Interview

Warum rechnest du mit einer neuen Marketplace-Welle, Mathias Ockenfels?

Mathias Ockenfels ist Fonds-Manager bei Speedinvest x © Speedinvest
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Speedinvest x – das war der erste einer Reihe von Fokus-Fonds, die der Wiener VC auf den Markt gebracht hat. Seit 2018 widmet sich Mathias Ockenfels mit seinem Team dabei Investments dezidiert in Marketplace-Startups zu stecken. Wie heute morgen bereits angekündigt, geht Speedinvest x nun Ende 2020 in die zweite Runde. 33 Millionen, später vielleicht sogar noch mehr, stehen nun bereit, um 100.000 bis eine Million Euro in Startups in den Phasen Pre-seed, Seed and Series A zu investieren.

Im Interview mit Trending Topics erklärt Ockenfels, woher das frische Geld kommt, warum gerade Medienunternehmen so interessiert an Online-Marktplätzen sind, dass Live- und Social-Shopping sowie Greentech wichtiger wird und warum Julian Blessin von Tier Mobility zu Speedinvest wechselt.

Trending Topics: Speedinvest x geht in die zweite Runde. Welche Ziele habt ihr euch gesetzt?

Mathias Ockenfels: Wir möchten unsere erfolgreiche Arbeit und den begonnenen Weg fortsetzen. Das bedeutet in erster Linie, dass wir weiter hart daran arbeiten, der Wahl-Partner für Marketplace-Gründer in Europa zu sein, was die Preseed- und Seed-Phase betrifft.

Wie viele Investments sollen es werden, und wie viele davon werden in Österreich voraussichtlich gemacht werden?

Wir planen mit einer ähnlichen Zahl wie beim ersten Fonds, d.h. 25 bis 30 Portfolio-Unternehmen für Fund 2. Dieses Portfolio werden wir in den nächsten 3 bis 4 Jahren aufbauen. Wir haben keine festen Ziele hinsichtlich der Investmentanzahl für einzelne Länder, sondern investieren dort, wo wir die besten Gründern finden können – Österreich wird sicherlich auch wieder dabei sein!

In welchen Branchen in Europa sind künftig spannende Online-Marktplätze zu finden?

Wir sehen weiterhin großes Potential im B2B-Bereich und haben dort ja auch mit dem ersten Fonds bereits spannende Investment getätigt – wie zuletzt u.a. in Schüttflix. Außerdem schauen wir uns derzeit Themen im Bereich Live- und Social-Shopping, Creator- und Passion Economy sowie GreenTech an. Generell sind wir aber immer offen für neue Themen. Wichtig ist in erster Linie, dass das Potential für starke Netzwerkeffekte besteht und die Gründer in Plattform- bzw. Marktplatz-Logik denken.

Wie sieht die vorläufige Bilanz von Speedinvest x nach knapp drei Jahren aus? Was hat funktioniert, was wird man künftig ändern?

Wir ändern nicht viel. Wir bleiben unserem Prinzip treu, setzen den bereits begonnenen Weg fort und bleiben unserer Strategie treu. Das Ganze natürlich eingebettet in das Speedinvest-Ökosystem, dadurch profitieren wir und vor allem unsere Gründer von

  1. unserer paneuropäischen  Strategie, d.h. unseres Offices in allen wichtigen Tech Hubs in Europa und den USA
  2. unsere kostenlosen, operativen Support-Funktionen, also unserer „Plattform+“ rund um Themen wie Growth Hacking/Marketing, Business Development/Sales oder auch Recruiting/HR
  3. Unserer Expertise, d.h. Fokus-Strategie mit Teams, die sich Themenspezifisch spezialisiert haben

Russmedia und Styria sind die beiden großen Investoren des neuen Fonds – wer ist noch dabei?

Wir haben Status Quo insgesamt knapp zwei Dutzend Investoren im Fonds, darunter viele, die bereits beim ersten Fonds mit dabei waren. Außerdem freue ich persönlich mich darüber, dass wir Jörg Gerbig, Co-Founder von Lieferando und COO der TakeAway Group nicht nur als Investor, sondern auch als Mitglied unseres Advisory Boards dazu gewinnen konnten. Ich hatte das Glück, quasi von Anfang an in Jörgs erstes Startup, Lieferando, investieren zu dürfen und freue mich, wenn sich so der Kreis schließt.

Darüber hinaus haben wir einige weitere „Marketplace Veteranen“ mit an Board wie Klaus Hofbauer von Karriere.at, die uns und unseren Portfoliounternehmen mit Rat und Tat zur Seite stehen, wofür wir sehr dankbar sind.

