Solarautos: Der geplatzte Traum und wer ihn am Leben hält
Die Versprechungen, bald mit der Sonne tanken zu können, waren lange Zeit groß. 2023 wird als Enttäuschung in die Geschichte der Solarmobile eingehen: Heuer hat sich erwiesen, dass viele Jungfirmen hier oft zu ambitioniert herantreten. Es gab allerdings auch durchaus einige Meilensteine, die Hoffnung für die Zukunft bringen. Wir zeigen, was sich 2023 im Bereich der Solarautos
getan hat.
Dieser Bericht erschien ursprünglich in unserem Magazin Unter Strom 2023. Hier findet sich die digitale Version des gesamten Magazins.
Sion von Sono Motors: Keine Rettung durch die Crowd
Die bittersten Entwicklungen zuerst: Eine große Enttäuschung für all jene, die auf Solarautos hoffen, war der Sion, ein lange gehyptes Modell des Münchener Startups Sono Motors. Schon 2022 hat sich immer wieder abgezeichnet, dass sich die Erwartungen nicht erfüllen lassen würden. Das Besondere am Sion war nicht das Fahrzeug an sich, sondern eher die Integration von Solarpanelen am Auto. Diese sollten dafür sorgen, dass das Fahrzeug 112 Kilometer pro Woche zusätzliche Reichweite durch Sonnenenergie gewinnen kann – für alles darüber hinaus sollte es aber wie jedes andere E-Auto an die Steckdose.
Dieses Konzept hatte Investor:innen und Kund:innen zu Anfang sehr begeistert. Im Jahr 2021 wagte Sono Motors sogar den Börsengang und erreichte dabei eine Bewertung von stolzen zwei Milliarden Dollar. Doch seither ging es konstant bergab, vor allem weil die Entwicklung des Solarautos Unmengen an Geld verschluckte.
Mehr als 400 Millionen Euro hat der Sion geschätzt verschlungen – der Großteil stammte von Privatinvestor:innen. Immer wieder hat Sono Motors Crowdinvesting-Kampagnen ausgerufen, um das Solarauto zu retten. Im Februar scheiterte die letzte Kampagne und Sono Motors stellte die Entwicklung endgültig ein. Dafür macht das Unternehmen vor allem die schlechten Bedingungen auf dem Kapitalmarkt verantwortlich.
Sono Motors hat den Traum vom Solarauto vorerst begraben. Stattdessen konzentriert man sich nun ausschließlich auf das Solargeschäft für B2B-Kunden. Speziell auf Busse und Autos von anderen Herstellern konzentriert sich das Jungunternehmen aus München. Zu den aktuellen Angeboten gehört beispielsweise das “Solar Bus Kit“, eine Nachrüstlösung für Busse.
Lightyear: Die Enttäuschung des großen Pioniers
Ein weiteres, wohl noch größeres Fiasko in der Solarauto-Szene war der Flop des niederländischen Pioniers Lightyear. Um das niederländische Unternehmen gab es ebenfalls einen starken Hype. Dessen Modell „Lightyear 0“ war das erste marktfähige Solarauto überhaupt. Dieser versprach dank integrierter Solarzellen bis zu 1.000 Kilometer Reichweite. Er kostete 250.000 Euro. Doch die Produktion wurde nach zwei Monaten eingestellt. Das zweite Auto sollte der Lightyear 2 werden. Nur 30.000 Euro sollte er kosten und bis 2025 auf den Markt kommen.
Im Jänner 2023 meldete Lightyear allerdings plötzlich Konkurs an. Vor allem die hohen Kosten von Solarautos und der noch nicht weit genug entwickelten Solarzellen hatten viele abgeschreckt. Allerdings konnte die Firma neue Investoren finden, im April glaubte man noch daran, den Lightyear 2 zu bauen. Laut dem Unternehmen werden jetzt noch Gespräche mit anderen Investoren geführt, um das Auto vielleicht doch zu produzieren. Doch wie sich am Beispiel von Sono Motors bereits gezeigt hat, ist es sehr schwierig, Solarautos kommerziell erfolgreich zu machen. Zu hoch sind die Kosten bei der Entwicklung, zu hoch die Preise für die Autos.
