So war 2017, so wird 2018: Das denken Vertreter der Startup-Szene über dieses und nächstes Jahr
„Aufwärtstrend“, „im Mainstream angekommen“, „Internationalisierungsschub“, „Professionalisierungsdynamik“, „einiges weiter gegangen“: Im Großen und Ganzen sind viele Vertreter der Startup-Szene zufrieden damit, wie sich das Ökosystem dieses Jahr entwickelt hat. Damit einher geht aber auch eine verstärkte Kompetitivität, das Eindringen von Trittbrettfahrern in den Markt und die Überhitzung der Thematik. Auch sind viele gespannt, welche Stoßrichtung die neue Bundesregierung in Sachen Startups verfolgen wird.
Wir haben uns bei Vertretern der Startup-Branche in Österreich umgehört, wie sie das Jahr 2017 bewerten und was sie sich von 2018 erwarten (in alphabetischer Reihenfolge).
Michael Altrichter, Business Angel
„Der Aufwärtstrend der gesamten Startup-Szene in Österreich ging 2017 ungebrochen weiter. Das Thema Startup ist in allen Bereich der Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft breit aufgeschlagen und endgültig vom Randthema zu Mainstream geworden. Am deutlichsten sieht man das bei der Bitcoin-Preisralley und den zahlreichen ICOs, die in diesem Jahr jedermann und -frau das enorme Potential der Blockchain-Technologie aufgezeigt hat. Und genau diese Technologie wird das Jahr 2018 prägen. Viele neue Geschäftsmodelle werden entstehen und Kryptowährungen werden weithin enorm an Wert zulegen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass 2018 starke Kurseinbrüche den jahrelangen Aufwärtstrend etwas bremsen, wohl auch nicht ganz außer Acht zu lassen. Wir können gespannt sein! In diesem Sinne: Prosit 2018! 😊“
Lisa Fassl, Austrian Angel Investors Association
“2017 hat gezeigt, dass das Thema Startup sich zu einer richtigen Industrie entwickelt hat. Damit einher geht verstärkte Kompetitivität zwischen den Akteuren, was dem Ökosystem zu einem gewissen Grad gut tut und zu einer Professionalisierung der Angebote führt. Trotzdem – gerade um als Szene schneller zu wachsen und international aufzuzeigen – brauchen wir eine gemeinsame Vision für den Standort und ein gesundes Level an Konkurrenz und Kooperation.”
Irene Fialka, INiTS
“Das österreichische Startup-Ökosystem hat sich extrem gut entwickelt, besonders Wien ist unter den Startup-Hubs international sichtbar geworden. 2017 war geprägt durch international beachtete Exits wie jenem von mySugr, zudem fand eine Diversifizierung und Professionalisierung des Startup-Ökosystems statt. 2018 werden wir an der Realisierung bzw. Stabilisierung neuer Initiativen und an der besseren Orientierung für Entrepreneure in einem extrem dynamischen Ökosystem arbeiten müssen. Beides ist nötig um mehr Geschwindigkeit auf die Straße zu bringen, um als Ökosystem attraktiver zu werden und im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.”
Dominik Greiner, weXelerate
“Die österreichische Startup-Szene war die vergangenen zwei Jahrzehnte sehr stark durch herausragende Einzelleistungen ohne nennenswerte Infrastruktur geprägt. 2017 hat mit einigen neuen Initiativen zwar keine Zeitenwende eingeleitet, aber dringend notwendigen Kollektivleistungen überfällige, international sichtbare Bühnen eröffnet. 2018 haben wir die Chance und Pflicht, auf der Startup-Heatmap ein paar Plätze nach oben zu klettern. Das wird aber nur gelingen, wenn wir weniger über das Soll diskutieren und mehr für das Ist tun.”
Hansi Hansmann, Business Angel
„Wir haben uns weiterentwickelt, keine Frage. Startups sind tatsächlich im Mainstream angekommen. Accelerators, Inkubatoren und Coworking Spaces schießen nur so aus dem Boden. Corporates sind auch in Östereich dabei aufzuwachen. Das ist insgesamt gut, Innovation kriegt einen höheren Stellenwert, das Ökosystem entwickelt sich weiter, die Politik (siehe Wahlkampf!) sieht es als wichtig an. Das bringt auch Nachteile mit sich: Es gibt viele Trittbrettfahrer, also Leute, die wenig Ahnung haben und das gut verschleiern können. Manchmal habe ich den Eindruck, dass nicht die Startups und die Gründer im Fokus sind, sondern das ganze Rundherum.
