht und wie können das andere erreichen?
Lisa Smith: Diese Runde aufzustellen, war das Ergebnis unseres Wachstums der letzten Jahre. Unsere großen Wachstumstreiber waren, dass wir mit unserer Technologie den Product-Market-Fit im stark wachsenden Supply-Chain-Markt gefunden haben – einem Bereich, der durch steigende Anforderungen an Lieferkettenstabilität und neue gesetzliche Vorgaben stark wächst. Das Thema Lieferketten ist in den letzten fünf Jahren sowohl durch die Corona-Pandemie als auch durch den ESG-Trend und internationale Kriege stark in den Fokus gerückt. Hinzu kommt der Green Deal in Europa mit zusätzlichen Regulierungen, wie etwa das europäische Lieferkettengesetz 2027.
Große Unternehmen sind also bald verpflichtet, ein Risikomanagement-Werkzeug zu implementieren. All diese Faktoren spielen im Markt eine Rolle – unsere Technologie wurde 2017 genau zur richtigen Zeit entwickelt und war um 2021 einsatzbereit. Deshalb konnten wir 2023 gute Wachstumszahlen sowie eine attraktive Series-B-Finanzierung erreichen.
Wie wichtig sind Family Offices für die Finanzierung von Startups in Österreich, und warum hast du dich für den Venture-Capital-Weg anstatt Business Angels entschieden?
Lisa Smith: Wir haben uns für den VC-Weg und institutionelle Investoren entschieden, weil wir mit diesen unsere IPO-Vision teilen und damit für die nächsten 10 Jahre ein starkes strategisches Alignment haben.
Grundsätzlich brauchen wir reiche Familien, also Family Offices, die in die VC-Landschaft in Österreich investieren. Ich glaube, dass es insgesamt mehr VCs braucht. Mein Eindruck ist, dass es für Family Offices nicht ganz einfach ist, Tech-Startups zu identifizieren und zu bewerten. Das VC-Instrument scheint mir hier ideal, um Geld aus Family Offices in österreichische Innovationen zu lenken.
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Dieser Artikel ist bereits im Trending Topics Founders Guide 2025 erschienen. Das komplette Magazin findest du hier.