Speedinvest: 84 Prozent der Investor:innen halten Europas Unicorns für überbewertet
Speedinvest hat heute die Ergebnisse der bisher größten Umfrage unter europäischen Investor:innen (VCs) zum Status Quo der Industrie veröffentlicht. Der Venture Capital Fonds erfasst zusammen mit der Technischen Universität München in seiner Umfrage die Sichtweisen von 437 Einzelinvestor:innen in ganz Europa und gibt damit Aufschluss über die Herangehensweise europäischer Wagniskapitalgeber an Startup-Investitionen – und ihre Einschätzung zum Ökosystem in Europa im Vergleich zum US-amerikanischen Pendant im aktuell herausfordernden Markt. Ein Ergebnis der Umfrage ist dabei ernüchternd: 84 Prozent der Investor:innen glauben, dass Europas Unicorns überbewertet sind.
Managementteam für Investment ausschlaggebend
Bemerkenswert sind aber auch die Erkenntnisse, die Speedinvest in Bezug auf das Vorgehen von Geldgeber:innen gewonnen hat. Hier zeigten sich eindeutige Prioritäten, die Jungfirmen beachten müssen, wenn sie für Finanzierungen in Frage kommen wollen. Für 49 Prozent der befragten VCs ist zum Beispiel das Managementteam eines Startups der wichtigste Faktor für eine Investitionsentscheidung. 42 Prozent der VCs folgen bei ihrem ersten Treffen mit einem Managementteam ihrem Bauchgefühl, ob sie investieren sollen oder nicht. Das unterstreicht: Der erste Eindruck zählt.
Die Investor:innen nennen außerdem drei ausschlaggebende Faktoren auf die Bewertung von Startups. Erstens den voraussichtlichen Exit aus dem Unternehmen (31%), zweitens den gewünschten Eigentumsanteil (30%) und drittens die Bewertung vergleichbarer Investitionen (30%). Mehr als 65 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Bewertungen auf der Grundlage ihres gewünschten Eigentumsanteils festgelegt hätten.
Finanzminister Brunner zum Startup-Paket: „Irgendwo muss es eine Grenze geben“
Europa ist stark fragmentiertes Ökosystem
Speedinvest analysierte darüber hinaus auch die Sichtweise der Wagniskapitalgeber auf das gesamte Ökosystem. Im Vergleich zu den USA gaben 70 Prozent an, dass die größte Stärke Europas in seinem Bildungssystem und seinen akademischen Einrichtungen liegt. Talent (65%) und technisches Know-how (61%) gelten ebenfalls als mit die größten Stärken Europas. Aufholbedarf gegenüber den USA gibt es in den Bereichen Kapitalmärkte und Exit-Bedingungen (75%), Reife des Ökosystems (62%), Private Limited Partner-Gelder (59%) und regulatorisches Umfeld (51%).
Die Umfrage zeigt auch, dass eine beträchtliche Mehrheit (87%) der Risikokapitalgeber:innen der Meinung ist, dass Europa ein stark fragmentiertes Ökosystem sei, das sich auf regionale Zentren stütze. Das erschwere das Manövrieren von Investitionen. Die Mehrheit der Investor:innen nennt kulturelle Unterschiede (70%), den Reifegrad der lokalen Ökosysteme (68%) und das regulatorische Umfeld (65%) als Hauptgründe für diese Fragmentierung und aktuelle Herausforderung.
Gründungsfonds geht mit Fokus auf GreenTech in die Investment-Phase
Speedinvest sieht enormes Potenzial in Europas Startup-Szene
Trotzdem: Die Komplexität der europäischen Märkte scheint für internationale Geldgeber:innen kein Hindernis darzustellen. Immerhin 76 Prozent der VCs berichten, dass trotz des volatilen Marktumfelds ein Zustrom von US-Investor:innen nach Europa zu verzeichnen sei. Dies deutet auf einen ständig wachsenden Appetit auf Investitionen auf dem europäischen Kontinent hin.
„Trotz des noch relativ jungen Ökosystems bietet Europa ein enormes Potenzial. Der Kontinent lockt mit neuen Investitionsmöglichkeiten, leidenschaftlichen Gründern und Zugang zu talentierten Fachkräften von renommierten technischen Universitäten. Die Nähe zu kostengünstigen Ingenieuren ist ebenfalls ein großer Vorteil. Europa verspricht Marktführerschaft, hohe Lebensqualität und attraktive Investitionsmöglichkeiten für US-amerikanische und internationale Investoren. Trotz Herausforderungen wie Fragmentierung, begrenzter Finanzierung und Unterschieden im Talentpool, das Potenzial ist unbestreitbar,“ sagt Andreas Schwarzenbrunner, Partner bei Speedinvest, der das Forschungsprojekt leitete.