Ganz ohne Strom

SolCold: Startup entwickelte Beschichtung, die durch Sonnenlicht kühlt

SolCold soll zunächst als Beschichtung von Autos eingesetzt werden. © Pixabay.com
SolCold soll zunächst als Beschichtung von Autos eingesetzt werden. © Pixabay.com
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Dieser Tage lässt eine Hitzewelle die Temperaturen in Indien und Pakistan auf fast 50 Grad Celsius ansteigen, Oberflächentemperaturen überschritten teilweise sogar die 60-Grad-Marke. In manchen Regionen werden bereits seit zwei Monaten Maximaltemperaturen von über 40 Grad gemessen. Dabei wird es immer mehr zur Herausforderung, Gebäude und Fahrzeuge kühl zu halten, denn herkömmliche Kühlgeräte fressen Unmengen an Strom. Genau diesem Problem will Startup SolCold entgegenwirken.

Das israelische Unternehmen entwickelte 2016 eine nachhaltige, selbstkühlende Beschichtung. Diese nutzt die Sonneneinstrahlung, um die Innentemperatur ohne Stromverbrauch kühl zu halten. Dabei reflektiert die Beschichtung das meiste Sonnenlicht und lässt nur einzelne Photonen durch. Im Material wird dabei eine physikalische Reaktion ausgelöst, die das Unternehmen Anti-Stokes-Fluoreszenz nennt. Damit ließe sich laut Angaben des Unternehmens eine Temperaturreduktion um bis zu 15 Grad Celsius erreichen.

SolCold macht sich physikalischen Effekt zu Nutzen

Der Technik zugrunde liegt die 1852 entdeckte Stokes-Verschiebung. Diese besagt, dass die Wellenlänge von fluoreszierenden Stoffen stets länger ist, als die Wellenlänge des Lichts, mit dem es angestrahlt wurde. Beim Anti-Stokes-Effekt ist es dabei umgekehrt – die vom Material abgegebene Strahlung hat eine kürzere Wellenlänge. Dabei wird Energie abgegeben, die der Wärmeenergie des Innenraumes entzogen wird. Bei einer ersten Demonstration mit zwei Autos, wovon man ein Auto mit SolCold bearbeitet hatte, lag der Temperaturunterschied bei 12 bis 14 Grad, so das Startup.

Der Clou dabei: Je stärker die Sonneneinstrahlung ist, desto stärker soll auch der kühlende Effekt der SolCold-Beschichtung sein. Ende April 2022 gab SolCold nun eine Kooperation mit dem Autohersteller Volkswagen bekannt, um die Kühltechnologie bis zur Marktreife weiterzuentwickeln. SolColds Produkt soll dabei als „in den kommenden Jahren als Flaggschifftechnologie bei neuen Autos eingesetzt werden“, wie SolCold-CEO Yaron Shenhav Ende April 2022 gegenüber der Times of Israel bekannt gab. Besonders E-Autos würden von der Technologie profitieren, weil weniger Energie für die Kühlung des Autos eingesetzt werden müsste.

Kühlende Beschichtung auf für Gebäude

Laut SolCold kann ihre Technologie nicht nur für Autos, sondern auch für andere Fahrzeuge oder auch Gebäude eingesetzt werden. Sogar für Textilien sei die Beschichtung geeignet. SolCold arbeitet laut Shenav auch an einer kühlenden Häuserfarbe, die 2024 fertiggestellt werden soll. Das Problem seien allerdings noch die Kosten. „Es ist immer noch sehr teuer mit 80-120 Dollar (76-114 Euro) pro Quadratmeter“, so Shenav in der Times of Israel. Man arbeite aber bereits daran, die Kosten herunterzubringen.

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Solcold ist auch in Österreich kein unbekanntes Unternehmen. Das Startup schaffte es im Jahr 2019 bei der Startup-Challence des Pioneer Festival in der Wiener Hofburg ins Finale, musste sich allerdings im Vergleich zu ihren Landsmännern und -frauen von Storyball geschlagen geben (wir berichteten). 2021 gab das Unternehmen eine Kooperation mit der israelischen Stadt Rishon LeZion bekannt. Dort wird die neue Technologie an Gebäuden ausprobiert. „Wir starten mit einem Gebäude und hoffen, dass wir es irgendwann auf die ganze Statt ausweiten können“, sagte eine Sprecherin der Stadt gegenüber israelischen Medien. „Sobald es in Städten wie Tel Aviv in großem Umfang erfolgt, könnten die Auswirkungen auf die Umwelt immens sein“, ist sich Shenav sicher. „Wir sprechen von einer massiven Reduzierung der CO2-Emissionen, von Autos und Kraftwerken und so weiter.“

Albedo-Effekt und Begrünung birgt enormes Potential

Bis dahin können Städte und Gebäude jedoch auch eine günstigere Methode nutzen, um kühl zu bleiben. Weiße Anstriche erhöhen nämlich den sogenannten Albedo-Effekt von Oberflächen – die dadurch mehr Sonnenstrahlen reflektieren. Laut einer Berechnung der ZAMG aus dem Jahr 2015 könnte man in Wien durch die Dachbegrünung aller geeigneten Flächen und das Bedecken aller restlichen Dächer mit einem Material, das 70 Prozent der Sonnenstrahlung reflektiert, die Zahl der Tage über 30 Grad Celsius um bis zu 29 Prozent reduzieren. Begrünte Dächer haben zwar eine relativ geringe Albedo, wirken aber trotzdem kühlend. Denn die Feuchtigkeit der Pflanzen entzieht der Umgebung beim Verdunsten Wärme.

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Beide Methoden haben das Potential, bereits jetzt und in Zukunft Gebäude und Fahrzeuge effizient zu kühlen. Das macht unser Leben angenehmer, spart Energie und dadurch auch CO2. Da durch die Klimakrise extreme Hitzewellen immer häufiger werden dürften, könnte der Ansatz in Zukunft eine breite Anwendung finden. Nötig wäre es.

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