Für die Zukunft brauchen wir konkrete Maßnahmen, die deutlich über das Startup-Paket hinausgehen, vor allem in den Bereichen der steuerlichen Incentivierung, der Gesellschaftsform, und dem leichteren Zugang zu ausländischen Mitarbeitern und Entwicklern. Da ist die neue Regierung sehr gefragt.“
Hermann Hauser, Investor
“Seit wir vor ein paar Jahren zum ersten Mal die I.E.C.T. Summer School on Entrepreneurship gemacht haben, weiß ich: In Österreich tut sich was. Und heuer im Jahr 2017 haben die jungen Hightech-Startups noch einmal eines draufgelegt. Denen ist egal, in welcher Sprache sie verhandeln, die wissen, was in den Tech-Metropolen der Welt vor sich geht, sie entwickeln technologische und gesellschaftliche Meilensteine und ich bin überzeugt davon, dass diese jungen, cleveren Österreicher weiter Großes schaffen werden – für sich, für Österreich aber vor allem für unsere Welt. Denn auch Hightech macht nur dann Sinn, wenn es mehr Menschen zu mehr Glück verhilft. Auch davon bin ich überzeugt.“
Magdalena Hauser, I.E.C.T.
„Was wir dieses Jahr gesehen haben – und das nicht nur in der Startup-Szene selbst, sondern auch aufgrund von Politikern wie Harald Mahrer oder Christian Kern – war die Fokussierung auf Trends wie Artificial Intelligence, IoT oder Blockchain. Diese Trends sind in anderen Ländern schon lange Thema, weswegen es notwendig war, dass es jetzt endlich auch in Österreich ankommt. Es gab eigentlich kaum noch Startups, die bei uns über den Tisch gegangen sind, die sich nicht in irgendeiner Art und Weise mit einem der Themen beschäftigt haben. Wir sehen auch eine positive Entwicklung an den Universitäten, die sich immer offener gegenüber Ausgründungen zeigen und damit den Weg für großartige DeepTech- oder Life-Science-Startups ebnen. 2018 wird sicher spannend und wird zeigen, ob wir es schaffen, Österreich für Exzellenz von außen attraktiv zu gestalten und die Infrastruktur und das Netzwerk weiter so auszubauen, dass gute Leute und ihre Startups hierbleiben.”
Gerhard Hirczi, Wirtschaftsagentur Wien
„2017 hat für die Wiener Startup-Szene einen sichtbaren Internationalisierungsschub gebracht. Jüngstes Beispiel ist die Aufnahme in den Club der Start-Alliance-Metropolen. Wien ist jetzt neben Berlin, London, New York, Paris, Shanghai und Tel Aviv Teil einer weltweit vernetzten Startup-Plattform. Dass sich Wien in dieser Runde positioniert ist Ausdruck der Professionalisierungsdynamik, die die Szene in den letzten Jahren geprägt hat. 2018 stehen neben globalen auch lokale Aktivitäten an. Mit „Gründen in Wien“ veranstalten wir am 23. März das größte Event der heimischen Startup-Szene, bei dem wir diesmal noch stärker auf den Gründungsnachwuchs setzen wollen.“
Bernhard Lehner, startup300
“2017 war sicher geprägt von der rasanten Entwicklung der Startup-Hubs, getrieben von Linz und Wien, und von positiven Entwicklungen bei der Frühphasenfinanzierung von Startups. 2018 hoffe ich auf noch mehr technologisch spannende und von tollen Gründern getriebene Startup-Gründungen, mehr Risikokapital für Anschlussfinanzierungen und einer weiteren Öffnung von Corporates hin zu Startups und in zur digitalen Transformation.”
Selma Prodanovic, Business Angelina
“Es ist völlig unklar, wie sich die politische Situation in Bezug auf Startups in Österreich entwickeln wird. Damit werden wir teilweise gezwungen, internationaler zu agieren. Gut so! Und ja, wenn dann gibt es den „Startup Hype“ nur innerhalb unserer Community. Sobald man sich nach außen bewegt, sind wir und unser Tun völlig uninteressant.”
Markus Raunig, AustrianStartups
“2017 war ein gutes Jahr. Während Startups öffentlich heiß diskutiert wurden, hat das gesamte Ökosystem gemeinsam im Hintergrund weiter an den zwei wichtigsten Stellschrauben gearbeitet: ein größerer Talente-Pool und mehr Kapital für Startups. Und laut dem kürzlich veröffentlichten „State of European Tech“-Report ist in beiden Kategorien einiges weitergegangen: Österreich ist mittlerweile Nummer 8 in Europa wenns um das nationale Wachstum der Tech-Workforce geht und Wien ist der Hub mit dem achtgrößten Investment-Volume – noch vor Madrid oder München.”
Michael Schuster, Speedinvest
„Was für ein Jahr! Es sieht so aus als würde Österreich den nächsten Schritt machen. Mehr Investments, mehr Aufmerksamkeit, weitere Exits. Bei der Quantität der heimischen Gründungen und der Ambition besteht noch Raum für Entwicklung.“
Herwig Springer, i5invest
“Unsere Strategie, internationale Investoren und Konzerne nach Österreich zu holen, geht voll auf. Österreich und CEE werden so schrittweise mehr und mehr an Bedeutung beigemessen, das spüren wir auch bei unseren Aktivitäten im Silicon Valley und an der US-Ostküste. 2018 stehen ein paar weitere internationale Transaktionen an, an denen wir bereits konkret arbeiten. Es bleibt spannend und dynamisch.”
Offenlegung: Speedinvest, Hansi Hansmann, Michael Altrichter und startup300 sind Investoren von Trending Topics.