Auffällig ist, dass bei Online-Marktplätzen sehr oft Medienhäuser mitmachen wollen – nicht nur bei Speedinvest x, auch bei Schibsted sieht man das. Warum ist das so?

Ich denke, Medienunternehmen haben die Macht und Kraft von Marktplatzmodellen früh erkannt und am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn diese das eigene, bestehende Geschäftsmodell angreifen. Viele haben dann als Antwort sehr erfolgreiche Plattformen aufgebaut, sind nun „Incumbents“ und wollen sich gegen die nächste „Marktplatz-Welle“ wappnen. Wir sind daher quasi ihre Zukunftsversicherung. Wiederum andere sind aber auch einfach finanziell getrieben und sehen das überaus profitable und lukrative Element von Marktplatz-Modellen und einen Fonds, der sich darauf spezialisiert.

Warum rechnest du mit einer neuen Marktplatz-Welle? Welche Faktoren gibt es dafür?

e-Commerce in Zeiten von Corona hat sich gewaltig entwickelt. Das Gleiche passiert auch auf der B2B-Seite. Das wird zwar nicht immer auf dem Level bleiben, wenn wieder mehr Normalität einkehrt, aber es wird auf einem höheren Level bleiben als vor der Krise.

Warum gerade Marketplaces? Sie sind deutlich resilienter als herkömmliche Geschäftsmodelle. Nimm etwa Airbnb. Ihnen gehören die Assets, also die Zimmer nicht, und sie können die Ausschläge nach unten besser abfedern. Es geht nach unten, aber es kann sehr schnell wieder nach oben gehen. Oder myClubs. Es ist sicher keine gute Situation, aber sie können viel agiler reagieren als ein Fitnessstudio.

Marktplätze, so heißt es, sind im „Winner takes it all“-Business. Wenn man nun auf sie setzt – kommt man da nicht notgedrungen dem Thema Wettbewerbsrecht in die Quere? Gerade die EU beginnt sich ja derzeit sehr vehement gegen Monopolisten wie Amazon und Apple zu wehren, die ihre eigenen Marktplätze zu ihren eigenen Gunsten ausnutzen sollen.

Das ist absolut richtig und eine Herausforderung, der sich bestehende Plattformen stellen müssen. Ich möchte an dieser Stelle aber vor allem den positiven Aspekt von Marktplätzen und Plattformen, insbesondere in einer Situation wie der aktuellen Pandemie, hervorheben. Ich denke, hier überwiegen eindeutig die Vorteile und es muss eine Balance geben. Neue Regulierung bedeutet aber auch neue Chance für neue Player und Herangehensweisen, daher begreifen wir dies eher als Chance.

In der Presseaussendung hast du geschrieben, dass der neue Fonds in einem „schwierigen Umfeld“ geraised wurde. Die Corona-Krise gilt doch als Digitalisierungs-Beschleuniger, hat sie den Prozess nicht eigentlich erleichtert?

Absolut, und genau so sehen wir das auch bei den meisten Portfolio-Unternehmen. Allerdings war es vor allem zu Beginn der Pandemie schwierig, Gespräche mit potentiellen neuen Fondsinvestoren zu beginnen. Inzwischen haben viele verstanden, dass die aktuelle Situation eine Chance darstellt, dies war aber nicht von Anfang an so.

Mit Julian Blessin wechselt einer der spannendsten deutschen Gründer der letzten Jahre von Tier Mobility zu Speedinvest. Für Speedinvest ist das sicher ein Gewinn. Schwächt man aber damit nicht gleichzeitig das derzeit wertvollste Portfolio-Unternehmen?

Julian ist Tier natürlich weiterhin eng verbunden. Wie ihr auch dem Zitat von Lawrence, seinem Co-Founder und CEO von Tier, entnehmen könnt, ist der Wechsel einvernehmlich erfolgt. Wir würden niemals einen Gründer von unserem Portfolio abwerben. Julians Stärken liegen im Aufbau und Anschieben von neuen Ideen und Startups, wenn die Teams noch klein sind.

Tier hat eine unglaublich schnelle und eindrucksvolle Wachstumsgeschichte hinter sich, und ist sehr schnell in neue Sphären und Phasen vorgestoßen, die nicht mehr seinen persönlichen Stärken und Präferenzen entsprechen. Aufgrund unseres Frühphasen-Fokus passt er somit perfekt zu uns und wir sind sehr froh, ihn mit an Bord zu haben. Dies konnten wir auch bereits über die gemeinsame vorangegangene Zusammenarbeit als Venture Partner herausfinden und Julian hat somit einen leichten Start!

Disclaimer: Speedinvest und Russmedia sind Investoren von Trending Topics.

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