Solid State-Akku: Warum der „Heilige Gral“ der E-Mobilität noch auf sich warten lässt
Gestern verkündete Toyota einen Durchbruch bei den Solid State-Akkus (SSD) (wir haben berichtet). Ein neues Herstellungsverfahren verspricht starke Akkus von halber Größe und halben Kosten als bei herkömmlichen, heute gebräuchlichen Batterien. Der Hype ist entsprechend groß – aber was ist dran an der neuen Wunderbatterie? Und wann fahren unsere Autos tatsächlich 1.500 Kilometer mit einer Akkuladung?
„Zwischen Hoffung und Hype“ titelte bereits die Financial Times über die Solid State Batterien von Toyota. Die sogenannte „Festkörperbatterietechnologie“ habe grundsätzlich das Potenzial, die bekannten Schwächen der aktuellen Batterien (Lithium-Ionen) auszumerzen. Die Batterien können viel mehr Energie speichern, wodurch sie kleiner werden, ohne die Reichweite zu beeinträchtigen. Und sie können sehr schnell aufgeladen werden, ohne heiß zu werden, was sie wesentlich sicherer macht. Alleine Toyota will darum bis zum Ende des Jahrzehnts mehr als 35 Milliarden Dollar in Elektroautos investieren, etwa die Hälfte davon in die Forschung und Entwicklung von Batterien.
Was ist ein Solid State-Akku?
Solid State-Akkus bezeichnen eine Bauweise, bei der beide Elektroden, also Anode und Kathode, aus festem Material bestehen. Sie gelten schon seit Längerem als der Heilige Gral der Batteriewelt, weil sie eine höhere Energiedichte bei gleichzeitig eine sehr lange Lebensdauer sowie hohe Sicherheit (z.B. bei Temperaturschwankungen) versprechen. Bei den Solid States werden die flüssigen Elektrolyten mit einem festen Elektrolyt ersetzt, dazu wird Lithium-Metall an der Anode anstelle von Graphit verwendet, wie es derzeit Standard bei Lithium-Ionen-Batterien ist.
Toyota geht davon aus, dass sein mit Solid State-Batterien betriebenes Elektrofahrzeug eine Reichweite von 1.200 km haben wird – mehr als das Doppelte der Reichweite seines derzeitigen Elektrofahrzeugs – und eine Ladezeit von 10 Minuten oder weniger. Laut Keiji Kaita, der das Forschungszentrum von Toyota leitet, wäre die Halbierung von Größe, Kosten und Gewicht von Batterien möglich. „Sowohl bei unseren Flüssig- als auch bei unseren Festkörperbatterien streben wir eine drastische Änderung der Situation an, die die derzeitigen Batterien zu groß, zu schwer und zu teuer macht“, so Kaita. „Was das Potenzial anbelangt, werden wir versuchen, all diese Faktoren zu halbieren.“ Klingt gut?
Noch im Anfangsstadium
Kann es auch werden, allerdings steckt die Technologie bei allem Hype noch in den Kinderschuhen. Toyota geht davon aus, dass es die Technologie bis 2027 in ein Fahrzeug umsetzen kann. Eine kommerzialisierte Version der neuen Akkus soll frühestens 2025 in Hybrid-Autos und dann 2027 in reine E-Autos verbaut werden. Allerdings: Viele angekündigte Akku-Revolutionen verliefen in den letzten Jahren im Sand und so manche Expert:innen zweifeln auch darum am anvisierten Zeitplan. Probleme dürfte es noch einige geben: Die größte Herausforderung für die Entwickler:innen von Festkörperbatterien besteht darin, einen festen Kontakt zwischen den Elektroden – in denen die Lithium-Ionen gespeichert sind – und den Elektrolyten herzustellen, die die Bewegung zwischen den Elektroden erleichtern, erklärt die FT. Festkörperbatterien müssten zudem bei einem bestimmten Druck arbeiten, „um optimal zu funktionieren“, was für die Hersteller immer noch eine technologische Herausforderung darstellt.
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Teure Herstellung von Solid State-Akkus
Dazu kommt die preisliche Komponente: Die Herstellung von Solid State-Akkus ist immer noch wesentlich teurer als herkömmliche Batteriesysteme. Die entstehenden Kosten hängen nicht nur von den Rohstoffen ab, sondern auch „von den Investitionen in Herstellungsverfahren und Werkzeuge“, wie das PV Magazine schreibt. Bis zu einem gewissen Grad wäre es allerdings möglich, die Ausrüstung bestehender Lithium-Ionen-Fabriken für die Herstellung von SSBs zu nutzen – was allerdings auch in die Milliarden gehen dürfte.
Die gute Nachricht: Der Wettbewerb wird immer größer. Toyota selbst verspricht sich einen gewissen technologischen Vorsprung, fährt aber ohnehin zweigleisig: Der Autobauer setzt nicht nur auf Festkörperbatterien, auch bei Flüssig-Lithium-Ionen-Batterien seien „weitere Durchbrüche“ zu erwarten.
Vom Hype zum Hoffnungsträger?
Aber apropos Wettbewerb: Mehr und mehr Autobauer setzen auf die Entwicklung von Festkörperzellen, BMW etwa will noch in diesem Jahr starten. Nissan hat bereits eine Prototyp-Batterieanlage in Japan vorgestellt, ein erstes Fahrzeug mit dieser Technologie soll 2028 folgen. Startups wie QuantumScape (wir berichteten), das etwa von Volkswagen unterstützt wird, haben ebenfalls Festkörperbatterietechnologie entwickelt.
Neben den Autoherstellern forscht etwa auch Dyson, bekannt für Staubsauger und Luftreiniger, an Solid State-Batterien. Auch Samsung, SKI und LG wollen noch vor 2030 erste SSB auf den Markt bringen. Gut möglich, dass dann aus dem Hype tatsächlich ein Hoffnungsträger für die E-Mobilität (und alle anderen Bereiche, die starke Akkus brauchen) wird.
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