Solar-Unicorn Enpal gab sich als „Deutsche Solarberatung“ aus
Wenn du nach Möglichkeiten zum Kauf oder Miete einer PV-Anlage googelst, und dann auf eine Webseite namens „Deutsche Solarberatung“ kommst, die sogar in den Farben der deutschen Flagge gestaltet wurde? Würdest du denken, dass es sich dabei um eine unabhängige Vergleichsseite für Anbieter von PV-Anlagen handelt? Oder sogar um eine offizielle Informationsseite zum Thema Photovoltaik? Oder vielleicht nicht doch um eine Webseite, die nur zum Ziel hat, zum einen einzelnen Anbieter weiter zu leiten?
Wer in den letzten Tagen und Wochen auf www.deutsche-solarberatung.net gelandet ist, der könnte sich eher die ersten beiden Dinge gedacht haben – und wäre dann erst bei einem Blick ins Impressum darauf aufmerksam gemacht worden, dass es sich beim Betreiber der Webseite eigentlich um das Berliner Solar-Unicorn Enpal handelt. Auf der Startseite versprach die Marketing-Webseite, dass man hier in einem „Solarstrom-Vergleich“ den „besten Anbieter in der Region“ finden könne. Die Fachpartner mit mehr als 30.000 Kunden seien aus renommierten Medien wie FAZ, Spiegel Online, ARD oder Handelsblatt bekannt. Kein Wort von Enpal selbst.
Erst beim Weiterklicken auf der Webseite der angeblichen „Deutschen Solarberatung“ fällt dem geübten Auge auf, dass es sich da doch um den sehr bekannten Anbieter handeln könnte. Denn die Auswahl für das deutsche Bundesland, in dem man sich eine PV-Anlage zulegen möchte, ist ganz eindeutig auch jene, die man im Anfrage-Tool bei Enpal sieht. Hier der Vergleich der beiden Webseiten:
Die Webseite wurde mittlerweile offline genommen. Mit Hilfe der Wayback Machine, die Webseiten und deren Änderungen über Zeit dokumentiert, kann man aber noch sehen, dass es sich bei www.deutsche-solarberatung.net um ein Advertorial des Berliner Unternehmens gehandelt hat. Tracking-Links, die Trending Topics vorliegen, zeigen, dass das Werbe-Netzwerk Taboola, das in zahlreiche Medienseiten integriert ist, offenbar verwendet wurde, um zu versuchen, Nutzer:innen auf die Webseite zu locken.
„Internes Marketingprojekt“
„Enpal bezeichnet sich nicht als deutsche Solarberatung und wird auch zukünftig nicht unter diesem Titel geführt werden. Die Webseite basierte auf einem zeitlich begrenzten internen Marketingprojekt, das keinerlei strategische Relevanz hat oder zukünftig haben wird und daher mittlerweile wieder offline ist“, heißt es seitens Enpal gegenüber Trending Topics zu der Causa.
Das Online-Marketing rund um Anbieter von Photovoltaik-Anlagen in Deutschland hat im letzten Jahr durch den Kampf um einen boomenden Markt wilde Züge angenommen. Wie berichtet darf sich 1Komma5° aus Hamburg, einer der größten Enpal-Rivalen, nach einem Rechtsstreit nicht mehr selbst als „Marktführer für Klimaschutz-Technologie“ nennen. Zudem liefert sich Andreas Pichlmair, Geschäftsführer der Münchner Firma SolarHelden, einen andauernden Streit mit Enpal, wo es auch um Google-Bewertungen geht.
Zeitfenster für PV-Geschäft
Das Geschäft mit PV-Anlagen in Deutschland brummt ordentlich Enpal machte 2022 eigenen Angaben zufolge 400 Millionen Euro Umsatz und installiert derzeit etwa 3.000 neue Anlagen im Monat. Erst diese Woche startete man auch mit einer Kaufoption für PV-Anlagen neben dem bestehenden Mietmodell. Enpal-Mitbewerber Zolar hat das Mietmodell mittlerweile eingestellt, weil das veränderte Zins- und Steuerumfeld das Kaufmodell deutlich attraktiver machen.
Da es jetzt ein Zeitfenster von wenigen Jahren gibt, um sich große Marktanteile in dem Boom-Markt zu schnappen, sind die Marketing-Aktivitäten verschiedener PVAnbieter intensiv. PV-Anlagen werden für 20 oder mehr Jahre auf Hausdächern installiert. Wenn einmal viel Hausdächer mit PV voll sind und die staatlichen Förderungen auslaufen, dann schließt sich das Zeitfenster wieder. Deswegen ist es in der aktuellen Phase sehr wichtig, möglichst viele Kund:innen zu gewinnen – und das mündet dann eben in immer neuen Marketingprojekten.
1Komma5° darf sich nicht „Marktführer für Klimaschutz-Technologie“ nennen