Der Wettbewerb der Solarautos
Doch es gibt auch noch Hoffnung für Solarautos. Vor allem im Bereich der Forschung gibt es noch jene, die weiter an diesem Traum festhalten. Was solche Sonnenfahrzeuge alles können, zeigte sich besonders im Oktober bei der World Solar Challenge in Australien. Dabei handelt es sich um ein alle zwei Jahre stattfindendes Wettrennen, das speziell auf Solarautos ausgerichtet ist. Insgesamt 28 Teams mussten hierbei allein mit Sonnenkraft die 3.000 Kilometer lange Strecke von Darwin quer durch das australische Outback nach Adelaide zurücklegen.
Das belgische Team Innoptus mit seinem Solarmobil „Infinite“ konnte dabei den Sieg erringen. Der Infinite erreichte die Ziellinie bei der World Solar Challenge in 34 Stunden, 4 Minuten und 41 Sekunden. Das gleiche Team gewann bereits beim letzten Rennen im Jahr 2019 (2021 fand das Event wegen Corona nicht statt), konnte jedoch beim aktuellen Rennen seine Zeit um satte 48 Minuten verbessern. Platz Zwei und Drei gingen an Teams aus den Niederlanden. Insgesamt zwölf von 28 Teams schafften die gesamte Strecke.
aCentauri: Die Schweizer und das große Rennen
Auch der DACH-Raum war bei der World Solar Challenge vertreten. Zu den diesjährigen Teilnehmenden gehört aCentauri aus der Schweiz, gegründet von Studierenden an der ETH Zürich. aCentauri hat ein eigenes Solarmobil entwickelt, das im Oktober in Australien bei der World Solar Challenge teilnahm.
Allein mit Sonnenkraft mussten die Teilnehmer:innen bei diesem alle zwei Jahre stattfindenden Rennen die 3.000 Kilometer lange Strecke von Darwin quer durch das australische Outback bis Adelaide zurücklegen. Am Ende erreichte aCentauri immerhin den 12. Platz.
Der Anwärter aus Deutschland
Doch bei aCentauri handelte es sich nicht um das einzige Team aus dem DACH-Raum, das sich an der World Solar Challenge beteiligt. Ein weiterer Teilnehmer stammte aus Deutschland. Das Team Sonnenwagen Aachen, eine Ausgründung der RWTH Aachen und der FH Aachen, war ebenfalls am Start.
Sein Solarauto, der Covestro Adelie, wartet mit einem besonderen Design auf: Er ist dem Adeliepinguin nachempfunden, einem der aerodynamischsten Tiere der Welt. Somit soll das Fahrzeug besonders energieeffizient und leistungsfähig sein. Leider konnte das Team das Rennen, genauso wie 15 andere Teilnehmende, nicht komplett abschließen, landete aber dennoch auf Platz 13 in der Rangliste.
1.000 Kilometer ohne Ladestopp
Auch an neuen, beeindruckenden Meilensteinen mangelt es der Solarauto-Szene nicht. Das Solar-Team Eindhoven der gleichnamigen Technischen Universität aus den Niederlanden hat es mit seinem Solarauto im Oktober geschafft, in der Sahara ohne Ladestopp 1.000 Kilometer zu fahren.
Ein durch Student:innen der Universität Eindhoven konzipiertes Auto, das vollständig durch Solarzellen angetrieben wird, ist quer durch Marokko bis in die Sahara gefahren. An sonnigen Tagen hat es dabei die Reichweiten von über 1.000 Kilometern erreicht. Es ist wohl der erste solarbetriebene Geländewagen der Welt, den das Eindhovener Team jüngst in die Wüste schickte. Um die komplizierten Offroad-Bedingungen meistern zu können, hatten die Student:innen ein im EV-Segment bislang einzigartiges Design entworfen. Dabei ist ein Fahrzeug entstanden, das lediglich 1.200 Kilogramm schwer ist. Das Team nennt das Auto „Stella Terra“.
Vornehmlich durch den Verzicht auf einen großen Akku konnte das Team dieses Gewicht erreichen. Zum Einsatz kommen stattdessen hocheffiziente Solarzellen, die das Fahrzeug während der Fahrt laden. So fuhr der Stella Terra von der Nordküste Marokkos bis in die Wüste Sahara, ohne auch nur einmal an einer Ladestation zu halten. Dabei überraschte die Effizienz der Solarzellen sogar seine Erbauer:innen.