E-Mobilität

Solarauto Sion: Ohne Lenkung und Bremse Richtung Abgrund

Sion: Solarauto kämpft ums Überleben © Sono Motors
Sion: Solarauto kämpft ums Überleben © Sono Motors
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Eigentlich müsste ja reges Treiben herrschen. Immerhin ist am Dienstag in der Stage 3 in Wien eine Weltneuheit zu sehen, nämlich das Solarauto Sion des Münchener Startups Sono Motors. Doch allzu viel ist bei unserem Besuch nicht los. Lediglich eine Handvoll Interessierte sind zu dem Event gekommen und schauen sich die zwei ausgestellten Autos an. Probefahrt? Fehlanzeige. Selbst die beiden Gründer Jona Christians und Laurin Hahn sind noch nicht anwesend. Die sitzen noch im Zug und sollen erst später zu dem wichtigen Termin dazustoßen. Denn es geht für das Jungunternehmen bei seiner Tour quer durch den DACH-Raum um sehr viel. Konkret geht es um satte 55 Millionen Euro.

So viel Geld braucht das Münchener Jungunternehmen noch bis Donnerstag, um sein Solarauto am Leben halten zu können. Einsammeln will die schwer angeschlagene Jungfirma diese Summe mithilfe einer im Dezember ausgerufenen Crowdfunding-Kampagne, die nur noch bis 26. Jänner läuft. 45 Millionen Euro konnte Sono Motors in der laufenden Kampagne bislang einsammeln, doch das endgültige Ziel von 100 Millionen Euro wirkt nur schwer erreichbar. Es ist nicht das erste Mal, dass die Jungfirma ihre Fans um Hilfe bittet. Bisher hat die Entwicklung des Solarautos mehr als 400 Millionen Euro verschlungen – der Großteil stammt von Privatinvestor:innen.

Sono Motors: Solarauto-Startup steht wegen Geldmangel vor dem Aus

Sion soll im ersten Quartal 2024 erscheinen

„Wir brauchen die Unterstützung der Kund:innen, um unsere Vision doch noch zu realisieren. Auch wenn die Dinge derzeit schlecht stehen, geben wir uns weiter kämpferisch. Wir haben bereits viel Geld erhalten, und Crowdinvesting-Kampagnen gewinnen üblicherweise vor allem gegen Ende an Fahrt“, meinte Lukas Epple, Agile Coach von Sono Motors, bei der Präsentation des Sion am Dienstag. Das Unternehmen hat bereits etwa 21.000 Reservierungen verzeichnet. Die neue Crowdfinanzierung sei dagegen nötig, um die Serienproduktion des Solarautos zu starten.

Das Besondere am Sion ist nicht das Fahrzeug an sich, sondern eher die Integration von Solarpanelen am Auto. Diese sollen dafür sorgen, dass das Fahrzeug 112 Kilometer pro Woche zusätzliche Reichweite durch Sonnenenergie gewinnen kann – für alles darüber hinaus muss es aber wie jedes andere E-Auto an die Steckdose. Dieses Konzept hat Investor:innen und Kund:innen zu Anfang sehr begeistert. Im Jahr 2021 wagte Sono Motors sogar den Börsengang und erreichte dabei eine Bewertung von stolzen zwei Milliarden Dollar. Doch vom anfänglichen Hype scheint nicht mehr viel übrig zu sein.

Bei der Präsentation in Wien war es zwar möglich, den Sion zu begutachten, Testfahrten jedoch nicht. Das liege daran, dass die gezeigten Modelle noch nicht über alle Komponenten verfügen, darunter das Lenksystem und die Bremsen. Epple zufolge hat Sono Motors in der Vergangenheit aber schon Testfahrten geboten. Der unfertige Zustand lässt erneut die Frage aufkommen, wie weit Sono Motors eigentlich mit der Entwicklung des Fahrzeugs ist. Immerhin gab es bislang noch kein Datum für den Marktstart. Das Unternehmen versichert jedoch, dass – sofern die Crowdinvesting-Kampagne ein Erfolg ist – der Sion schon im ersten Quartal 2024 ausgeliefert wird.

Die Präsentation des Sion in Wien war nur spärlich besucht © Trending Topics
Die Präsentation des Sion in Wien war nur spärlich besucht. © Trending Topics

Projekt von Sono Motors hängt am Abgrund

Die Lage für Sono Motors ist alles andere als rosig. Die fehlenden Geldmengen für die Produktion erklären die Gründer Jona Christians und Laurin Hahn damit, dass die Aktienkurse von Mobilitäts- und Techfirmen in den vergangenen Monaten stark gesunken sind. Im Jahr 2021 hat Sono Motors an der Tech-Exchange Nasdaq das Börsendebüt hingelegt. Zu Anfang verdoppelte sich der Firmenwert auf zwei Milliarden Euro. Davon ist mittlerweile lediglich eine Marktkapitalisierung von 100 Millionen Dollar übrig geblieben.

Wenn Sono Motors das Ziel von 100 Millionen Euro bei der neuen Crowdinvesting-Kampagne nicht erreicht, bedeutet das höchstwahrscheinlich das Aus für den Sion. In diesem Fall hat die Firma zumindest einen Notfallplan. Sie würde hier verstärkt auf das B2B-Geschäft mit Solarzellen für andere Autos (LKWs, Busse, Anhänger) setzen. Für Kund:innen stellt sich allerdings durchaus die Frage, ob es sich für sie lohnt, in ein Projekt zu investieren, das dermaßen am Abgrund hängt. Würde das eingezahlte Geld nicht in bereits bestehenden Finanzlöchern versickern?

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Auch Probleme bei Solarauto-Anbieter Lightyear

Das Jungunternehmen verspricht den Privatinvestor:innen Sicherheit. So würde das investierte Geld auf einem separaten Konto landen, auf das Sono Motors zu diesem Zeitpunkt noch keinen Zugriff habe. Sollte die Kampagne scheitern, sollen die Privatanleger:innen eine Rückerstattung erhalten. Wie diese genau aussehen würde und in welcher Form die Kund:innen sie erhalten, sei jedoch derzeit noch nicht festgelegt.

Jona Christians und Laurin Hahn sehen ihr Projekt als besonders wichtig für die Mobilitätswende und den Kampf gegen die Klimakrise. Hier ist jedoch zu bedenken, dass es auch andere Anbieter von Solarautos gibt, allen voran Lightyear aus den Niederlanden. Auch hier könnten die Dinge jedoch besser laufen. Das Unternehmen hat erst kürzlich nach nur drei Monaten die Produktion seines Modells Lightyear 0 eingestellt, um sich auf das erschwinglichere Modell 2 zu konzentrieren, berichtet Electrek. Sono Motors sieht Lightyear laut Epple jedoch nicht als Rivalen. „Wir freuen uns, wenn Solartechnologie bei Autos sich durchsetzt. Hier verfolgen wir alle die gleiche Vision.“ Ob die Vision von Sono Motors eine Überlebenschance hat, wird sich bis Donnerstag weisen.

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