Solarenergie muss in Österreich am stärksten wachsen, um Energiewende zu schaffen
Kannst du dir 21.000 Fußballfelder nebeneinander vorstellen? Eher schwer, oder? Machen wir es etwas leichter: Hast du Wien schon einmal von oben gesehen, etwa beim Anflug auf den Flughafen Schwechat? Dann hast du eine ungefähre Vorstellung von der benötigten Fläche, die Österreich braucht, um 2030 genügend Solaranlagen für die Erreichung Klimaziele zu haben. Denn um die zusätzlich benötigte Sonnenenergie zu schaffen, braucht man zwischen 120 und 150 Quadratkilometer Fläche. Das ist etwa ein Drittel von Wien.
Die „Mission 2030„, die 2018 beschlossen wurde und das Ende des fossilen Zeitalters einleiten soll, verlangt, dass Österreich in weniger als elf Jahren so weit sein soll, dass das Land ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen (also Sonne, Wasser, Wind) bezieht. Derzeit liegt der Anteil bei rund 70 Prozent. Bis 2030 müssen also nicht nur die Terrawattstunden, die heute noch etwa aus Atom- oder Kohlekraftwerken stammen, ersetzt werden, sondern auch noch der in zehn Jahren höhere Strombedarf (z.B. durch Elektroautos) gedeckt werden.
Zusätzliche 13 TWh Solarstrom bis 2030
„Um die Ziele der Mission 2030 zu schaffen, müssen zusätzliche 14 Terrawattstunden an Solarenergie aufgebaut werden, und das ist eine ganze Menge”, sagt Martin Wagner, Geschäftsführer der Verbund Solutions. Verbund ist eines jener Unternehmen, das im großen Stil Photovoltaik-Anlagen in Österreich aufbaut. Für die OMV wird im Weinviertel bis 2020 die größte Solaranlage Österreichs mit 60.000 Photovoltaik-Modulen auf einer Fläche von rund 200.000 Quadratmetern aufgebaut (Trending Topics berichtete).
Solche Projekte wird es viele mehr brauchen, um in etwas mehr als zehn Jahren die von der Mission 2030 vorgegebenen elf bis 13 TWh (oder auch mehr) Solarenergie in Österreich zu produzieren (2016 waren es erst 1,1 TWh). „Wind und vor allem Photovoltaik zeigen dabei das größte Potenzial, da Hydro schon gut ausgebaut ist in Österreich“, sagt Wagner. Denn Wind weht nicht überall günstig, und Wasserkraftwerke kann man nicht viele mehr bauen.
Incentive-Systeme für die Bevölkerung
Für Unternehmen, die große Flächen für die Errichtung zur Verfügung haben, ist das bereits interessant. “Derzeit können wir in der Industrie schon Photovoltaikanlagen bauen, die sich sofort rechnen. Wir erheben bei unseren Industriekunden derzeit, wer sich für eine PV-Anlage eignet”, sagt Wagner. Doch um wirklich die breite Masse von der Energiequelle zu überzeugen, braucht es weitere Anreize. “Ohne Incentive-Systeme werden wir es kaum schaffen, weil die reine Einspeisung ins Stromnetz zu den derzeitigen Strompreisen noch nicht rentabel ist”, so Wagner.
Schon morgen, am 25. September, soll im Nationalrat das das Ökostrom-Paket mit den Stimmen aller fünf Parlamentsparteien beschlossen werden und verspricht Folgendes: Ab dem nächsten Jahr soll bis 2022 jährlich ein Förderbudget von 36 Millionen Euro für den Ausbau der Photovoltaik und Stromspeicherung zur Verfügung gestellt werden. „Es liegt aber noch ein sehr langer und intensiver Weg vor uns, um in den nächsten zehn Jahren vollständig erneuerbaren Strom zu garantieren. Dazu muss das Ausbautempo noch deutlich erhöht werden“, heißt es seitens Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverband Photovoltaic Austria.
Ökostrompaket nur ein erster Schritt
Das Ökostrompaket, das kurz vor der Wahl beschlossen werden soll und Rahmenbedingungen für die nächsten drei Jahre schafft, ist aber nur als Zwischenschritt für ein neues, großes Gesetzespaket zu verstehen. Denn das geplante Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) liegt seit dem Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung auf Eis. Wichtig dabei ist, dass die Bevölkerung mit Anreizsystemen belohnt wird, um auf Solaranlagen zu setzen. „Was es neben der Einigung braucht, sind langfristige Rahmenbedingungen und die Unterstützung der Bevölkerung für Infrastrukturprojekte“, sagt etwa Leonhard Schitter, Präsident von Oesterreichs Energie.
„Das muss eine Massenbewegung werden. Es wird nur gemeinsam mit kleinen und großen Projekten gehen“, sagte etwa auch Christoph Zinganell, Geschäftsführer von Collective Energy, im Interview mit Trending Topics. Seine Firma hilft KMU bei der Finanzierung von PV-Anlagen (Trending Topics berichtete).
Um die Energiewende bis 2030 zu schaffen, müsste Berechnungen zufolge alle paar Minuten eine neue Solaranlage ans Netz. Derzeit werden in Österreich allerdings nur 10.000 bis 12.000 neue Photovoltaik-Anlagen pro Jahr errichtet. Dafür gilt es auch, die geeigneten Flächen zu finden. „Es geht nicht darum, Ackerflächen mit Solaranlagen zu überdecken, sondern vielmehr bestehende und alte Industriestandorte oder Deponieflächen zu finden, die sich eignen. Die Freiflächenanlage, die wir mit der OMV bauen, entsteht auf dem Standort einer Gasförderungsstätte“, sagt etwa Wagner von Verbund Solutions.